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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition)
Autoren: Atze Schröder
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wäre nicht schlecht, wenn der Herr Doktor mich mal zwischendurch drannehmen könnte.»
    «Na, Herr Schröder, dann kommen Sie mal direkt mit in den Behandlungsraum Nummer drei. Herr Doktor Neumann kommt gleich zu Ihnen.»
    Drei Minuten später fuhrwerkte ein graumelierter Zahnarzt-Schönling gutgelaunt in meinem maroden Esszimmer herum: «Oh, oh, oh, Herr Schröder. Das wurde aber höchste Zeit. Die 7 rechts oben ist so verfallen, die wäre morgen sowieso von alleine rausgelaufen. Aber das haben wir in einer Stunde erledigt.»
    Ehe ich mich’s versah, jagte er mir mehrfach eine dicke Spritze ins Zahnfleisch und erzählte mir dabei begeistert ganze Teile aus meinem letzten Bühnenprogramm wieder. Eine echte Frohnatur! Ich litt derweil tausend Qualen. Auch weil es weh tat. Nachdem er gespritzt, gebohrt, gefüllt und versiegelt hatte, kam ich endlich zu Wort.
    «Kennen Sie eine Ute aus Essen?»
    Meine Stimme klang, als hätte ich eine riesige Kartoffel im Mund.
    «Ja sicher, das ist meine Tante in Kettwig. Ist aber schon zwanzig Jahre tot. Wieso fragen Sie?»
    «Keine Ahnung, Herr Doktor. Das muss die Betäubung sein.» Mit falschem Lachen haute ich ihm auf die Schulter, verabschiedete mich und zahlte bei der entzückenden Frau Tenhagen eine sündhaft hohe Summe für die medizinische Folterstunde. Nachdem ich Birkel von den Illustrierten im Wartezimmer losgeeist hatte, fuhren wir ohne Umwege zum nächsten Thorsten auf unserer Liste: Urologe in Wilhelmsburg.
    In den 70ern musste die Praxis mal modern gewesen sein. Jetzt war sie nur noch ein Albtraum in Braun-Grün. Die ältere Arzthelferin hinter dem Nussbaumtresen hielt mir wortlos einen verkratzten Plastikbecher hin und sagte: «Mittelstrahl, halbvoll reicht. Auf dem Teewagen abstellen. Wartezimmer ist rechts.»
    Zweieinhalb Stunden saß ich in einer Art Sterbezimmer, und nichts ging vorwärts. Mit mir sank das Durchschnittsalter in dem Raum auf geschätzte 82. Am späten Nachmittag, ich hatte mich gefühlt zum zweiten Mal rasiert, wurde ich von Dr. Thorsten Brönkemeier endlich in seinem Behandlungsmuseum empfangen. Schon beim Anblick des rüstigen Sechzigjährigen kamen mir leichte Zweifel, ob er wohl der richtige Thorsten war. Ich konnte ihn mir so gar nicht auf Ute vorstellen. Aber – der Typ war Urologe. Spezialist. Der kannte doch alle Tricks. Wahrscheinlich schmierte er sich schon morgens das Viagra fingerdick aufs Knäckebrot. Da stand ich also mit runtergelassener Hose vor ihm und musste schleunigst ein Problem erfinden. «Äh, äh … Herr Doktor, äh … wie soll ich Ihnen … es brennt immer so da unten, wenn ich an Helene Fischer denke.»
    Das hätte ich besser nicht gesagt. Sogleich sah ich seine Urologengriffel in einem morschen Gummihandschuh verschwinden. Er befahl mir in rüdem Tonfall: «Bücken!»
    Ich tat wie mir geheißen. Kopfüber durch meine Beine nach hinten schauend, fragte ich ihn: «Kennen Sie eine Ute aus Essen?»
    Die Antwort erfolgte nicht verbal. Ohne den Hauch eines Gleitmittels rührte der proktologische Folterknecht rabiat in meinem Klärwerk herum. Prompt stellten sich auch Schmerzen ein. Todesmutig versuchte ich mir erneut Gehör zu verschaffen: «Herr Brönkemeier, können wir bitte mal eine Pause machen? Ich muss mal husten!»
    Zwecklos. Stoisch zog der Grobian seine Hafenrundfahrt durch, und zwar inklusive Speicherstadt. Kurz vor meiner Ohnmacht tauchte seine Hand aus meinem Untergeschoss wieder auf. Gott sei Dank im Ganzen. «Kerngesund. Beste Urinwerte. Traum-Prostata», verkündete er.
    Durch den abklingenden Schmerz ermutigt, brüllte ich ihm in sein Hörgerät: «Kennen Sie eine Ute aus Essen?»
    Völlig verständnislos blickte mein Peiniger mich an.
    «Nein, natürlich nicht. Auf Wiedersehen, der Nächste bitte.»
    Wie auf rohen Eiern stakste ich zitternd an Birkels Arm ins Auto zurück.
    Auf unserer Liste stand nun noch Professor Dr. Dr. Thorsten Thomsen, Internist im Universitätskrankenhaus Eppendorf.
    Als wir auf dem Ärzteparkplatz des Krankenhauses aus Birkels Wagen stiegen, atmete ich tief durch. Besorgt schaute der Lange mich an: «Bist du dir sicher, dass du dir das auch noch geben willst?»
    «Kein Thema, Langer. Diesmal hab ich nur ’ne verspannte Schulter. Der verschreibt mir nur so ’ne Beckenbauer-Salbe, und dann sind wir wieder raus.»
    Birkel murmelte nüchtern: «Oh Mann, muss Liebe schön sein.» Überraschenderweise lief alles wie geplant, und als wir nach einer halben Stunde mit Rezept in der
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