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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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Irland abspielen?«
    O Gott, jetzt wo er es sagt ... Mein analytischer Verstand ist irgendwie schon vor einer ganzen Weile kollabiert und absolut nicht mehr zu gebrauchen.
    »Also was jetzt, Louisa? Wir können uns tragisch nacheinander verzehren oder versuchen, ob uns nicht ein ganz gewöhnlicher Alltag mit gemeinsamem Zeitungslesen am Sonntagmorgen gelingt. Was wollen wir jetzt machen?«
    Ich versuche einen klaren Gedanken zu fassen. Dann entschließe ich mich, nicht die kühle Unabhängige zu geben, sondern meine simpelste, tiefste Furcht auszusprechen: »Aber du wirst irgendwann mit einer Studentin durchbrennen. «
    »Wie bitte?« Jetzt sieht er mich an, als wäre ich plemplem. »Du denkst jetzt aber nicht an die kleine Blonde mit dem Bauchnabel-Piercing, oder? Dann müsste ich ernsthaft an deinem Verstand zweifeln.«

    »Ach quatsch, doch nicht so etwas Simples. Ich dachte eher an eine ätherisch schöne Studentin, die erstaunlich reif und weise für ihr Alter ist und auch noch begabt in Altgriechisch und Latein. Und die bis in deine tiefsten Winkel blicken kann.«
    »Das dürfte eine komplizierte Affäre werden. Ich weiß nicht mal, wie Altgriechisch aussieht, und meine Lateinkenntnisse sind miserabler, als ich an der Uni jemals zugeben würde. Und zu verheimlichen habe ich vor dir auch nichts, deswegen wird sie keine finsteren, unterdrückten Gelüste entdecken.«
    »Du nimmst mich überhaupt nicht ernst, Colin.« »Wie sollte ich denn? Professoren und Studentinnen, das ist so ein abgedroschenes Klischee – egal welche fabelhaften Eigenschaften besagte Studentin haben soll. Ich weiß von einem einzigen Kollegen, der etwas mit einer Studentin angefangen hat. Das war aber keine hochbegabte Griechisch-Kennerin, sondern eine Blondine, die ihren Mund nicht öffnen musste, um ihre Reize zu zeigen. Und diese Reize waren zu eindeutig zu erkennen und keine große Versuchung, zumindest für einen normal denkenden Mann, der von seiner Frau gelegentlich mal rangelassen wird. Der arme Kerl bereut die Affäre immer noch und ruft regelmäßig winselnd bei seiner Frau an, damit sie ihn zurücknimmt. Hältst du mich echt für so einen Idioten?«

»Ich halte dich ganz sicher nicht für einen Idioten.«
    »Dann hör jetzt auf Schwachsinn zu reden und küss mich endlich.«
    »Und dann?«
    »Herrje, noch mal. Dann werde ich mir eine Stelle in
Deutschland suchen oder du dir eine in Irland oder wir pendeln! «
    »Aber ...«
    »Es reicht.« Er schnaubt laut. Dann greift er mit der Hand in meinen Nacken und zieht mich energisch an sich. Er hat Recht. Das ist eindeutig besser, als zu reden. Es ist nett, dass er sogar bereit wäre, Irland für mich zu verlassen. Aber wenn ich so darüber nachdenke – eigentlich möchte ich in Irland bleiben. Aber nicht als Sprachlehrerin. Ich möchte lieber mithelfen, aus dem Schlosshotel etwas wirklich Besonderes zu machen. Moira lässt mich bestimmt, jetzt wo ich so brav die Küsse ihres Neffen erwidere. Und wie der küsst. Ich bin hin und weg und plötzlich weiß ich es ganz genau. Ich hätte die Zeichen sehen sollen: Colin kann – obwohl er Ire ist – überhaupt nicht singen. Obgleich er ein Mann ist, interessiert er sich nicht für Sport. Es hat in der ganzen Zeit, die ich hier verbracht habe, fast nie geregnet. Von den Dorfbewohnern ist nur eine absolute Minderheit rothaarig. Und ...
    »Du hast Recht!« Ich mache mich von ihm los.
    »Womit denn?« Widerwillig lässt auch er ein wenig locker.
    »Klischees stimmen nicht immer.«
    »Na, da bin ich aber erleichtert«, murmelt er und unterbindet mit dem festen Druck seiner Lippen sofort weitere erkenntnisreiche Ausführungen meinerseits.

1. Auflage
    Originalausgabe Mai 2011
    Copyright © 2011 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
    Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagfoto: gettyimages/Gorilla Creative Images/ Helena Inkeri;
FinePic, München
KA · Herstellung: Str.
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
     
     
    eISBN 978-3-641-05776-3
     
    www.goldmann-verlag.de
    www.randomhouse.de
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