Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Cop und die Lady

Der Cop und die Lady

Titel: Der Cop und die Lady
Autoren: Suzanne Sanders
Vom Netzwerk:
1. KAPITEL
    Noch ehe sie ihre Augen geöffnet hatte, wusste sie, dass irge nd etwas nicht stimmte. In ihrem Kopf rumorte ein dumpfer Schmerz, und sie lag auf einer Unterlage, die viel zu hart war, um ein Bett zu sein. Mit Mühe hob sie die Lieder, an denen Bleigewichte zu hängen schienen, und blinzelte ins grelle Licht.
    Dahinter war tiefe Dunkelheit, eine luftige Leere, von der sie wusste, dass es der Nachthimmel war. Ein kühler Wind blies ihr ins Gesicht. Und plötzlich wurde ihr klar, dass sie im Freien lag. Was war passiert?
    Irgend jemand kniete neben ihr. Sie versuchte, sich aufzusetzen, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie war sehr, sehr müde. Viel einfacher war es, hier liegen zu bleiben … Mühevoll versuchte sie den Kopf zu drehen, doch ihre Muskeln weigerten sich, den Befehl auszuführen. Panik wallte in ihr auf. Dann legte sich eine Hand unnachgiebig und doch sanft an ihr Gesicht. Fingerspitzen fuhren langsam ihren Hals entlang und tasteten nach der Halsschlagader.
    „Halten Sie durch, Sweetheart, alles wird wieder gut”, hörte sie. Die Stimme war tief und ruhig. Ihre Panik ebbte ab. Der Mann fuhr fort, leise und tröstlich auf sie einzureden. Sie war kalt wie ein Eiszapfen, es war eine Kälte, die von außen zu kommen schien, nur die Stelle am Hals, auf der die Hand des Fremden lag, war warm. Ihre Augenlider flatterten, dann fielen sie wieder zu. Es gab keinen Grund zur Aufregung, sie war nicht allein.
    Wenig später spürte sie eine Unruhe, die ihr verriet, dass noch weitere Leute hinzugekommen waren. Irgend jemand breitete eine Decke über sie, und sie wurde hochgehoben. „Keine Angst, Ihnen passiert nichts”, sagte jetzt eine andere, eine Frauenstimme. „Sie hatten einen Unfall. Wir bringen Sie ins Krankenhaus.”
    Ein Unfall. Man brachte sie ins Krankenhaus. Sie erinnerte sich schwach, dass da irgend etwas gewesen war … irgend etwas, aber sie wusste nicht, was.
    Unsicher tastete sie im Nebel ihrer Erinnerung herum, der sie zu verschlingen drohte. Ja, richtig, nun erinnerte sie sich wieder. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und flüsterte heiser: „Hoffentlich trage ich meine gute Unterwäsche.”
    Nachdem ein kurzes, überraschtes Auflachen an ihre Ohren gedrungen war, wurde es wieder Nacht um sie.
    Mike Novalis sah dem zuckenden Rotlicht des Krankenwagens hinterher, bis es in der Ferne verschwunden war. Polizeibeamte mit gezückten Notizblöcken wuselten herum und versuchten aus der kleinen Menschenmenge, die sich am Ort des Geschehens eingefunden hatte, etwas herauszulocken. Novalis schnitt eine Grimasse. Selbst um ein Uhr morgens und in der heruntergekommensten Gegend der Stadt gab es noch immer Leute, die nichts Besseres zu tun hatten, als zu gaffen. Sirenen und rotierendes Warnlicht, die Witterung von Gewalt und Gefahr schienen auf gewisse Menschen eine geradezu magische Anziehungskraft auszuüben. Und du stehst hier mitten unter ihnen, sagte sich Novalis. Wo war eigentlich der Unterschied? Es war eine Frage, die er sich schon früher gestellt hatte. Und es fiel ihm immer schwerer, sie zu beantworten.
    Er schauerte zusammen. Es war kalt, und er war so eilig aus dem Haus gestürzt, dass er es gerade noch geschafft hatte, sich eine Jacke über sein verknittertes T-Shirt zu werfen. Nun wünschte er, er hätte sich einen Pullover angezogen. Die Luft war feucht und frostig, und es war neblig. Während er den Jackenkragen hochstellte, beeilte er sich, zu seinem Auto zu kommen.
    Ein Polizist, ein junger Schwarzer mit kurzgeschorenen Haaren, rannte geschäftig an ihm vorbei. Novalis seufzte. Mit Sicherheit ein Grünschnabel, der noch nicht lange genug bei der Polizei war, um zu wissen, dass Schießereien ihr täglich Brot waren. Novalis rief den jungen Mann zurück.
    „Ja, Lieutenant?”
    Novalis ließ sich die Dienstmarke zeigen, warf einen Blick auf den Namen und deutete dann mit dem Kopf auf die Menschenmenge, die sich langsam aufzulösen begann. „Schon irgendwas von Bedeutung rausgefunden, Simms?”
    „Bis jetzt noch nicht. Angeblich hat keiner was gesehen”, gab Simms zurück.
    „Aber wir haben den Kerl, der die Polizei alarmiert hat. Mein Partner nimmt gerade seine Aussage auf.”
    Novalis, der gegen sein Auto gelehnt stand, zögerte einen Moment. Seine Anwesenheit hier war nicht länger erforderlich. Er konnte nach Hause gehen und wieder unter die Decke kriechen - den Polizeifunk abgestellt diesmal - und versuchen zu schlafen. Dann dachte er an die Frau in dem Krankenwagen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher