Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Uhlander. »Es könnte  sich um ein Anzeichen für rasche Akkumulation okkulter Energie handeln. Solch ein Phänomen wird beispielsweise dem Poltergeist zugeschrieben. Waren Sie persönlich anwesend, als so etwas geschah?«
    »Ja. Ich glaube, es passiert jedesmal, wenn sie ihren Körper verläßt -oder in ihn zurückkehrt«, sagte Dan. Plötzlich wurde die Luft im Kino kalt. Laura hatte sich erst vor zwei oder drei Sekunden vergewissert, daß Melanies Augen weit geöffnet waren. Sie mußte sie soeben erst geschlossen haben -und schon nahte >Es<. Es mußte irgendwo auf der Lauer gelegen und nur auf diesen Moment gewartet haben. Laura packte Melanie bei den Schultern und schüttelte sie/ aber die Augen des Kindes öffneten sich nicht. »Melanie? Melanie, wach auf!« Die Luft wurde noch kälter. »Melanie!« Kälter. Einer Panik nahe, kniff Laura ihre Tochter in die Wangen. »Wach auf, wach auf!« Zwei Reihen hinter ihr rief jemand: »He, Ruhe dort drüben!« Kälter. Die Hand immer noch auf den Geldscheinen, sagte Boothe: »Sie müssen sie töten. Sie sind der einzige, der weiß, wo sie sich aufhält. Es ist das einzig Richtige, sie zu töten!«
    »Sie ist doch nur ein Kind«, entgegnete Dan. »Sie hat schon acht Menschen bestialisch umgebracht!«
    »Menschen?« Dan lachte erbittert. »Könnten Menschen ihr angetan haben, was Sie ihr antaten? Hätten Menschen sie mit Elektroschocks gefoltert? Wo haben sie die Elektroden befestigt? An ihrem Nacken? An ihren Armen? Oder an ihren Genitalien? 0 ja, ich wette, an ihren Genitalien, um die maximale Wirkung zu erzielen. Folterknechte wollen immer die maximale Wirkung erzielen, Männer? Menschen? Acht Menschen, sagen Sie? Ich glaube, daß es eine Grenze für Skrupellosigkeit und Grausamkeit gibt, unterhalb derer man nicht mehr das Recht hat, sich als Mensch zu bezeichnen.«
    Boothe weigerte sich, Dans Worte zur Kenntnis zu nehmen. »Acht Männer! Das Mädchen ist ein Monster, ein psychopathisches Monster!«
    »Melanie ist zutiefst gestört. Sie kann für ihre Taten nicht verantwortlich gemacht werden«, widersprach Dan, und er hätte es nie für möglich gehalten, daß er sich so an der wachsenden Angst und Verzweiflung von Menschen weiden könnte, wie er es jetzt beim Anblick dieser beiden Ungeheuer tat, die ihre letzte Überlebenschance dahinschwinden sahen.
    »Sie sind ein Gesetzeshüter«, rief Boothe wütend. »Es ist Ihre Pflicht, Gewalt zu verhindern.«
    »Ist es denn keine Gewalttat, ein neunjähriges Kind zu erschießen?«
    »Aber wenn Sie sie nicht töten, wird sie uns töten!« schrie Boothe. »Zwei Tote statt einer. Wenn Sie sie erschießen, retten Sie ein Menschenleben.«
    »Ich soll Menschenleben gegeneinander aufrechnen? Eine interessante Idee«, sagte Dan. »Wissen Sie, Mr. Boothe, ich könnte wetten, daß der Teufel Sie in der Hölle zum Buchhalter für die Seelen macht.«
    Das Gesicht des weißhaarigen distinguierten Verlegers verzerrte sich zu einer grotesken Maske aus Haß und ohnmächtiger Wut, und er schleuderte sein Whiskeyglas nach  Dan. Dan duckte sich, das Glas fiel ein ganzes Stück hinter ihm auf den Boden und zerbrach beim Aufprall. »Sie gottverdammtes saublödes Arschloch!« keuchte Boothe. »Aber, aber«, sagte Dan. »Nur gut, daß Ihre Freunde aus dem Rotary Club Sie nicht gehört haben. Sie wären schockiert.«
    Boothe wandte sich abrupt ab und starrte in die Dunkelheit, wo die Bücher geduldig auf ihren Regalen standen. Er zitterte vor Wut, gab aber keinen Ton mehr von sich. Dan hatte alles erfahren, was er wissen mußte. Nun hielt ihn hier nichts mehr.
    Laura konnte Melanie nicht aufwecken. Andere Kinobesucher regten sich über sie auf, riefen »Pssst!« und »Ruhe!« Laura ignorierte sie, aber so sehr sie sich auch bemühte, es gelang ihr nicht, Melanie auch nur ein Murmeln oder ein Blinzeln zu entlocken, Earl war aufgestanden und hatte seine Hand auf die Waffe unter seinem Mantel gelegt.
    Laura blickte gehetzt nach allen Seiten und wartete auf  die erste Demonstration einer okkulten Kraft. Aber plötzlich wurde die Luft wieder warm, ohne daß etwas geschehen war.
    Was auch immer vor wenigen Sekunden im Kino gewesen sein mochte, hatte sich wieder zurückgezogen. Uhlander starrte jetzt wieder auf den bunten Lampenschirm, doch er schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Er hatte jetzt einen ähnlich glasigen Blick wie Melanie. Während er ins warme Licht starrte, sah er wahrscheinlich seine Zukunft vor sich, die nur aus Dunkelheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher