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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister
Autoren: Wolfgang Teltscher
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sie wisse nicht, wo ihre Mutter sei und sie mache sich Sorgen. Es passiert wohl öfter, dass Vera für ein paar Tage verreist und niemandem etwas davon sagt, aber nun ist sie schon über eine Woche weg und hat sich nicht gemeldet.«
    Falkenberg hatte keine Autorität in seine Stimme gelegt, er wusste, dass er einem Kommissar im Ruhestand keinen dienstlichen Auftrag erteilen konnte. Er war ein ehemaliger Vorgesetzter und Marder sein ehemaliger Mitarbeiter, heute waren sie Freunde, die sich über frühere Fälle und frühere Zeiten unterhielten. Marder kam Falkenberg entgegen.
    »Erich, wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du, dass jemand nachschaut, was da in Barsinghausen vor sich geht.« »Ja, das wäre mir wichtig. Auch wenn es keine Vermisstenanzeige gibt, fällt es mir schwer, das Verschwinden von Vera Matuschek zu ignorieren. Schließlich war sie die Frau eines Kriminalkommissars, der unter ungewöhnlichen Umständen ums Leben gekommen ist. Wer weiß, vielleicht hat ihr Verschwinden doch etwas mit dem Beruf ihres Mannes zu tun.«
    »Du meinst, wenn etwas Schlimmes geschehen sollte oder schon geschehen ist, dann soll hinterher keiner sagen können, die Kriminalpolizei hätte sich nicht darum gekümmert.«
    »Damit hast du nicht ganz unrecht. Ich muss gestehen, dass ich ein ungutes Gefühl habe. Ich denke, wir schulden es unserem ehemaligen Kollegen, seine Hinterbliebenen im Auge zu behalten, ganz egal, ob er ein schwieriger Mensch war oder nicht. Ich habe im Moment bei der knappen Personaldecke niemanden, den ich wegen einer vagen Sorge meinerseits mit diesem Fall betrauen kann, deswegen dachte ich, ich frage dich mal, wie du das siehst.«
    Wenn Falkenberg eine Schwäche hat, dachte Marder, dann ist es seine Anteilnahme an den Problemen der, die für ihn arbeiten oder gearbeitet haben. Zu viel Mitgefühl kann sich ein Polizeibeamter in einer so bedeutenden Position eigentlich nicht leisten …, trotzdem, gerade wegen seiner Menschlichkeit schätze ich ihn besonders. Vielleicht sogar war die Fürsorge für seine Mitarbeiter ein Grund für seinen Aufstieg in der Behörde, auch wenn sie gegen den allgemeinen Trend ging.
    Marder überlegte, ob er für die nächsten Tage oder Wochen unaufschiebbare Pläne hatte. Außer dem täglichen Aufenthalt auf seiner Terrasse, den gelegentlichen Fahrradausflügen mit seiner Frau sowie den Besuchen in seinem Lieblingsstehcafé in der Fußgängerzone fiel ihm nichts Wichtiges ein.
    »Erich, ich soll also versuchen, Vera Matuschek auf die Spur zu kommen?«
    »Ja, damit würdest du mir einen großen Gefallen tun. Du bekommst natürlich den vollen Spesensatz für die Reise und alle Unkosten, ein Gehalt kann ich dir allerdings nicht an bieten.«
    Damit hatte Marder ohnehin nicht gerechnet, mit Spesen war er mehr als zufrieden, er würde die Suche nach Vera als einen Abenteuerurlaub betrachten. Yoga-Schule und Universität hatten noch nicht wieder begonnen, und zum Ende der Ferien würde er bestimmt wieder in Stade sein.
    Eine Frage blieb noch.
    »Erich, warum willst du nicht Brenner beauftragen, Vera zu suchen?«
    »Das geht auf keinen Fall. Erstens ist diese Sache, wie gesagt, keine amtliche Angelegenheit, und zweitens, selbst wenn es eine wäre, würde ich Brenner da heraushalten wollen. Durch seine Freundschaft mit Anja Matuschek ist er persönlich involviert, und du weißt, dass es nie gut ist, persönliche Affären mit dienstlichen Vorgängen zu vermischen. Es spricht natürlich nichts dagegen, dass du dich mit ihm unterhältst, wenn du in Barsinghausen bist.«
    »Pass auf, Erich, gib mir ein bisschen Zeit, ich möchte die ganze Sache mit Iris besprechen. Sie hat sich schon auf die Fahrradtour gefreut, die wir in den nächsten Tagen machen wollten. Ich rufe dich morgen wieder an und gebe dir Bescheid, ob Kommissar Marder ein Comeback feiern wird.«
    Marder konnte Erich Falkenberg am anderen Ende der Telefonverbindung erleichtert aufatmen hören.
    »Manfred, sag deiner Frau, wir werden einen gemeinsamen Ausflug durch die Heide machen, wenn diese Sache erledigt ist. Für ein langes Wochenende, wann immer es euch passt.«

Kapitel 3
    Vor dem Einschlafen klärte Marder die Lage mit seiner Frau. Meistens lasen sie abends im Bett noch eine Weile. Das war eine der schönen neuen Gewohnheiten, die den Charme des Ruhestands ausmachten. Manchmal, wenn er oder Iris einem besonders spannenden Buch verfallen war, konnte es nach Mitternacht werden, bis sie das Licht der Nachttischlampen
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