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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld
Autoren: James Sallis
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aufhört?«
    »Gibt’s da’nen Unterschied?«
    In diesem Moment wusste ich, dass ich ihn mochte. Sie beide mochte. Alles, was ich wollte, war, in Ruhe gelassen zu werden, und ich hatte enorme Schritte unternommen, um genau das sicherzustellen. Selten hatte ich mich beim Herumstreunen weit von der Hütte entfernt, hatte mir die Lebensmittel monatlich liefern lassen. Das Letzte, was ich wollte, war, noch einmal Teil einer Ermittlung zu sein, im Leben anderer Leute herumzuwühlen, in ihrem Schlamassel und Fehlverhalten, im Irrsinn anderer Menschen, anderer Seelen.
    »Warum bringen Sie mich nicht auf den aktuellen Stand?«, schlug ich vor.
    »Kannst nach Hause gehn«, sagte Bates zu dem Deputy. »Weiß zu schätzen, dass du die Stellung so lange gehalten hast. Das Abendessen wird mit jeder Minute kälter.«
    »Das gilt auch für dich. Ich bleibe«, sagte Don Lee.

Kapitel Vier
    Nabors kam durch, er überlebte die Schüsse, ist damit gemeint, aber er kehrte nie wieder zurück in den aktiven Dienst. Montags, an meinem freien Tag, besuchte ich ihn in der Reha-Klinik draußen in Whitehaven. Getrimmte, unglaublich grüne Rasenflächen mit Sprinklern, die wie Mini-Geysire losgingen, und gedrungene, hässliche Häuser. Hab nie rausgefunden, woraus sie gebaut waren, aber sie erinnerten mich an Legosteine. Ärzte mit sanften Händen und Kolonnen von ondulierten, elegant wimperngetuschten jungen Krankenschwestern bedienten die Automatiktüren. Alle hatten sie den Mund voll mit einem Brei aus Trost für beide, Besucher und Patienten, deren Klumpen guter Ratschläge sie gar nicht schnell genug ausspucken konnten.
    Im Polizeirevier wussten plötzlich alle, wer ich war. Alte Bullen, die mich vorher betont ignoriert hatten, die, wie so oft, nach Schweißsocken, fadem Bourbon oder Bier, Aftershave oder der Nutte der vergangenen Nacht stanken, nickten mir in der Umkleide zu. Zwei Schichten hintereinander fuhr ich in einem Streifenwagen mit, der nicht nach links zog oder neue Reifen brauchte, und wurde stadtauswärts eingesetzt. Wusste so richtig, dass ich ein gemachter Mann war, als Fishbelly Joe - der blinde Albino, der, solange man denken kann, vor der Wache seinen Hot-Dog-Stand hatte - mein Geld ablehnte.

    Dann, eines Montagnachmittags, als ich mich zum 3-11 meldete, hieß es, ich solle zum Captain kommen.
    »Ich persönlich halte es für einen Fehler, Turner«, sagte er. »Du bist noch nicht so weit. Aber man hat dich zum Detective befördert.«
    Ich war zu dem Zeitpunkt wie viel, vielleicht drei, vier Monate Polizist? Die meisten Männer, mit denen ich zusammenarbeitete, waren zehn, zwanzig Jahre älter, und fast alle lebten für ihren Job. Kein Wunder, dass sie gezögert hatten, mich zu akzeptieren, und auch jetzt erst langsam damit anfingen.
    Hab ich jemals auch nur für einen Moment begriffen, dass es eine Wiederholung dessen war, was beim Militär passiert war? Nein. (Aber wieso habe ich das nicht kapiert?) Da war ich - und wechselte bereits nach wenigen Wochen direkt von der Grundausbildung zu den Spezialeinheiten, wie in einer dieser Fernsehshows, wo die Ereignisse sich überschlagen, als versuchten sie, einander zu überholen.
    Ich lerne schnell, habe einen eigenartigen Verstand, der direkt zur Sache kommt. Während andere noch immer ins Schwimmen geraten und ihre Bauchplatscher machen, laufe ich rum und sehe gut aus - aber ich kratze nur an der Oberfläche, nie weiter drunter.
    Zu dem Zeitpunkt, erinnere ich mich, hatte ich gerade mal genug Training und fast keine Erfahrung. Und die Tatsache, dass Nabors und ich die Regeln übertreten hatten, war etwas, das ich nicht in meinen Kopf reinbekam. Das ging so weiter, jede Minute, in jeder Schicht, jeden Tag. Niemand arbeitete streng nach Vorschrift. Du kürzt ab, die
Jury wird zusammengebastelt, du improvisierst, tust so als ob, kommst damit durch. Aber wenige dieser Abkürzungen enden mit einer tödlichen Schießerei und einem älteren Officer, der zu Boden geht. Ich bin wieder und wieder im Kopf die Fehler durchgegangen.
    Wir sollten immer zusammenbleiben. Wir hätten beide gemeinsam reagieren müssen.
    Als ich das Gefühl hatte, dass da gerade etwas ziemlich schieflief, ging ich rein, ohne Verstärkung zu rufen.
    Ich versäumte es, den Anordnungen meines älteren, erfahreneren Partners Folge zu leisten.
    Nachdem ich dann weiterhin versäumte, mich zu erkennen zu geben oder einen Warnschuss abzufeuern (was damals, vor dem Verfahren Garner gegen den Staat Tennessee, die Regel
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