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Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Palahniuk
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    Mr. 600
     
    Einer stand den ganzen Nachmittag nur mit Boxershorts bekleidet am Büffet und leckte den orangen Staub von Kartoffelchips. Neben ihm löffelte einer Zwiebeldip mit einem Chip. Eine Ladung nach der anderen, immer mit demselben durchweichten Chip. Männer haben unzählig viele Arten, etwas anzupissen, auf das sie Anspruch erheben.
    Das Servicepersonal hat zwei Klapptische aufgebaut, auf denen sich offene Mais-Chips-Tüten und Limodosen stapeln. Wenn einer ran muss – die Assistentin ruft die Nummern aus -, latscht der Betreffende los, den Mund noch voll Popcorn, die Finger brennend vom Knoblauchsalz und klebrig von Ahornriegeln, und absolviert sein kleines Gastspiel.
    Manche, die nur einmal drankommen, sind bloß hier, damit sie sagen können, dass sie dabei gewesen sind. Wir Veteranen, wir sind hier, weil wir uns mal wieder sehen lassen wollen und um Cassie einen Gefallen zu tun. Um ihr einen Schwanz mehr für ihren Weltrekord zur Verfügung zu stellen. Um bei dem historischen Ereignis dabei zu sein.
    Auf dem Büffet stehen Tupperdosen mit Kondomen neben Tupperdosen mit Minibrezeln, winzigen Schokoriegeln, in Honig gerösteten Erdnüssen. Auf dem Fußboden liegen mit den Zähnen aufgerissene Verpackungen von Schokoriegeln und Kondomen. Mit denselben Händen, mit denen sie M&Ms schaufeln, fahren sie in ihre Boxershorts und kneten ihre halbsteifen Schwänze. Schokoladenfinger. Erektionen mit Grillaroma.
    Erdnuss-Atem. Rootbeer-Atem. Kartoffelchips-Atem. Alles in Cassies Gesicht gekeucht.
    Hektiker kratzen sich die Arme rot. Pickelheringe, die vor der Kamera ihre Jungfernschaft verlieren wollen. Der da, Mr. 72, will mit ein und demselben Schuss defloriert werden und in die Geschichtsbücher eingehen.
    Klapperdürre Burschen, die ihre T-Shirts anlassen, T-Shirts, die älter sind als manche Darsteller hier, vor Ewigkeiten zum Start von Sex with the City vertrieben. Fanclub-Shirts aus der Zeit, als Cassie der Star von Lust Horizons war. T-Shirts, älter als Mr. 72, bedruckt vor seiner Geburt.
    Manche quasseln laut in ihre Handys, debattieren über Aktienoptionen und heiße Börsentipps, während sie gleichzeitig an ihren Vorhäuten herumzupfen. Die Assistentin hat ihnen allen mit Neonstift eine Zahl zwischen eins und sechshundert auf den Bizeps geschrieben. Ihre Frisuren: Monumente aus Gel und Geduld. Gebräunte Haut, in Parfümwolken gehüllt.
    Der Saal vollgestellt mit Klappstühlen aus Metall. Für Atmosphäre sorgen zerfledderte Herrenmagazine.
    Die Assistentin heißt Sheila, eine Braut, die mit einem Clipboard herumläuft und nach Nummer 16, Nummer 31, Nummer 211 schreit, die ihr die Treppe rauf zum Set folgen sollen.
    Manche tragen Tennisschuhe. Mokassins. Flipflops. Halbschuhe zu marineblauen Wadenstrümpfen, die von altmodischen Strumpfhaltern gehalten werden. Strandlatschen, an denen noch Sand klebt, der bei jedem Schritt knirscht.
    Der alte Witz. Um eine Tussi zu überreden, bei einem Porno mitzumachen: Biete ihr eine Million Dollar an. Um einen Typen zu überreden: Frag ihn einfach... Eigentlich ist das gar kein Witz. Nichts, worüber man lachen könnte.
    Mal abgesehen von uns alten Hasen vielleicht, die meisten dieser Nobodys sind hier wegen der Anzeige nach dem Abspann von Adult Video News . Aufruf zum Massen-Casting. Beim Casting brauchten sie nur einen Ständer und ein ärztliches Attest vorzuweisen. Das und eine Bescheinigung, dass man achtzehn ist, weil das hier ja kein Kinderporno sein soll.
    Hier stehen rasierte Brustmuskeln und epilierte Schambeine zusammen mit einer mongoloiden Softballmannschaft in der Schlange.
    Asiaten, Schwarze und Latinos. Einer im Rollstuhl. Für jeden Marktbereich etwas.
    Der Kleine, Nummer 72, schleppt einen Strauß weißer Rosen mit sich rum, schlapp und welk, die Blüten stellenweise schon bräunlich. Er streckt eine Hand nach vorn, auf den Handrücken hat er was mit blauem Kuli geschrieben. Er sieht das an und sagt: »Ich will gar nichts von dir, aber ich liebe dich, seit ich dich das erste Mal gesehen habe...«
    Andere tragen Schachteln mit großen Schleifen und langen Bändern dran, die Schachteln sind so klein, dass sie in eine Hand passen, dass sie fast zwischen den Fingern verschwinden.
    Die Veteranen tragen Satinbademäntel, Preisboxerroben mit Schärpe, während sie auf ihren Auftritt warten. Pornoprofis. Die Hälfte von ihnen hatte was mit Cassie, hatte mit ihr von Heirat gesprochen, dann würde sie die Lunts oder die Desi & Lucy der
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