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Und alles nur der Liebe wegen

Und alles nur der Liebe wegen

Titel: Und alles nur der Liebe wegen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorsichtig auf die Kante. Mit einem wehmütigen Lächeln betrachtete sie ihre Tochter. Wie hübsch sie ist, wie unbeschreiblich jung und doch schon erwachsen! Vielleicht habe ich auch einmal so ausgesehen, damals, als mich Ludwig kennenlernte und schon am zweiten Abend sagte: »Lucia, Sie mögen es jetzt noch nicht glauben, aber es gibt gar keine andere Möglichkeit als die, daß wir einmal heiraten werden.« Damals hatte sie gelacht. Sie mußte betörend auf die Männer gewirkt haben, so wie jetzt ihre Töchter. Sie strich Karin eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich habe in den letzten Jahren vieles falsch gemacht, dachte Lucia. Ich war egoistisch. Ich konnte mich auf einmal nicht mehr damit abfinden, Mutter von drei Kindern zu sein. Ich wollte ausbrechen aus der Sicherheit einer geordneten Familie, um etwas zu erleben, um wieder die Bestätigung zu finden: Du bist noch schön! Aber das alles war ein Irrtum, eine Flucht in die Illusion. Als Peter verschwunden war, hatte sie wieder deutlich gespürt, was ihre Kinder für sie bedeuteten. Dann geschah das Unglück auf der Autobahn, und plötzlich wurde ihr auch klar, wie sehr sie an ihrem Mann hing. »Ich will alles wieder gutmachen«, flüsterte sie und legte vorsichtig die Hand auf Karins Arm. »Es hat keinen Sinn, mit Herzen zu spielen – man verliert immer!«
    Karin bewegte sich im Schlaf. Sie drehte sich auf den Rücken und seufzte. »Mutti«, sagte sie zärtlich, »Mutti …«
    Lucia beugte sich über sie. »Ich bin bei dir, Schatz, schlaf, mein Liebling.«
    Karin lächelte. Sie streckte sich.
    Leise stand Lucia auf und zog sich aus. Die Haut an ihrem Hals brannte vom Würgegriff Beljonows. Ob man morgen noch etwas sieht, dachte sie, ob es blaue Flecken gibt?
    Dann dachte sie an Rosenheim, an das Krankenhaus, an den verletzten Mann, an Monika und Peter, der jetzt mit einem trotzigen Gesichtchen schlief, das er im Schlaf immer aufsetzte. Da weinte sie und drückte sich ein Taschentuch auf den Mund. Verzeiht mir, dachte sie, verzeiht mir alle – ich will euch eine gute Mutter sein, ich will alles wieder gutmachen.
    Die Fahrt nach Rosenheim am nächsten Tag verlief ohne Zwischenfälle. Der Chauffeur sah etwas zerknittert aus, denn Münchens Nachtleben hat es in sich; Karin dagegen war munter und fröhlich und schielte ab und zu nach ihrer Mutter. Sie kannte sie fast nicht wieder. Sie hatte sich nur die Lippen geschminkt und die Brauen nachgezogen.
    »Du siehst so viel hübscher aus, Mutti!« sagte Karin beim Frühstück im Hotel.
    »Danke.« Lucia lächelte schwach. Sie fürchtete, daß Beljonow auch im Frühstücksraum erschien.
    In Rosenheim kaufte Lucia vier Riesensträuße, zwei große Schachteln Pralinen und zwei Flaschen Champagner. Wie Lieferanten zu einer Hochzeitsfeier trafen sie im Krankenhaus ein und mußten im Flur warten, da gerade Visite war.
    Nach der Visite empfing Oberarzt Dr. Bornwieser Lucia zunächst allein in seinem Sprechzimmer. Mit großen Augen saß sie ihm gegenüber. Gab es Komplikationen? Wenn alles so glatt verlaufen war, sprach man nicht unter vier Augen mit der Ehefrau.
    Dr. Bornwieser sah sie prüfend an. Dann schoß er seine erste Frage ab. Sie traf ins Schwarze. »Stimmt in Ihrer Ehe etwas nicht?«
    Lucia zuckte zusammen. »Wieso?« fragte sie betroffen.
    »Als wir zu Ihrem Mann sagten: ›Heute kommt Ihre Frau‹, antwortete er: ›Muß das sein?‹ So reagiert kein glücklicher Ehemann, vor allem nicht in seiner Lage.«
    Lucia schaute den Oberarzt erschrocken an. Ihre Finger nestelten nervös an ihrer Krokotasche. »Es gab da etwas –«, sagte sie leise.
    Dr. Bornwieser unterbrach sie. »Mich gehen die privaten Probleme meiner Patienten nur insoweit an, als sie Einfluß auf ihren Gesundheitszustand haben. Ihr Mann ist nicht schwer verletzt. Er hat ungeheures Glück gehabt. Mehr Sorge macht mir sein Herz. Das ist nicht allein kaputt durch zu viel Arbeit. Sie wollen sich scheiden lassen?«
    »Wir wollten es.«
    »Ach, das hat sich geändert?«
    »Bei mir, ja. Ob Ludwig, ob mein Mann es noch will, darüber möchte ich mit ihm sprechen.«
    Der Arzt nickte beruhigend. »Er liegt auf Zimmer 19. Gestern lag die ganze Autobesatzung für ein paar Stunden in einem Zimmer, um sich im Gespräch ein wenig abreagieren zu können. Jetzt sind sie getrennt. Nur die beiden Geschwister haben wir zusammengelassen.«
    Lucia erhob sich. »Danke für alles, Herr Doktor«, sagte sie und drückte ihm die Hand. Dann machte sie sich auf den Weg
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