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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Die Flußpiraten des Mississippi

     
Vorwort
    Schon in früheren Zeiten, als die westlichen Staaten noch als Territorium der Union galten, Dampfboote die Wasser jener mächtigen Ströme noch nicht aufwühlten und nur unbehilfliche Kiel- und Flatboote – oft auch sehr passend Archen genannt – die Handelsverbindung im Innern unterhielten, hatte sich auf einer der zahlreichen Inseln dieses Stromes, Stack oder Crowsnest Island, oder Nr. Vierundneunzig, wie sie jetzt genannt wird, eine Raubbande organisiert, die nicht allein mordete und plünderte, was in ihren Bereich kam, sondern auch in ihrem Versteck eine Falschmünzerei unterhielt, von wo aus sie mit ihren Banknoten das ganze westliche Land überschwemmte. Die Gesetze waren nicht hinreichend, die Bewohner der Union zu schützen, und die Backwoodsmen mußten sich deshalb selbst helfen. Der damalige ›Navigator‹, oder das Lotsenbuch der westlichen Ströme, sagt folgendes über diese Bande:
»Stack Island, not long since, was famed for a band of counterfeiters, horsethieves, robbers, murderers etc. who made this part of the Mississippi a place of manufacture and deposit. From hence they would sally forth, stop boats, buy horses, flour, whisky etc. and pay for all in fine new notes of the ›first water‹. Their villanies, after many severe losses sustained by innocent good men, unsuspecting the cheat, became notorious, and after several years search and pursuit of the civil, and in some cases the club law, against this band of monsters, they have at length disappeared.«
    In späteren Jahren, als die Wachsamkeit der Uferbewohner nachgelassen hatte und man der früheren Insel gar nicht mehr gedachte, sammelten sie sich aber wieder weiter oben, zwischen den Staaten Mississippi und Arkansas, und verübten hier Grausamkeiten ohne Ende. In einem Lande, wo sich der vierte Teil der Bevölkerung stets auf Reisen befindet, ist es aber sehr schwer, ja fast unmöglich, einen Mord zu entdecken, da man, wenn nicht der Zufall dabei tätig ist, selten weitere Beweise hat, als daß der Mann eben fehlt. Die Seinen beweinen ihn nicht einmal, denn daß er tot sein könne, ist ihr letzter Gedanke. Sie vermuten ihn auf irgendeiner Reise nach Texas oder in andere neue Staaten und hoffen, ihn mit der Zeit zurückkehren zu sehen. Jedes Verbrechen hat aber sein Ziel; die Buben wurden durch die ungestrafte Ausübung ihrer Schandtaten nach und nach dreister, ihre Verbindung breitete sich immer mehr aus, und ihre Entdeckung mußte endlich die Folge davon sein. In Arkansas und Texas hatten sich indessen Regulatorenbündnisse gegründet, und so überfielen auch hier die nächsten Nachbarn jene Verbrecherkolonie, die Insel, und übten so fürchterliche Gerechtigkeit an den Schuldigen, daß sie alle, die sie nicht ergriffen und vernichteten, weit hinausjagten in ferne Teile Amerikas. Ein Teil der sogenannten ›Morrelschen Bande‹ stand mit diesen Flußpiraten in Verbindung; Morrel selber wurde gefangen und saß dann, wenn ich nicht irre, im Zuchthaus von Pennsylvanien oder Mississippi; das aber, was den Backwoodsmen unter die Hände fiel, kam in kein Gefängnis. Es war ein blutiger Tag, der jenen Räubereien ein Ende machte.
    Den Schauplatz habe ich nach Helena und in dessen nächste Umgebung verlegt, die wirkliche Insel befand sich aber etwas weiter unten als Einundsechzig.
Kapitel 1
    Dort, wo der Wabasch die beiden Bruderstaaten Illinois und Indiana voneinander scheidet und seine klaren Fluten dem Ohio zuführt, wo er sich bald zwischen steilen Felsufern, bald zwischen blühenden Matten und blumigen Prärien oder auch unter dem ernsten Schatten und feierlichen Schweigen des dunklen Urwaldes murmelnd und plätschernd durch tausend stille Buchten drängt, mit dem Schilf und mit einzelnen schwankenden Weidenbüschen spielt und tändelt, hier bald leise und behaglich über runde Kiesel und grüne Rasen flecken dahingleitet, bald wieder plötzlich wie in tollem Mutwillen herausschießt in die Mitte des Bettes und dort, von der Gegenströmung erfaßt, kleine blitzende Wellen schlägt und glitzert und funkelt: da lagen im Frühling des Jahres 184–, die Büchsen neben sich in das schwellende Gras geworfen, zwei Männer auf einer dichtbewaldeten Anhöhe. Im Süden stemmte sich der Bergrücken dem Lauf des Stromes entgegen und zwang ihn, brausend und scheinbar unwillig über die trotzige Hemmung, wieder seitab zu fluten; mußte er doch den starren Gesellen umgehen, der weder durch das leise,
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