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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
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Lippen gekommen. Aber dass wir danach gefragt werden, heißt doch wohl, dass die Meute in uns ein potentiell ernsthaftes Unternehmen sieht. Ich plappere fröhlich etwas über Aufwand, Mühen und Rentabilität. Hört ja eh keiner zu. Die wollen ein paar leckere Häppchen und bequeme Betten. Weil ich das Spiel schon kenne, habe ich perfekte Pressemappen mit Texten und Fotos vorbereitet. Diese Art von Typen ist am Ende viel zu faul, sich eigene Gedanken zu machen, und veröffentlicht dann munter alles, was ich ihnen untergeschoben habe. Dennoch bin ich froh, dass ich sie an Toni weiterreichen kann, die ihrerseits Sir Henry assistiert, der ihnen ihre Zimmer zeigen und sie dann durch die Ausstellung führen soll. Seine polternde Art macht Eindruck, sicher auch sein Adelstitel. Besonders die deutschen Journalisten wirken gleich viel weniger kritisch. Und Teresas und Tanjas Häppchen werden ihnen den Rest geben. Ganz sicher!
    Erschöpft sacke ich auf einem großen Stein zusammen und atme dreimal tief durch. Das wird ein langer Nachmittag, ein langer Abend, eine lange Nacht.
    »Alles in Ordnung bei dir?« Colin steht vor mir.
    Ich zucke zusammen. Rede bitte keinen Schwachsinn, Louisa.
    »Na klar. Ich bin nur ein wenig erschöpft.«
    Er lächelt. »Kein Wunder. Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir das alles hier hinbekommen haben.«

    Er sieht sich im Garten um.
    »Ich eigentlich auch nicht. Toll, oder?«
    »Und ich habe es gewagt zu zweifeln.« Er grinst, scharrt aber nervös mit der Schuhspitze im Kies.
    »Wie läuft es in deinem neuen Job?«
    »Bestens«, behaupte ich und werde schier wahnsinnig davon, dass wir hier bei so strahlendem Sonnenschein ein so absurd banales Gespräch führen können, wo es für mich doch um meine ganze Zukunft geht.
    »Das ist schön«, sagt er sanft. Er zögert, aber dann macht er doch noch mal seinen Mund auf: »Dies hier ist vielleicht nicht der optimale Zeitpunkt. Aber sollten wir uns nicht unterhalten, Louisa?«
    Natürlich sollten wir das. Dankbar, dass er die Rede darauf gebracht hat, springe ich schnell auf. Die schnelle Bewegung bringt meinen Kreislauf durcheinander, aber bevor meine Beine wegsacken, hat er schon meinen Arm gepackt. Er sieht mir direkt in die Augen. Mir wird warm, sicher werde ich auch rot, aber ich schaue nicht weg. Ich will wissen, was er mir sagen möchte. Und ich bin selbst ganz gespannt, was ich ihm sagen werde. Ich habe nämlich ehrlich gesagt immer noch gar keine Ahnung. Klar bin ich gedanklich schon jeden erdenklichen Dialog mit ihm durchgegangen, aber das ist alles wie weggeblasen.
    »Hast du mich vermisst?«, fragt er viel sanfter.
    »Ja, sehr.« Das ist die nackte Wahrheit.
    »Was soll das alles dann hier?«
    Wirklich gute Frage. Ich muss aber in Ruhe über eine Antwort nachdenken. Ich darf jetzt nichts falsch machen. Wenn ich auf seine versteckte Frage noch mal mit Nein antworte, wird er mich nie wieder etwas in der Richtung fragen.
Das weiß ich einfach. Antworte ich aber leichtfertig mit einem Ja, wird unser beider Leben komplett umgekrempelt. Das kann man doch nicht mal eben so entscheiden. Panisch schaue ich gen Himmel, aber die Erlösung kommt von hinten.
    »Colin, kommst du mal bitte? Es gibt schon wieder ein Problem mit der Elektrik.« Das war die Stimme meines Vaters.
    Colin schaut auf meinen Arm, den er immer noch fest umfasst hält, dann lässt er mich los.
    »Später?«, fragt er.
    »Ja, später«, hauche ich erleichtert. Er läuft zu meinem Vater. Ich lasse mich wieder auf meinen Stein fallen. Jetzt möchte ich wirklich heulen vor Erschöpfung. Ich agiere von da an wie ein Roboter, springe von hier nach da, belustige Gäste und begrüße euphorisch Hrithik, der, gerade frisch angereist, ein wenig in Schockstarre verfällt. Dass er mitten in ein eingespieltes, aber mittlerweile hypernervöses Team geraten würde, konnte er ja nicht ahnen. Und dass seine Freundinnen ihn mit knappen Küsschen abspeisen würden.
    »Am besten setzt du dich einfach erst mal auf eine Bank und trinkst ein Bier«, rate ich Hrithik. Dazu lächle ich mein bestes Die-Welt-ist-schön-und-mein-Leben-perfekt-Lä-cheln. Mir selbst kommt es ein wenig künstlich vor. Aber das merkt in dem Trubel sicherlich keiner.
    »Soll ich wirklich nicht helfen?«, fragt Hrithik höflich. »Es hat mir so leidgetan, dass ich euch nicht von Anfang an begleiten und unterstützen konnte. Toll, was ihr hier alles auf die Beine gestellt habt. Läuft dieser Colin hier eigentlich irgendwo
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