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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld
Autoren: James Sallis
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war), schoss ich einen Mann tot.
    Interessanterweise wurden außerhalb meines eigenen Kopfes nur wenige Fragen gestellt, und nichts davon unterlag je irgendeiner Nachprüfung. Aber direkt nach Zigeunern und Seeleuten sind Polizisten die abergläubischsten Menschen der Welt. Und während ich noch neu auf der Liste der Guten war, zu denen in einer seltsamen, abstrakten Art aufgeblickt wurde, war eine Sache seltsam: Niemand wollte mein Partner sein.
    So fuhr ich also eine Weile, in offener Verletzung der allgemeinen Dienstvorschriften, allein in den besten Fahrzeugen, die das Department zu bieten hatte. Auch wenn ich nun Detective war, verbrachte ich doch den größten Teil meiner Schicht mit Routineeinsätzen.
    Was als Nächstes passierte, ist mir bis heute nicht klar, jedenfalls wurde irgendwo (völlig willkürlich, wie ich basierend
auf meiner Erfahrung mit Bürokratien vor-und nachher vermute) eine Entscheidung getroffen, und ich fand mich an der Seite von Jungs wieder, mit denen niemand sonst zurechtkam. Gleich und gleich gesellt sich gern? Oder vielleicht kamen sie auch zu mir als letzter, verzweifelter Versuch der hohen Tiere des Departments, sie doch noch loszuwerden. Wir reden hier über Anfänger, zu dumm für Gilligan’s Insel, über Gesetzeshüter, denen der archetypisch gute Polizist Andy nicht mal eine Kugel anvertrauen würde, Rabauken frisch vom Schulhof, ungehobelte Südstaatler, die zwar aufstanden, wenn Damen und Ältere den Raum betraten, in deren Köpfen aber ununterbrochen Filme wie Mein großer Freund Shane oder Ritt zum Ox-Bow abliefen.
    Dann blickte ich eines Morgens nach rechts, so kam’s mir wenigstens vor, und da saß dann Gardner. Wir waren gerade zurück von einem Einsatz wegen unzulässiger Ruhestörung, bei dem ich ihm freie Hand gelassen hatte, und der Junge hatte seine Sache gut gemacht.
    Du musst in ihre Haut schlüpfen, so wie in einen Morgenrock oder ein altes T-Shirt, erklärte er mir. Wenn du nur da draußen rumstehst und glotzt, hast du weder die Chance, dass du was siehst, noch dass sie dir vertrauen.
    So was bringen sie euch heutzutage bei?
    Direkt nach dem Würgegriff, sagte er.
    Zu dem Zeitpunkt fuhren wir bereits zwei bis drei Monate zusammen Streife. Warum war er anders als die anderen? Ich bin mir gar nicht so sicher, dass er es überhaupt war. Vielleicht lag’s ja auch an mir selbst: Vielleicht war ich einfach nur an dem Punkt angelangt, an dem ich wieder engere Bindungen zu anderen aufbauen konnte. Oder vielleicht war
es dieser Hurensohn, der einfach nicht aufgegeben hat. Ich tat alles, um ihn zu ignorieren, zu frustrieren, ihn zu erniedrigen, und er saß einfach nur da, nippte an seinem Kaffee und lächelte, fragte, was ich zum Mittagessen wollte. Während ich drauf und dran war, mich in Nabors zu verwandeln.
    Wie ich selbst stammte Gardner aus der tiefsten Provinz. Doch während ich Städte liebte und brauchte oder es mir zumindest einbildete, gewöhnte er sich nie an das Stadtleben. Ein Teil von ihm lief immer irgendeinen Schotterweg an irgendwelchen Bahngleisen entlang und kaufte sich in einem Angelladen einen kühlen Drink. Er war ein guter, einfacher Mann.
    Eines Morgens beim Kaffee eröffnete Gardner mir, dass er kündigen werde. Sein Mädel zu Hause hatte ihm geschrieben, sie sei schwanger. Er fuhr hin, fand ziemlich schnell raus, dass sie nicht schwanger war, sondern nur einsam, und tauchte kurz darauf wieder in Memphis auf. Ich fuhr inzwischen mit jemand anderem, aber wir blieben in Kontakt. Seit dieser Sache ließ ihn sein Herz nie wieder so richtig zurück in den Job.
    Eines Nachts, als er allein auf Streife war, wurde er wegen einer Ruhestörung in ein Motel gerufen, ein Zank zwischen einer Prostituierten namens L’il Sal und ihrem Freier. Alle von uns kannten L’il Sal. Sie machte aus Schwarz Weiß und konnte die Sonne bezirzen unterzugehen, wenn es ihr etwas nützte. Entweder hatte Gardner alles vergessen, was er über L’il Sal wusste, oder es war ihm egal. Jedenfalls hörte er sich gerade ihre Geschichte an, als ihr Freier ihn von hinten angriff und ihm mit einem Klappmesser die Kehle durchschnitt.

Kapitel Fünf
    »Normalerweise würden wir das hier so machen, dass die State Police jemanden rüberschickt. Die Highway Patrol. Aber die haben gerade zu wenig Leute. Einige Jungs sind kurzfristig krank, ein paar andere in Virginia zur Fortbildung. Ganz zu schweigen von den Ersatzleuten für ihre eigenen Fälle. Irgendwer wird schon kommen, sagte mir der
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