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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite
Autoren: Clive Cussler
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zwingen, den Vertrag zu erfüllen?«
    »Ja«, antwortete der Präsident, und ein harter Glanz kam in seine Augen. »Jetzt gibt es kein Zurück. Falls ich es tun muß, werde ich nicht zögern, den Vertrag durchzusetzen.«
86
    Es regnete, als Heidi in den Warteraum der TWA auf dem Kennedy-Flughafen humpelte. Ein typisch New Yorker Regenguß, der die Blätter von den Bäumen riß und den Verkehr zu einem Schneckentempo zwang. Sie trug ihre Uniform unter einem blauen Regenmantel, und ihr nasses Haar quoll unter einer weißen Marinemütze hervor. Sie stellte ihre große Schultertasche auf dem Teppich ab, drehte sich vorsichtig auf ihrem heilen Bein und ließ sich in einen leeren Stuhl sinken.
    Nach den stürmischen Ereignissen der letzten Wochen empfand sie die Aussicht, in das Einerlei ihres Dienstes zurückzukehren, als recht deprimierend. Sie hatte Pitt nicht mehr gesehen, seit er Ottawa in aller Eile verlassen hatte, und die Marineinfanteristen, die Brian Shaw bewachten, hatten sie nicht zu ihm gelassen, bevor er bewußtlos in einem Krankenwagen in ein Militärhospital gebracht wurde. In der Aufregung war sie fast in Vergessenheit geraten. Nur der Aufmerksamkeit Admiral Sandeckers hatte sie es zu verdanken, nach New York gefahren zu werden, um im Plaza Hotel einen wohlverdienten Schlaf zu genießen. Er hatte ihr auch für den nächsten Tag einen Flug in der ersten Klasse nach San Diego buchen lassen.
    Sie blickte aus dem Fenster, sah die Pfützen auf der Piste, in denen sich die bunten Lichter spiegelten. Wäre sie allein gewesen, so hätte sie sich ihrem Selbstmitleid überlassen und sich gründlich ausgeweint. Sie sehnte sich so sehr nach Shaws Berührung. Er war in ihr Leben eingedrungen, und sie stellte wütend fest, daß sie ihn liebte. Sie fühlte keine Reue, nur Ärger, weil sie die Beherrschung verloren hatte.
    Blind und taub gegenüber den Leuten um sie herum versuchte sie, ihre Gefühle und Erlebnisse der letzten Wochen aus ihrem Herzen zu verdrängen.
    »Ich habe schon manch trauriges Geschöpf gesehen«, sagte eine bekannte Stimme neben ihr, »aber Sie, gnädige Frau, verdienen den ersten Preis.«
    »Sieht man es mir so an?« fragte sie und war überrascht, wie ruhig ihre Stimme klang.
    »Wie eine schwarze Wolke über einem Sonnenuntergang«, antwortete Pitt mit seinem spöttischen Lächeln. Er trug eine dunkelblaue Sportjacke, eine rote Hose und ein hellbraunes Flanellhemd. Er blickte sie über einen riesigen Blumenstrauß an.
    »Du hast doch nicht etwa geglaubt, ich würde dich einfach verschwinden lassen, ohne dir Lebewohl zu sagen?«
    »Wenigstens jemand hat sich an mich erinnert.« Sie fühlte sich müde und verletzt und ausgestoßen. »Nimm es mir nicht übel, daß ich sauer bin. Heute abend bin ich in schlechter Stimmung.«
    »Vielleicht wird dir das helfen.« Er legte ihr die Blumen in den Schoß. Der Strauß war so riesig, daß er ihr fast das Gesicht verdeckte.
    »Sie sind herrlich«, sagte Heidi. »Ich glaube, ich werde jetzt weinen.«
    »Bitte nicht.« Pitt lachte leise. »Ich wollte schon immer ein Blumengeschäft für ein schönes Mädchen leerkaufen. Wenn du mich jetzt in Verlegenheit bringst, werde ich es vielleicht nie wieder tun.«
    Sie zog Pitt zu sich, küßte ihn auf die Wange, kämpfte mit den Tränen. »Ich danke dir, Dirk. Du wirst immer mein liebster Freund sein.«
    »Freund?« Er gab sich verletzt. »Mehr nicht?«
    »Können wir je etwas anderes füreinander sein?«
    »Nein… wahrscheinlich nicht.« Sein Gesicht wurde sanft, und er nahm ihre Hand. »Komisch, wie zwei Leute, die so gut miteinander auskommen, in ihren Herzen keinen Platz für Liebe finden.«
    »In meinem Fall war es wegen jemand anderem.«
    »So sind nun einmal die Frauen«, sagte er. »Sie verlieben sich in den Kerl, der sie wie Dreck behandelt, und dann heiraten sie schließlich doch Hänschen Ehrlich.«
    Sie vermied seinen Blick und starrte aus dem Fenster.
    »Wir haben nie gelernt, unsere Gefühle abzuleugnen.«
    »Und Shaw? Liebt er dich?«
    »Ich bezweifle es.«
    »Aber du liebst ihn?«
    »Was Brian anbetrifft, so kann ich nicht mehr praktisch denken. Ja, ich liebe ihn für all das Gute, das ich für ihn empfinde. Wenn er mich wollte, würde ich sofort zu ihm eilen.
    Aber das wird nie geschehen.«
    »Schon wieder dieses traurige Gesicht«, sagte Pitt. »Ich weigere mich, ein wimmerndes Frauenzimmer auf eine Flugreise zu schicken. Du läßt mir keine andere Wahl, als dich mit einem meiner Zaubertricks wieder
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