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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman
Autoren: Kimberley Freeman
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Sie war gelähmt vor Entsetzen, als sie ihn hier, in dieser vertrauten, sicheren Umgebung erblickte. Wie angewurzelt stand sie da, obwohl sie schleunigst das Weite hätte suchen sollen.
    Bis ihre Beine sich endlich wieder bewegen ließen, hatte er sich schon auf sie gestürzt und sie umgerissen.
    »Mein Glückstag«, knurrte er. Sie fiel zu Boden, schlug mit dem Kopf auf das steinerne Podest des Denkmals. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen, dann sah sie wieder klar. In ihren Ohren rauschte es. Sie begann zu schreien.
    Creedy packte sie an den Haaren und schleifte sie in Richtung Abgrund. Sie versuchte, sich loszumachen, bohrte ihm die Fingernägel ins Fleisch und kreischte. Sie konnte nur hoffen, dass sie trotz des Windes und der Brandung jemand hören und ihr zu Hilfe eilen würde. Schon waren die Klippen bedrohlich nahe.
    Natalja setzte sich verzweifelt zur Wehr, stemmte die Fersen in den Boden. Dann plötzlich ein Aufschrei, eine laute Männerstimme, ein Schatten. Sam war zurückgekommen.
    Alles verschwamm. Creedy ließ von ihr ab und wollte fliehen, doch Sam erwischte ihn gerade noch. »Pass auf!«, rief Natalja, als Sam nur noch einen Schritt vom Abgrund entfernt war. Er blickte nach unten. Creedy sah seine Gelegenheit gekommen und schickte sich an, ihm einen tödlichen Stoß zu verpassen.
    Natalja, die noch am Boden lag, trat nach seinen Beinen, sodass er strauchelte, während Sam seitlich auswich, Creedys Finger von seiner Jacke löste. Er wirbelte ihn mit aller Kraft herum, sodass dieser das Gleichgewicht verlor und die Klippen hinabstürzte. Seine Schreie waren schrill und hoch, wie die einer Frau.

     
    Nun, da Lena beschlossen hatte, mit Sofi in den Tod zu gehen, war sie bedeutend ruhiger. Sie ließ eigentlich nicht viel zurück. Ihre Kinder natürlich, aber die waren ohne sie besser dran. Sie waren schon fast Teenager und würden sie ohnehin bald nicht mehr brauchen, würden sie womöglich sogar irgendwann hassen. Wenn sie starb, würden sie sie wenigstens in guter Erinnerung behalten. Sie würden das Haus erben, das sich bestimmt rasch verkaufen ließ, wenn sie nicht mehr ständig protestierte. Eigentlich war alles ganz einfach.
    »Ich freue mich sehr für dich, Sofi«, sagte sie. »Ich werde dich nicht weiter durch die Kälte jagen. Lass uns zurückgehen, an der Aussichtsplattform vorbei.«
    Sie führte Sofi zurück auf den Weg. Beobachtete Creedy sie? Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. Die Wolken hatten sich geteilt, die schwache Wintersonne umspielte die Baumkronen. Sie befanden sich nun auf der Höhe der Straße, aber jetzt war es egal, wenn einer der vorbeikommenden Autofahrer sie beobachtete. Nun musste sie die Folgen nicht mehr fürchten. Tote kamen nicht ins Gefängnis. Lena hielt den Blick auf den Wegesrand geheftet, auf den einen Meter breiten Grasstreifen und den Abgrund dahinter. Sie holte tief Luft.
    »Warte einen Moment, Sofi.«
    »Was ist los?«
    Sie umarmte ihre Cousine, nahm das todbringende Gewicht ihres eigenen Körpers wahr.
    »Ich liebe dich«, sagte sie.
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte Sofi. Dann drehte sie den Kopf. »Sag mal, hörst du auch die Sirenen?«
    Lena ließ sie los. Unverkennbar. Sirenengeheul. Sie fragte sich verwirrt, ob vielleicht jemand von ihrem Vorhaben
wusste und versuchte, sie aufzuhalten. Dann kam ihr ein erschreckender Gedanke. Ihre Kinder. Creedy hatte seine Drohung wahr gemacht und sich an Anna und Matthew vergriffen.
    Das Sirenengeheul näherte sich. »Sie kommen hierher«, stellte Sofi fest.
    Wie um ihre Worte zu bestätigen, rasten auf der Straße ein Streifenwagen und eine Ambulanz vorbei. Dann trat abrupt Stille ein.
    Sofi hastete los. »Da muss etwas passiert sein.«
    Als sie erkannte, dass ihr Plan zu scheitern drohte, rannte Lena ihrer Cousine nach. »Sofi! Warte!«
    Sie umrundeten die Landspitze, sahen Krankenwagen und Polizeifahrzeuge, die am Straßenrand abgestellt worden waren.
    Bei dem sich ihr bietenden Anblick gefror Lena das Blut in den Adern. Natalja und Sam, von Sanitätern und Polizei umringt. Es muss etwas mit den Kindern sein. Matthew, Anna.
    In blinder Panik versuchte sie, Sofi einzuholen. Jetzt hatte Natalja sie erspäht und rannte ihnen entgegen, um sie in die Arme zu schließen, Lena links, Sofi rechts.
    »Gott sei Dank, ihr lebt. Ihr lebt.«
    »Was ist passiert? Die Kinder?«
    »Nein, nein, es war Roy Creedy.« Natalja blutete an der Stirn, ihr Gesicht war tränenverschmiert, ihr Mantel schmutzig. »Er wollte mich
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