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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß
Autoren: Stefan Wolf
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prüfte, ob das Stirnband den richtigen Sitz hatte.
    Und wenn sie’s als Augenklappe trägt,
dachte Tim. Selbst das sähe toll aus. Aber nur an ihr.
    Sie fing seinen Blick auf und lächelte.
Als sich ihr Lächeln vertiefte, wußte er, woran sie dachte.
    Beinahe wäre er verlegen geworden.
Hatte er um Mitternacht, wie versprochen, an sie gedacht? Gepennt habe ich,
dachte er, im Freien auf der Moder-Matratze. Aber an meine Träume entsinne ich
mich. Die handelten alle von ihr.
    Sie stießen mit ihren Milchgläsern an.
    Klößchen sagte — wie ein Alter: „Auf
das, was wir lieben.“
    Aber dann wurde er wütend, denn sein
Kakao enthielt zu wenig Schokoladengeschmack und offenbar überhaupt keinen
Zucker.
    „Hör auf damit!“ stoppte ihn Tim. „Wir
sind nicht wegen des zweiten Frühstücks unterwegs. Darf ich mal an unsere
Marschroute erinnern! Die Sache mit Muhson hat auf keinen Fall Vorrang. Was
Tanja betrifft, müssen wir endlich vorankommen. Ich stehe zu meiner Theorie.
Die Käsefahrer Werdy und Riscanto haben sie gekascht. Daß die beiden ihre
Behausungen meiden, spricht auch dafür. Unsere einzige Hoffnung ist im
Augenblick dieser Gnazow. Vielleicht weiß er, wo Werdy steckt.“ Niemand erhob
Einspruch.
    „Wir wissen nichts als seinen Namen“,
meinte Karl.
    „Das genügt. Der Name Gnazow ist
selten. Wahrscheinlich steht nur ein einziger Gnazow im Telefonbuch.“
    „Falls er Fernsprechteilnehmer ist“,
sagte Karl. „Und wie schreibt er sich am Ende. Mit w, f oder doppeltem f?“
    Tim stand auf, sockte zur Theke und
ließ sich das städtische Telefonbuch geben. Es war so dick wie ein Handkoffer.
    Am Tisch wühlten sie die G-Spalten
durch.
    Es gab etliche Leute mit Namen Gnatz,
aber nur einen Gnazow.
    „Gnazow, Theo, Hilleberger Straße 211“,
las Tim vor.
    „Ich glaube“, sagte Karl, „das ist
nicht weit von dem Einkaufs-Center Hilleberger Straße. Gewerbetreibende der
Hotel- und Gaststätten-Branche ( Geschäftszweig) können dort verbilligt
einkaufen. Aber nur mit Kundenausweis.“
    Keinen interessierte das. Woher sollten
sie auch wissen, wie bedeutungsvoll das war!
    „Hoffen wir, daß dieser Gnazow unser
Gnazow ist“, meinte Tim und trank seinen Shake aus. „Also erst zu
Müller-Dehpea. Durchblick. Anruf bei Jan. Dann zu Gnazow. Da er uns kennt,
müssen wir eine Lügen-Story ( Geschichte ) abspinnen. Ist ja nicht der
Typ, der gleich die Infos rausläßt.“
    „Und wenn er verstockt tut?“ fragte
Gaby.
    „Dann deute ich das als
Mitwisserschaft, und er kriegt was auf die Ohren.“
    Gaby seufzte. Sie haßte Gewalt. Daß
sich ihr Freund so gern in Notwehrsituationen begab und dann blauäugig
versicherte, er müsse sich wehren — das ging ihr schwer auf den Geist.
    Tim reckte den Kopf.
    Sein Blick peilte hinüber zum
Pressehaus-Eingang.
    „Heh! Seht mal! Der Typ, der dort
antanzt — sieht der nicht aus wie einer, der nur Müller-Dehpea heißen kann?“
    Er hatte recht.
    Wenig später saßen sie dem Redakteur in
einem unordentlichen Büro gegenüber.
    Müller-Deh, wie er sich nannte, trug
einen grauen Fünf-Tage-Bart und so gekonnte Gammel-Klamotten, als wäre er
Korrespondent (Journalist, der von auswärts berichtet) für Mode und
letzten Schrei in Paris.
    Er schmauchte an einer kurzen Pfeife,
die er auch beim Sprechen nicht aus dem Mund nahm.
    „Weshalb interessiert euch das
Pistolenfoto?“ fragte er.
    „Sagen wir nicht“, antwortete Tim. „Aber
die Story könnte heiß werden. Und dann kriegen Sie unsere Infos als erster.“
    Müller-Deh lachte. „Du bist ja ein ganz
raffinierter Bursche. Ihr seid doch nicht etwa den Waffendieben auf der Spur?“
    Tim warf Klößchen einen warnenden Blick
zu.
    Seinen Freund hatte das Erstaunen
gepackt. Aber er enthielt sich der Worte.
    „Kein Kommentar.“ Tim grinste. „Bei den
Waffen, die wir meinen, handelt es sich um einen sogenannten Colt Peacekeeper
vom Kaliber 375...“
    „...357“, verbesserte Gaby. Sie hielt
ihren Zettel in der Hand.
    „Meinetwegen. Und um eine
Smith-and-Wesson-Pistole, 59er Modell.“
    Müller-Deh nickte. „Ich weiß nicht
mehr, in welcher Ausgabe wir das veröffentlicht haben. Aber worum es geht, kann
ich euch sagen. Die Meldung kam aus Italien. Genauer: Aus Genua. Dort haben
unbekannte Täter acht Kisten mit eben diesen Waffen aus einer Schiffsladung
gestohlen. Das Zeug war noch unter Zollverschluß. Aber die Diebe gingen sehr
gewaltsam vor und hatten keinerlei Hemmungen. Insgesamt 500 Faustfeuerwaffen
fehlen. Und eine
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