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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition)
Autoren: Atze Schröder
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verschlucken sich die Fische. Backbord neben uns sehen Sie das Drogenschulschiff Escobar …» – und so weiter und so fort. Der ganze Klamauk eben.
    Wieder legte eine Barkasse ab, und eine andere machte am Pier fest, um die nächste Ladung Fahrgäste an Bord zu nehmen. Mein Blick blieb an einem Schnösel im teuren Kaschmirmantel hängen, der bemüht darauf achtete, dass ihm das kleine Kind mit dem Schokoladeneis nicht den Mantel verschmierte. Der Kleine sah sogar ein bisschen aus wie Philipp. Ach du Scheiße! Das war Philipp. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und brüllte Birkel an: «Langer! Da isser! Da isser! Los, komm!»
    Er guckte mich an, als hätte ich jetzt endgültig den Verstand verloren. Ich riss den Tisch um und versuchte Birkel nach draußen zu ziehen – ein völlig aussichtsloses Unterfangen.
    «Atze, mal langsam, mach keinen Fehler. Ich muss erst austrinken und bezahlen.»
    «Verstehst du mich denn nicht. Da isser! Philipp! Da isser! Die gehen gerade an Bord. Los, hinterher, die machen ja schon die Leinen los!»
    Endlich kam Leben in den trägen Riesen. Er wischte sich schnell den Mund ab, warf einen Fuffziger auf die Theke und lief mit mir zum Anleger. Die Barkasse war schon dabei abzulegen. In letzter Sekunde konnten wir noch an Bord springen. Im hinteren Teil des Kahns fanden wir zwei Plätze bei der Getränkeausgabe.
    Ich duckte mich vorsichtshalber hinter Birkels breitem Rücken und schaute nach Philipp und seinem Erzeuger aus. Da! Vorne in der dritten Reihe saßen sie: Thorsten, Philipp – und Ute. Fast hätte ich sie nicht erkannt. Eingemummelt in ihre dicke Daunenjacke, war sie mit Mütze und Schal kaum zu erkennen. Das war also dieser tolle Thorsten, für den sie ein Spitzenwochenende im «Center Parc» Medebach sausenließ! Klar, mit so einem siffigen Kneipenkutter durchs Brackwasser einer gigantischen Industrieanlage mit rostenden Seecontainern zu schippern ist ja auch tausendmal interessanter! Statt auf einer 1-a-beheizten Superwasserrutsche vor Vergnügen zu jauchzen, musste das arme Kind bei Minustemperaturen die miesen Kalauer eines runtergekommenen Hafenkapitäns ertragen! Na bravo. Das war ja schon fast ein Fall für das Jugendamt. So wie es aussah, hatten die drei auch keinen Spaß. Hätte ich ihnen auch vorher sagen können. Ich kochte vor Wut. Birkel neben mir war dagegen hochzufrieden und lachte über jeden Witz von dem miesen Clown am Ruder.
    «Hömma, Atze, der Käpt’n haut ja auch echt gute Dinger raus. Die kannste dir mal für dein Programm merken. Echt geil. Ja, und die drei da vorne haben doch auch ganz gut Spaß, oder? Sieht nicht so aus, als wenn die irgendwas vermissten.»
    Ich hätte ihn umbringen können. Gerade als ich angemessen antworten wollte, sah ich, dass der ach so schicke Thorsten aufstand und in Richtung Getränkeausgabe stolzierte. Mediziner. Ja nee, is’ klar. Muss hier natürlich einen auf dicke Hose machen und mit der Kohle herumaasen, die er vorher armen Omas aus den Krampfadern gezogen hat.
    Hinter Birkels Rücken hörte ich, wie der feine Pinkel bestellte: «Zwei Glühwein und eine Fanta bitte.»
    Ja, sicher. War ja klar. Gestelzter konnte man sich ja wohl nicht ausdrücken. Und dann eine Fanta, also bitte! Für ein Kind!!! Geht’s noch? Das hätte ich mal wagen sollen, meinen kleinen Philipp mit so einer ungesunden Zuckerplörre zu vergiften. Aber wenn der Herr Doktor das verordnet, dann ist das natürlich ganz was anderes.
    Ob es Reflex war oder pure Absicht, weiß ich nicht mehr genau. Auf jeden Fall hielt ich meinen rechten Fuß ganz bewusst zwischen seine Beine, als er mit dem Tablett an uns vorbei wieder Richtung Bug marschierte. Klirr, klöng, rums …! Die Hälfte des heißen Glühweins landete auf meiner Hose. Ich schrie vor Schmerz laut auf, packte mir den gestrauchelten Quacksalber am Schlafittchen und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige: «Pass doch auf, du Idiot.»
    Bevor Thorsten zurückschlagen konnte, sprang Birkel zwischen uns und hielt uns mit seinen mächtigen Armen auf Distanz. Ein kleiner Tumult brach aus. Auf einmal drehte sich alles auf der Barkasse nur noch um unsere kleine Rangelei.
    Doktor Thorsten verlor jegliche Contenance und brüllte mich wütend an: «Sind Sie völlig verrückt geworden? Ich zeig Sie an, Sie Asi! Körperverletzung, das wird teuer!»
    Wir versuchten beide, uns laut keuchend aus Birkels Schraubstockgriff loszustrampeln, doch gegen dessen Urgewalt hatten wir keine Chance.
    Mitten in
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