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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition)
Autoren: Atze Schröder
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diesen Krieg nicht gewollt, aber nun war ich nur noch eine präzise Vernichtungsmaschine in einer roten, ausgeblichenen 76er Speedo-Badehose. Mit dem alten Jagdmesser zwischen den Zähnen robbte ich zur Heizung und schnitt meine Liebsten los. Ute weinte, schlang ihre Arme um mich und küsste mich liebevoll: «Er ist in der Küche, er will dich umbringen.»
    Ich legte ihr den Finger auf die Lippen und bedeutete ihr, still zu sein. Mit der anderen Hand tätschelte ich Philipp den Kopf. Zwischen uns reichte ein Blick. «Bring deine Mama nach draußen, hier sind die Schlüssel von meinem Porsche. Wenn ich in fünf Minuten nicht bei euch bin, verschwindet ihr einfach. Und nicht über 6000 Touren drehen, wenn der Motor noch kalt ist!»
    Der Kleine nickte und verschwand mit Ute im Treppenhaus. Ich warf meine Waffen durchs Fenster in den Garten und beschloss, den Bastard mit bloßen Händen zu töten, wie ich es Oma Maria versprochen hatte. Eine Kugel war noch viel zu gnädig für diesen miesen Motherfucker.
    Ich erwischte ihn in seinem Arbeitszimmer. Cool blieb ich im Türrahmen stehen und zischte völlig emotionslos: «Thorsten, du mieses, kleines, dummes Stück Scheiße, bist du nun zufrieden? War es das wert? Du konntest dich ja einfach nicht damit abfinden, nur sein Erzeuger zu sein. Du musstest ja plötzlich den Papa spielen. Aber der Kleine liebt nun mal mich, und sie tut es auch. Sie ist mein Baby, verstehst du?»
    Er verstand nicht.
    Er war nämlich schon tot. Als ich seinen Arbeitssessel drehte, fiel sein Oberkörper schlaff auf den Teppich. Er hatte vor Angst seine eigene Zunge verschluckt. Ich stieg über ihn, griff in die obere, offene Schreibtischschublade und schnappte mir den Vaterschaftstest. Ich lachte heiser, dann klickte mein Zippo auf und setzte das wertlose Dokument in Brand. Gierig fraßen sich die Flammen durch das Papier. Ich ließ es fallen und ging, ohne mich noch einmal umzudrehen.
    Vor dem brennenden Haus stand Dave McBarron vom FBI. Guter alter Dave – nur noch eine Woche bis zur Pensionierung. Wie immer kaute er auf einem Zigarillo. Mit rauchiger Stimme sagte er: «Gute Arbeit, Ace. Ich hab den Penner nie gemocht.»
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. Lange blickten wir uns in die Augen. Wir wussten, dass wir uns nie wiedersehen würden. Dann nickte ich stumm und ging.
    Als ich wach wurde, war mir sehr heiß, und mein Mund war seltsam trocken. Mein Kopf dröhnte, und auf der rechten Wange hatte ich die Abdrücke von drei Heizkörperrippen. Mühsam versuchte ich zu rekonstruieren, wo ich mich befand – und vor allen Dingen, wie ich hierhergekommen war. Neben mir auf dem Bett schnarchte ein altbekanntes Gesicht: Birkel, der Essener Swingerclubbesitzer, mein alter Kumpel. Was machte denn der Lange hier? Und was war überhaupt passiert? War ich in einem Bumszimmer seines Clubs «69» gelandet? Ich faltete die Hände und sprach das Gebet, das Philipp mir beigebracht hatte.
    Dann rappelte ich mich mühsam auf und weckte Birkel:
    «Ey, du Schnarchnase, was habt ihr mit mir gemacht? Mich für eure Knatterspielchen missbraucht?»
    «Wieso wir?»
    Er hustete seine kampferprobte Raucherlunge leer.
    «Du hast Nerven! Wenn ich nicht gestern auf dich aufgepasst hätte, wärst du schon im Himmel und könntest Petrus zu mir sagen.» Er hustete gleich noch einmal geräuschvoll. Ich hielt mir den dicken Kopf und raufte mir die Locken.
    «Ja, aber Birkel, wo sind wir denn dann, zum Teufel … und was ist denn jetzt verdammt noch mal eigentlich passiert?»

[zur Inhaltsübersicht]
    22.
    Die große Hafenrundfahrt
    B irkel sammelte sich, rieb sich mit seinen Riesenpranken den Schlaf aus den Augen und zündete sich in aller Ruhe eine Zigarette ohne Filter an. Müde schaute er mich an und kratzte sich die Bartstoppeln: «Ja, was ist passiert? Das kann ich dir wohl sagen, du Wahnsinniger. Seit Mittwochmittag warst du auf Zechtour durch Essen. Doris vom ‹Autostübchen› und Hermann vom ‹Kaiser-Eck› haben mich angerufen und vorgewarnt, dass du stinkbesoffen auf dem Weg zu mir bist. Vorher warst du aber noch bei Zlatan im ‹Balkangrill› und hast lautstark rumgepöbelt, dass du eine Knarre brauchst. Dabei hast du ihm sein schönes Drei-Meter-Aquarium umgeworfen, weil du hackenvoll mit einer Flasche Jägermeister über seinen Yorkshireterrier ‹Pivo› gestolpert bist. Dann bist du ins ‹69› getaumelt und hast erst einmal breitbeinig in den Eingang gereihert, weil dich die alte Moni nicht reinlassen
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