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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld
Autoren: James Sallis
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Naturgemäß wäre Don Lee schon vor Stunden gegangen. Lisa hätte sein Fleisch und die Kartoffeln fertig auf dem Tisch stehen, und er wäre bereits auf der Couch bei seinem zweiten Bier, während sie in der Küche den Abwasch macht. Aber solange ich nicht da bin, sitzt er fest.«
    Bates zog den Jeep hart nach rechts, wir schleuderten auf etwas, das man hier Highway nennt, und nahmen Fahrt auf. Unmittelbar danach schaltete er allerdings wieder runter und bremste.
    »Brauchst du da Hilfe, Ida?«
    Ein Buick wie ein Oxford-Herrenschuh, cremefarben auf blau, Oldtimer, circa 1948, stand qualmend auf dem rechten Fahrstreifen. Eine ältere Dame, ganz in Weiß, ein deutlich älterer Jahrgang, stand daneben.
    Sie trug einen Hut, in dem man gerne Ostereier verstecken würde.
    »’türlich nicht. Muss ihn nur runterkühlen lassen, wie immer.«
    »Hab ich angenommen. Sag Karl’nen Gruß von mir.«
    »Ich richt’s aus. Wenn er’s hört …«
    Ungefähr eine Meile weiter sagte der Sheriff: »Damals
in Memphis hatten Sie die höchste Mord-Aufklärungsrate der ganzen Truppe.«
    »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht.«
    »Ich bin es nicht gewohnt, Hilfe hinzuzuziehen. Also bin ich vorsichtig damit.«
    »Dann wissen Sie auch, dass nicht ich es war, es waren wir. Alles, was nicht pures Glück war, ist in erster Linie meinem Partner zu verdanken. Während ich in Eingebungen schwelgte, stand er mit beiden Beinen fest am Boden und dachte die Dinge methodisch durch.«
    »Das wäre dann Randy gewesen - richtig?«
    Ich nickte.
    »Wie ich schon sagte, ich sehe kein Land mehr. Expertise, Glück, Intuition - wir nehmen, was immer Sie haben.«
    Wir kamen von Norden rein, auf verlassenen Straßen. »Pop. 1280« stand auf einem Schild. Fuhren vorbei an Jay’s Diner mit den wenigen, weit auseinander parkenden Autos und Trucks davor, der Drugstore und die Eisenwarenhandlung waren schon dunkel, vorbei an A&P, Dollar Store, Baptisten-Kirche und Tankstelle. Hielten hinter dem Rathaus an. Einstöckiger Fertigbau, grau gestrichen. Haben wahrscheinlich eine Woche gebraucht, es aufzustellen, und da steht es nun für die Ewigkeit, solange Kleber eben hält. Der Anstrich war neu und gehuscht, mit einem leichten Hauch grauen Raureifs auf den Büschen daneben. Drau ßen stand ein einzelner Schwarz-Weißer dicht dran. Drinnen saß ein hochgewachsener Mann in Polyester, das sich bemühte, wie Khaki auszusehen, dicht am Schreibtisch. Darauf standen ein Radio, ein zehn Jahre alter Apple Computer und ein Stapel Magazine, von denen er eines gerade
durchblätterte. Er sah auf, als wir hereinkamen. Feuchte braune Augen, die mich an einen Spaniel erinnerten, rötliches Gesicht, schmal und glatt wie eine Schaufel, dünnes Haar. Aber irgendwie hatte er etwas Elektrisches an sich. Funken und kleine Stromverbindungen sprühten durch die Gegend, unbemerkt.
    »War irgendwas los?«, fragte Bates.
    »Was man so erwartet.’n paar kleine Unfälle am Feierabend. Die alte Lady Siler hat ihr Portemonnaie als gestohlen gemeldet, aber dann ist ihr wieder eingefallen, dass sie es in den Kofferraum ihres Autos eingeschlossen hatte. Ich bin mit dem Ersatzschlüssel hin, wie immer. Jimmy Allen tauchte gegen Abend am Haus seiner Frau auf und fing an, gegen die Tür zu bollern. Dann versuchte er, ihr Auto zu stehlen. Als ich ankam, hatte er zwei Kabel aus dem Radio gepult und war damit beschäftigt, den Wagen kurzzuschließen.«
    »Wie ich Jimmy kenne, hat er dazu mindestens’ne Stunde gebraucht.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Isser hinten?«
    »Total breit.«
    »Geht das so weiter, kann Jimmy sich seine Post gleich hierhin zustellen lassen.«
    Bates ging rüber und schaltete drei der vier Lichtschalter an der Tür aus. Der größte Teil des Raumes verdunkelte sich und ließ nur uns und den Schreibtisch in einem Lichtkegel zurück, an dessen Rand die Schatten hüpften und schwankten.
    »Don Lee, dies hier ist Mr. Turner.«

    Der Deputy streckte ein feste, hagere Hand aus, die ich ergriff. Ein guter Händedruck, keine Show dabei, einfach nur das, was es war. Wie der Mann selbst, nahm ich an.
    »Schön, dass Sie dabei sind, Detective.«
    »Einfach nur Turner, bitte. Ich bin schon lange kein Detective mehr.«
    »Hoffe, Sie sagen uns jetzt nicht, dass Sie vergessen haben, wie das geht«, sagte Bates.
    »Nein. Was passiert ist, ist wohl eher, dass man aufhört zu glauben, es habe etwas zu bedeuten.«
    »Und, tut es das?« Das kam jetzt von Don Lee.
    »Dass es etwas bedeutet oder dass es
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