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Und alles nur der Liebe wegen

Und alles nur der Liebe wegen

Titel: Und alles nur der Liebe wegen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mädchen an drei Tischen Tennis; im Schreibzimmer ertönte Musik aus dem Kassettenrecorder.
    Karin lief, so schnell die hochhackigen Schuhe es zuließen, durch den Vorgarten. Erst auf der Straße verfiel sie wieder in ihren wiegenden Gang. Als sie so durch St. Wolfgang zum Seeufer und zum Bootshafen ging, sahen ihr selbst ältere Herren nach, die ihr Großvater hätten sein können. Am Seeufer sah sie schon von weitem das weiße Motorboot des Mannes liegen, den sie Erika gegenüber als Playboy bezeichnet hatte. Langsam ging Karin an ihm vorbei, stolz und geradeaus sehend, aber aus den Augenwinkeln heraus beobachtete sie das Deck des Bootes. Der Graumelierte saß in einem Korbsessel und blickte zu ihr herüber. Er trug eine weiße Hose und einen weißen, dicken Rollkragenpullover.
    Sinnend blieb Karin stehen und sah über den See. Die Sonne verwandelte sich in einen orangeroten Feuerball, der über den Bergen zu schweben schien. Der Wolfgangsee schimmerte violett. Karin beugte sich vor. Eine Entenfamilie schwamm dicht am Ufer vorbei. Aber die Enten interessierten sie wenig; sie bemerkte, daß sich der attraktive Mann aus seinem Korbsessel erhob, sich durch die Haare strich und dann über den Steg an Land kam.
    Er kommt zu mir, dachte Karin. Er kommt direkt zu mir. Der schönste Mann von St. Wolfgang kommt zu mir …
    Thomas hatte keine Hoffnung, daß Karin wirklich zur ›Schönen Aussicht‹ käme. Trotzdem wartete er. Und dann sah er sie, hübsch gestylt, den Weg heraufkommen. Alles an ihr war vollkommen.
    Mut, sagte sich Thomas in diesen Sekunden. Sie hat dich verspottet, weil du nicht küssen könntest. Jetzt willst du es ihr beweisen. Ich werde sie behandeln, wie die Motorradmiezen vom Grüngürtel behandelt werden wollen. Mit Schwung sprang er von der Bank auf und rannte ihr entgegen.
    Monika erblickte plötzlich den langaufgeschossenen jungen Mann, der ihr entgegenlief. Nach Karins Schilderungen mußte er es sein. Sie hob die Hand und blieb stehen. »Tom«, sagte sie, »ich soll ausrichten …«
    Weiter kam sie nicht. Thomas hatte sie erreicht. Er hatte gar nicht gehört, was sie gerufen hatte. Er sah nur sie, die langen blonden Haare und die großen blauen Augen. Sie hat gesagt, ich könne nicht küssen, dachte er. Sie hat mich verspottet! Nur diesen einen Gedanken hatte er. Ich kann nicht küssen? Ich will dir zeigen, daß ich ein Mann bin! Und dann spotte weiter, wenn du es noch kannst! Ohne zu fragen, ohne Monikas abwehrende Hände zu sehen, riß er sie an sich und küßte sie wild.
    Nach zwei Sekunden des Schreckens und der Lähmung wehrte sich Monika, stemmte die Fäuste gegen Thomas' Brust, wand sich in seinen Armen und versuchte freizukommen. Mit einem Ruck befreite sie sich schließlich, hob die Hand und knallte Thomas eine Ohrfeige. Ihre Augen sprühten wie glühende Kohlen. »Du tickst wohl nicht richtig! Hast wohl 'ne Schraube locker?«
    Als Thomas wieder nach ihr greifen wollte, drehte sie sich um und rannte den Hügel hinunter.
    »Karin«, stammelte Thomas und streckte beide Arme nach dem fliehenden Mädchen aus. »Karin, was ist denn?« Taumelnd lief er hinter ihr her. Er verstand die Welt nicht mehr.

3
    Thomas holte Monika nicht mehr ein. Dort, wo die schmale Steige zur ›Schönen Aussicht‹ auf die Straße nach St. Wolfgang mündet, blieb er stehen und setzte sich auf einen großen Feldstein. Er starrte Monika nach, die für ihn Karin war, und wieder überfiel ihn große Ratlosigkeit. Was habe ich falsch gemacht? dachte er. Zuerst hat sie mich ausgelacht, weil ich zurückhaltend war, jetzt knallt sie mir eine, weil ich so bin wie die anderen Jungs. Er wußte darauf keine Antwort. Aber er wußte mit Sicherheit eines: Ich habe mich in Karin verliebt, und dieses Gefühl ist wundervoll – trotz der Ohrfeige. Langsam ging er ins Tal zurück und bummelte, die Hände tief in den Hosentaschen, am See entlang. Er umstrich die Pension Sonneck wie ein Löwe seine Beute und hoffte, durch einen Zufall Karin noch einmal zu sehen. Aber sie zeigte sich nirgends. Nur ein paar Mädchen sahen aus einem Fenster im zweiten Stock, lachten, machten Bemerkungen und winkten Thomas zu, als er hinaufblickte. Er zuckte mit den Schultern, brummte: »Blöde Schnepfen!« und ging weiter.
    Er kehrte zum See zurück und setzte sich auf eine Bank in der Nähe des Jachthafens. Es wurde langsam dunkel, und auf den weißen Booten glitzerten die Lichter auf. Musikfetzen wehten herüber, Lachen, Mädchenstimmen. So ein Boot
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