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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister
Autoren: Wolfgang Teltscher
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aus der Zeitung.«
    Marder war klar, wer der Mann aus Hannover war. Falkenberg hatte nie erwähnt, dass er zu Matuscheks Beisetzung gefahren war, und Marder hatte das Thema in ihren Gesprächen vermieden. Er selbst hatte nicht das Verlangen gehabt, an der Trauerfeier teilzunehmen, wegen seiner Fassungslosigkeit über das Verhalten der Familie war er nach der Aufklärung des Selbstmordes sofort nach Hause abgereist.
    »Sagen Sie, haben Sie eine Ahnung, wie es Frau Matuschek und den Kindern geht und was sie gemacht haben, seit Herr Matuschek tot ist?«
    Marder stellte diese Frage vor allem, weil ihn interessierte, ob sich das Verschwinden von Vera Matuschek herumgesprochen hatte.
    »Um ehrlich zu sein, ich weiß so gut wie nichts über diese Familie. Frau Matuschek hatte vor dem Tod ihres Mannes kaum Kontakt mit den Leuten in der Nachbarschaft und danach erst recht nicht. Irgendjemand hat mir einmal erzählt, dass sie einen neuen Freund hätte.«
    »Und wer ist dieser Freund?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, vielleicht stimmte es nicht einmal. Ich habe sie jedenfalls nie mit jemand zusammen gesehen, aber ich bin ihr in der ganzen Zeit höchstens zwei-oder dreimal in der Stadt begegnet. Gesprochen haben wir mit einander sowieso nie, obwohl sie ganz in der Nähe wohnt.«
    »Wissen Sie etwas über die Kinder, Anja und Bertram?«
    »Nur das, was damals in der Zeitung stand. Wenn ich mich recht erinnere, arbeiteten der Sohn beim Forstamt und die Tochter als Krankenschwester im Krankenhaus in Gehrden. Etwas anderes habe ich inzwischen nicht gehört, aber das muss nichts heißen. Wenn sich bei den Matuscheks etwas geändert hat, würde ich es sowieso nicht wissen.«
    »Es hört sich so an, als lebten die Matuscheks in ihrer eigenen Welt. Das kann man nach dem Selbstmord ihres Vaters verstehen, es war für sie bestimmt nicht leicht, mit der Situation fertig zu werden. Vielleicht haben sie sich auch wegen ihres Verhaltens geschämt.«
    »Dafür hätten sie auch allen Grund gehabt. Sie hatten ganz bestimmt ein schlechtes Gewissen, egal, ob sie dem Gesetz nach schuldig waren oder nicht.«
    »Übrigens, sollte Ihnen noch irgendetwas zu der Familie einfallen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir das sagten. Auch Gerüchte interessieren mich.«
    Marder hatte nicht vergessen, dass es Frau Thann gewesen war, die ihm ein Gerücht über einen Streit bei den Matuscheks erzählt hatte, welches sich als der entscheidende Hinweis herausstellte, um den Fall aufzuklären.
    Frau Thann hatte längst begriffen, dass der Kommissar, der sich offiziell im Ruhestand befand, die Fragen nach der Familie Matuschek nicht aus privater Neugier stellte.
    »Ich wusste doch, dass Sie nicht hierher gekommen sind, um Urlaub zu machen. Oder?«
    Marder blickte Frau Thann freundlich an, bestätigte jedoch nichts. Er ignorierte das »Oder?«. Um von ihrer Frage abzulenken, erzählte er ihr ein wenig über die Abenteuer seines Lebens im Ruhestand.
    Zwei Tassen Kaffee und sieben Kekse später machte sich Marder auf die Suche nach der Katze des Hauses. Brisbane lag zusammengerollt auf einem Sessel auf der Terrasse, so wie Frau Thann es beschrieben hatte. Marder sah auf den ersten Blick, dass Brisbanes Fell nicht mehr so geschmeidig und glänzend aussah wie im vorletzten Herbst. Als Marder mit der Hand darüberfuhr, fühlte es sich rau und stumpf an. Er spürte Knoten im Fell. Er wusste von dem Kater, der früher bei ihnen gewohnt hatte – sein Name war Tatze gewesen –, dass Katzen von einem bestimmten Alter an weniger penibel mit ihrer Körperpflege sind. Sie ignorieren dann die verfilzten Stellen in ihrem Fell, die sie in ihren besseren Jahren so lange lecken, bis sie sich glätten.
    Brisbanes Körper zuckte, als er die Hand fühlte, dann öffnete er seine Augen, um zu sehen, wer ihn im Schlaf störte. Er gab kein Zeichen von Freude über das Wiedersehen mit dem Mann, der ihn streichelte. Marder war enttäuscht, der Kater hatte ihn vermutlich aus seiner Erinnerung ge strichen.
    Die Sonne war hinter die Hügel des Deisters gesunken. Die Luft hatte sich auf neunundzwanzig Grad abgekühlt, was Marder auf dem Thermometer an der Außenseite der Glastür ablas. Er empfand die Abendluft kühl und erfrischend, nach einem Tag, an dem die Temperaturen fast vierzig Grad erreicht hatten. Er ließ sich auf einem Sessel nieder, von dem aus er Brisbane im Auge behalten konnte. Vergeblich versuchte er den Zustand der Entspannung zu finden, in dem der Kater sich
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