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Und alles nur der Liebe wegen

Und alles nur der Liebe wegen

Titel: Und alles nur der Liebe wegen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schloßhof zurück. Was sie nur alle mit Mutti haben! dachte er.
    »Warum schreibst du deinem Vater nicht und schenkst ihm reinen Wein ein?« schlug ein Junge vor, der sich neben Peter auf eine Bank setzte.
    »Wohin denn? Ich weiß doch gar nicht, wo er ist. Ich kann doch nicht schreiben: Herrn Ludwig Etzel, Skandinavien. Mal ist er in Dänemark, dann in Schweden. Ja, wenn ich wüßte, wo mein Vater ist, dann würde ich ihm schreiben, was mit meiner Alten und dem fetten Beljonow los ist!«
    Lucia, nun allein in ihrem eleganten Sportwagen, fühlte sich nicht wohl. Was ist mit mir los? dachte sie. Wieso gehe ich auch hier mal wieder den bequemsten Weg und entledige mich aller Probleme, indem ich sie gewaltsam abschüttele? Hätte ich Peter nicht wenigstens eine Chance geben und mit ihm reden müssen? Er ist mein Jüngster, ich liebe ihn doch; und nun habe ich ihn einfach abgegeben wie ein Gepäckstück … Hör auf nachzudenken, befahl sie sich schließlich, genieße dein Leben und überlasse es anderen, sentimental zu sein! Dieses Wochenende gehörte zum Beispiel Henk Beljonow; sie hatten sich im Restaurant eines Schwarzwaldhotels verabredet.
    Henk saß schon auf der Terrasse und lauschte auf das Plätschern des Wildbaches, der durch den Park floß, als Lucias Wagen vor dem Hotel vorfuhr. Er lief ihr entgegen, umarmte und küßte sie und benahm sich wie ein Ehemann, der sehnsüchtig auf seine Frau gewartet hat. »Wann läßt du dich scheiden?« fragte er unvermittelt. »Warum hast du nicht den Mut?«
    »Dazu gehört kein Mut, Henk.«
    »Dann tu es.«
    »Und die Kinder?«
    »Sie sind groß genug, um weiterhin vom Personal erzogen zu werden. Jetzt ist es ja nicht anders.«
    »Du bist unhöflich, mein Lieber.«
    »So geht es nicht weiter!« Beljonow warf sich in das hohe Gras. Er gab sich gekonnt dramatisch wie auf der Bühne.
    Auf Lucia machte es keinen Eindruck. Sie war keine romantische Natur. Sie liebte Beljonow nicht wegen seiner schönen Stimme, und sein Bauch war auch nicht gerade anziehend. Ihr Mann ließ sie so viel allein, und es war bequem mit Beljonow. Sie rächte sich mit diesem Betrug: Siehst du, das hast du nun davon, wenn du dich mit deinem Beruf mehr verheiratet fühlst als mit mir. Dir bedeutet ein Hochhaus, das du baust, mehr als ein glückliches Lächeln im Gesicht deiner Frau! »Warum soll es so nicht weitergehen?« fragte sie jetzt.
    »Noch zwei Wochen! Dann kommen die Mädchen zurück. Dann ist der Bengel auch wieder da. Ich will dich aber allein, Lucia.«
    »Mein Mann wird nicht da sein – das ist das Wichtigste. Er wird bis Weihnachten im Norden bleiben.«
    »Ludwig war immer ein Streber. Was hat er nun davon?«
    »Er ist Millionär.«
    »Und seine Frau hat einen Freund.«
    »Das merkt er nicht.« Lucia lachte bitter. »Aber er merkt, wenn in einem seiner Neubauten die Wand des Eßzimmers schlecht verputzt ist oder die Treppe einen falschen Winkel hat! Ach, laß uns nicht darüber sprechen, wir haben jetzt zwei Tage ganz für uns!«
    Am Abend dieses Tages, als Lucia und Beljonow an einem Tisch zwischen hohen Büschen und Lampions eine Flasche Champagner tranken, hockte Peter auf einer der Toiletten des Internats und betrachtete eine alte, zerknitterte Autokarte, die er mitgenommen hatte. Hier sind wir, dachte er und legte den Zeigefinger auf einen Punkt des Schwarzwaldes. Und hier liegt St. Wolfgang, wo Karin und Monika sind! Das ist ganz schön weit weg. Aber wenn man sich an die Autobahn stellt und trampt, dann kann das schon gelingen. Ein dämlicher Umweg! Zurück nach Heidelberg und dann sehen, daß man auf die Autobahn nach München kommt. Von dort Richtung Salzburg, und dann ist es nicht mehr weit. Man muß nur Glück haben und nette Autofahrer, die einen mitnehmen. Er faltete die zerschlissene Autokarte zusammen und steckte sie vorne zwischen Hemd und Brust.
    An der Toilettentür rappelte jemand. »Aufmachen! Oder biste eingeschlafen? Andere wollen auch mal!«
    Wortlos ging Peter zu seinem Schlafsaal zurück, kroch unter die Decke und legte die Hände auf die Brust.
    Die Karte knisterte. Komm mit, knisterte sie, hau ab!
    Keiner will dich haben, dachte Peter. Papi ist nie zu Hause, und Mutti hat einen Macker, der sie abknutscht. Du hast nur noch Karin und Monika. Sie verstehen dich. Wenn wir drei fest zusammenhalten, werden wir erwachsen, auch ohne Eltern. In Peters Augen brannte es. Er war traurig und wütend zugleich. Es ist so schwer, einfach in die Welt zu gehen.
    Einen ganzen Tag
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