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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister
Autoren: Wolfgang Teltscher
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ihres Mannes auf die Suche nach einem neuen Mann gegangen war. Einzelheiten wusste sie nicht, nicht einmal, ob sie dabei Erfolg gehabt hatte. Brenner fand dieses Verhalten von Vera Matuschek nicht korrekt, obwohl es ihn eigentlich nichts anging. Eine Witwe sollte seiner Meinung nach eine großzügig bemessene Trauerfrist verstreichen lassen, bevor sie sich anderen Männern zuwandte. Er selbst habe sogar eine gewisse Zeit vergehen lassen, bis er den Schrebergarten seines Vaters nach dessen Tod gekündigt hatte. Anja sah das anders: Sie sagte, weder sie noch ihre Mutter fühlten sich verpflichtet, das Andenken an Alfred Matuschek zu pflegen, zu ehren gäbe es ohnehin nichts an einem Mann, der sie beide ihr Leben lang ignoriert hatte. Wenn Brenner ehrlich war, machte ihm diese Einstellung Anjas große Sorgen. Er war der Ansicht, dass Kinder ihren Eltern zu Dank und Liebe verpflichtet waren, auch wenn diese in der Erziehung nicht alles richtig gemacht hatten. Trotz dieser Meinungsunterschiede liebte er Anja innig und hoffte, dass sie eines Tages einsehen würde, dass er im Recht war.
    Er wusste von Anja, dass ihre Mutter hin und wieder von der Bildfläche verschwand. Anja sagte, daran hätte sie sich gewöhnt und würde das akzeptieren, meistens bemerke sie es nicht einmal. Wenn die Mutter nach drei oder vier Tagen zurückkam, erzählte sie nie, wo sie gewesen war. Vermutlich steckte ein Mann dahinter.
    Vor ein paar Tagen hatte Anja allerdings gemeint, die jetzige Situation sei beunruhigend, da Vera seit mehreren Tagen nicht ans Telefon ginge. Anja fuhr zu ihrem Haus, aber ihre Mutter war nicht dort. In der Wohnung sei alles so gewesen wie auch sonst, wenn Vera verreist war. Weil Anja sich Sorgen machte, tat es Burt Brenner ebenfalls, und er beschloss zu reagieren.
    Jetzt allerdings war er sich nicht mehr sicher, ob er das Richtige getan hatte. Er hatte Veras Abwesenheit während einer dienstlichen Unterhaltung mit seinem Chef Erich Falkenberg in der Polizeidirektion Hannover erwähnt. Er wusste, dass sein Vorgesetzter an der Familie Matuschek interessiert war, weil der sich gelegentlich nach ihnen erkundigte. Falkenberg fühlte sich offensichtlich für das Leben der Hinterbliebenen des toten Kommissars mitverantwortlich. Warum das so war, wusste Brenner nicht, und er traute sich nicht, danach zu fragen. Falkenberg versicherte Brenner, er würde sich um Veras Verschwinden kümmern. Brenner war froh darüber, obwohl er keine Ahnung hatte, was Falkenberg damit meinte. Falkenberg fügte noch hinzu, dass er, Brenner, sich selbst nicht damit befassen solle.
    Heute Morgen hatte sich Kommissar Marder bei ihm telefonisch gemeldet. Er sei eher zufällig in Barsinghausen und würde gern einmal bei ihm vorbeischauen, am besten noch am Vormittag, so um elf herum. Da war Brenner klar, was Falkenberg mit »kümmern« gemeint hatte. Kommissar Marder hatte ihn während seiner Nachforschungen zum Tod von Matuschek mehrfach befragt, eher verhört, und Brenner hatte dabei das Gefühl bekommen, er gehöre zu den Verdächtigten. Als Motiv für solch eine unsinnige Tat vermutete Marder aufgestauten Frust, weil Brenner dem Kommissar gegenüber nicht verheimlichen konnte, dass er sich durch Matuschek am Weiterkommen behindert fühlte. Das mit dem Frust war korrekt, aber ein Mord an seinem Vorgesetzten wäre für Brenner unvorstellbar gewesen, eher wäre er Sozialhilfeempfänger geworden. Sein Job war es, Verbrechen aufzuklären und Täter zu finden – nicht, Verbrechen zu begehen. Wegen dieses lächerlichen Verdachts, den Marder kaum verborgen hatte, konnte Brenner den Kommissar aus Stade nicht besonders gut leiden; sonst fiel ihm nichts ein, was gegen Marder sprach.
    Nun war es elf Uhr. Brenner glaubte Marders Stimme auf dem Flur zu hören. Der Besucher unterhielt sich mit Heiko Dauer, dem jungen Kollegen, der ihm direkt zugeordnet war. Brenner verstand nicht, warum sich der Kommissar mit seinem Assistenten aufhielt, dieser Jüngling wusste ganz bestimmt nichts über die Familie Matuschek, er war erst seit einem knappen Jahr in dieser Dienststelle. Vorher hatte er in Aurich als Berufsanfänger bei der Kripo gearbeitet. Dauer war bestimmt nicht der hellste Kopf in der Nachwuchsriege der Kriminalpolizei, jedenfalls nicht nach Brenners Meinung, und das würde er auch in die Beurteilung am Jahresende einfließen lassen. Er hätte ihn nie als Mitarbeiter ausgewählt, aber er musste in Personalfragen die Entscheidungen der Zentrale akzeptieren.
    Es
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