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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel
Autoren: Dean R. Koontz
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Mammoth«, warf Uhlander ein. »... und Gegenstände zu bewegen, ohne sie zu berühren. Telekinese«, sagte Boothe. Er verstummte, und sein Whiskeyglas schlug gegen seine Zähne. Das Schluckgeräusch war unnatürlich laut. Schließlich fuhr er fort: »Ihre Kraft ist psychischer Art - die Kraft des Geistes, und die ist grenzenlos. Sie ist jetzt stärker als zehn Männer, als hundert, als tausend. Sie konnte ihren Vater, Hoffritz und Cooper mit Leichtigkeit umbringen... und sie hat all die ande ren ermordet, und jetzt hat sie es auf uns abgesehen! Und sie spürt offenbar, wo wir sind, ganz gleich, wo wir uns verstecken.« Melanie seufzte. Laura beugte sich zu ihr hinüber und betrachtete sie im schwachen Licht, das von der Leinwand reflektiert wurde. Die Lider des Mädchens wurden schwer. Beunruhigt legte Laura ihrer Tochter eine Hand auf die Schulter und schüttelte sie, zuerst sanft, dann stärker, Melanie blinzelte.
    »Schau dir den Film an, Liebling. Schau dir den Film an!«
    Die Augen des Kindes wurden wieder klar und folgten dem Geschehen auf der Leinwand.
    Boothe trat aus dem Schatten der Bücherwand hervor. Uhlander beugte sich im Schreibtischsessel vor. Beide warteten darauf, daß Dan sich äußerte, daß er sich bereit erklärte, das Mädchen zu töten und dem Gemetzel auf diese Weise ein Ende zu bereiten.
    Aber Dan schwieg. Zum einen wollte er sie ein Weilchen schwitzen lassen, zum anderen war er aber innerlich so aufgewühlt, daß er seiner Stimme nicht traute.
    Er wußte, daß jeder Mensch zum Töten genauso fähig war wie zur Liebe. Auch die Sanften und Schwachen, die Edelmütigen und Unschuldigen konnten morden, nur war diese Veranlagung bei ihnen tiefer verborgen als bei anderen. Es überraschte Dan nicht, daß auch Melanie McCaffrey imstande war zu töten, aber es verstörte und deprimierte ihn zutiefst.
    Melanies Mordgelüste waren sogar verständlicher als die der meisten Täter, die er im Laufe der Jahre ins Gefängnis geschickt hatte. Sie war gefangengehalten, physisch und psychisch gefoltert, nicht wie ein Mensch, sondern wie ein Laboraffe behandelt worden; sie hatte Liebe, Verständnis und Schutz entbehren müssen, und es war nicht verwunderlich, daß sie in all diesen Jahren einen übermenschlichen Zorn und Haß entwickelt hatte, der sich nur durch grausame, blutige Rache entladen konnte, Vielleicht waren Zorn und Haß - und die Notwendigkeit, diese Gefühle abzureagieren -für ihren psychischen Durchbruch genauso wichtig gewesen wie all die Übungen, zu denen ihr Vater sie gezwungen hatte. Und jetzt rächte sich dieses zarte neunjährige Mädchen an seinen Peinigern, und es war gefährlicher als Jack the Ripper oder die Mitglieder der Manson-Familie. Aber Melanie war nicht total verroht. Ein Teil von ihr war offensichtlich angewidert und entsetzt über das, was sie getan hatte. Ihr graute vor ihrer eigenen Blutrünstigkeit, und deshalb hatte sie sich in den katatonischen Zustand geflüchtet, hatte sich in jenen dunklen Ort zurückgezogen, wo sie die schreckliche Wahrheit vor der Welt verbergen konnte - und sogar vor sich selbst. Ihr Gewissen war noch intakt, und deshalb bestand eine Hoffnung, sie heilen zu können. Es war Melanie gewesen, die das Radio in Lauras Küche zum Leben erweckt hatte. Sie konnte die zentnerschwere Last ihrer Schuldgefühle und ihres Selbsthasses nicht abwerfen, die sie in jene quasi-autistische Unterwelt verbannten, sie konnte nicht beichten, was sie getan hatte und noch tun könnte, aber sie konnte Warnungen durchs Radio schicken. Warnungen und Hilferufe. Mit jenen Botschaften durch das Radio hatte sie zu sagen versucht: »Helft mir, haltet mich vom Töten ab!«
    Und was hatte jener mit Blumen gefüllte Wirbelwind zu  bedeuten gehabt? Laura und Earl hatten ihn verständlicherweise als bedrohlich empfunden, aber nur, weil sie nicht begreifen konnten, daß Melanie auf diese ungewöhnliche Weise ihrer Liebe zu Laura Ausdruck verleihen wollte.
    Melanie liebte ihre Mutter, und diese Liebe könnte ihre Rettung sein. Ungeduldig über Dans beharrliches Schweigen, sagte Boothe: »Als ihr der Durchbruch gelang, als sie endlich alle Schranken des Fleisches überwand und sich ihrer unglaublichen Kräfte bewußt wurde, hätte sie uns dankbar sein müssen, Sie hätte ihrem Vater und uns allen dankbar sein müssen, weil wir ihr geholfen hatten, mehr als nur ein Kind zu sein, mehr als nur ein Durchschnittsmensch.«
    »Statt dessen«, jammerte Uhlander in kindischem Selbstmitleid,
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