Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
durch den Fluchtwegschacht geschwommen. Hatte keine Luft mehr und wäre beinahe ertrunken. Zum Glück stieß ich in letzter Sekunde auf eine Luftblase unter einem eingestürzten, gewölbten Felsblock. Mit dem letzten Atemzug ge lang es mir, durch einen Seitentunnel herauszukommen.«
    Shaw zeigte auf das Innere des Wagens. »Was ist hier passiert?«
    Pitt nickte den beiden Männern am Tisch zu. »Der Herr mit dem Reisekoffer ist oder vielmehr war Richard Essex, der Unterstaatssekretär. Der andere war Clement Massey. Neben Massey liegt ein Abschiedsbrief an seine Frau, in dem er die ganze Tragödie erzählt.
    Shaw nahm den Brief und blickte auf die verblaßte Tintenschrift. »Dann war dieser Massey hier ein Eisenbahnräuber.«
    »Ja, und er war auf einen Goldtransport aus.«
    »Ich habe es gesehen. Da liegt genug, um die Bank von England zu kaufen.«
    »Masseys Plan war für seine Zeit unglaublich kompliziert. Er und seine Leute stoppten den Zug mit Flaggensignalen an einer verlassenen Abzweigung namens Mondragon Hook. Dort zwangen sie den Lokführer, den
Manhattan Limited
über ein altes Nebengleis in den Steinbruch zu fahren, bevor auch nur einer der Reisenden etwas bemerkte.«
    »Aus seinem Brief zu schließen, war das mehr, als er sich erhofft hatte.«
    »In mehr als einer Beziehung«, stimmte ihm Pitt zu. »Das Überwältigen der Wachen verlief völlig reibungslos. Dieser Teil des Plans war gut vorbereitet. Nur waren die vier bewaffneten Sicherheitsbeamten, die Essex und den Vertrag nach Washington begleiteten, eine böse Überraschung. Nach der Schießerei waren die Beamten alle tot oder verwundet, und Massey hatte drei seiner Leute eingebüßt.«
    »Er scheint es aber trotzdem nicht aufgegeben zu haben«, sagte Shaw, der weiterlas.
    »Nein. Er fuhr – so muß man annehmen — mit einer dieser alten Draisinen zur Deauville-Hudson-Brücke und täuschte den Unfall vor; dann kehrte er in den Steinbruch zurück und versperrte die Einfahrt mit ein paar Schwarzpulverladungen.
    Jetzt hatte er Zeit, das Gold auszuladen und durch den Fluchtschacht zu entkommen.«
    »Wie war das möglich, da doch alles überschwemmt war?«
    »Der beste Plan hat halt manchmal seine Schwäche«, sagte Pitt. »Der Fluchtschacht liegt auf einem höheren Niveau als das tiefe Ende des Steinbruchs, wo die ursprüngliche Überschwemmung stattfand. Als Massey den
Manhattan Limited
entführte, war dieser Ausgang noch trocken. Aber als er die Einfahrt sprengte, öffneten die Schockwellen dem Wasser einen Weg. Es strömte in den Schacht, schnitt jede Fluchtmöglichkeit ab und verurteilte alle zu einem langsamen und grauenhaften Tod.«
    »Die armen Teufel«, sagte Shaw. »Es muß Wochen gedauert haben, bis sie vor Kälte und Hunger starben.«
    »Seltsam, daß Massey und Essex so einträchtig nebeneinander am Tisch starben«, sagte Pitt nachdenklich. »Wer weiß, welche gemeinsamen Interessen sie zum Schluß entdeckten.«
    Shaw richtete seine Stablampe auf Pitt. »Sagen Sie mir, Mr. Pitt, sind Sie allein gekommen?«
    »Ja. Mein Tauchpartner mußte umkehren.«
    »Ich nehme an, Sie haben den Vertrag.«
    Pitt bückte von der Zeitung auf, und seine grünen Augen waren undurchdringlich. »Die Annahme ist richtig.«
    Shaw zog die Hand aus der Tasche, richtete die Beretta Kaliber 25 auf Pitt. »Tut mir leid, aber den müssen Sie mir jetzt geben.«
    »Damit Sie ihn verbrennen können?«
    Shaw nickte schweigend.
    »Bedauere, Ihnen nicht dienen zu können«, sagte Pitt.
    »Sie scheinen sich Ihrer Lage nicht voll bewußt zu sein.«
    »Weil Sie eine Waffe haben?«
    »Und Sie nicht«, sagte Shaw zuversichtlich.
    Pitt zuckte die Schultern. »Ich gestehe, daß ich nicht daran gedacht habe.«
    »Also den Vertrag bitte, Mr. Pitt.«
    »Der Fund gehört dem Finder, Mr. Shaw.«
    Shaw seufzte müde. »Ich schulde Ihnen mein Leben, und es wäre sehr undankbar von mir, Sie zu töten. Aber das Exemplar des Vertrags bedeutet meinem Land viel mehr als eine persönliche Schuld zwischen uns.«
    »Ihr Exemplar wurde auf der
Empress of Ireland
vernichtet«, sagte Pitt langsam. »Dieses gehört den Vereinigten Staaten.«
    »Mag sein, aber Kanada gehört Großbritannien. Und wir denken nicht daran, es aufzugeben.«
    »Das Imperium dauert nicht ewig.«
    »Indien, Ägypten und Burma, um nur einige zu nennen, waren nie wirklich in unserem Besitz«, sagte Shaw. »Aber Kanada wurde von Engländern besiedelt und aufgebaut.«
    »Sie haben die Geschichte nicht richtig gelernt, Shaw. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher