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TS 91: Bis in die Unendlichkeit

TS 91: Bis in die Unendlichkeit

Titel: TS 91: Bis in die Unendlichkeit
Autoren: A. E. van Vogt
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diesmal leichter zu bekämpfen war.
    Schließlich stand er ganz still da, wehrte alle unwesentlichen Ideen ab und dachte einen einzigen simplen, geradlinigen Gedanken – einen Gedanken, der so gewaltig war, daß er seinen ganzen Verstand zusammenraffen mußte, um ihn festzuhalten und seine grenzenlose Wirklichkeit zu begreifen.
    Und es fiel ihm schwer, die Tatsache zu erfassen, daß er sich auf dem Plattformschiff befand. Sein Verstand begann zu kreisen, auseinanderzubrechen in Zweifel, Furcht und Unglauben. Aber stets kehrte er zurück zur Realität. Er mußte es. Kein vernünftiger Ausweg bot sich an. Und es blieb ihm nichts, überhaupt nichts anderes übrig, als hier zu warten, bis seine Fänger durch eine Handlung zeigten, was sie weiter mit ihm vorhatten.
    Er setzte sich nieder. Und wartete.
    Mindestens eine Stunde verstrich, eine Stunde wie keine andere in der Geschichte seiner Welt. Er, ein Mann aus dem Jahr 2975, beobachtete eine Szene auf einem Raumkreuzer – fast dreißigtausend Jahrhunderte später.
    Nur gab es nichts weiter zu beobachten als die unglaubliche, grundlegende Szene selbst. Keiner tat etwas. Keiner schien sich auch nur entfernt bewußt, daß er hier am Schiff war. Gelegentlich schlenderte ein Mann vorbei, eine Gestalt, die sich gegen die tiefhängenden Sterne abhob, deutlich sichtbar, wie überhaupt das ganze Deck und dessen Ladung übermenschlicher Wesen.
    Aber kein einziger kam, um sein wachsendes Verlangen zu stillen, sein Bedürfnis nach Orientierung. Schließlich durchzuckte D’Ormand die schreckliche Erkenntnis, daß er selbst jenen ersten Schritt zur Annäherung machen, die Entscheidung durch persönliches Handeln erzwingen mußte.
    Abrupt erfüllte ihn Erstaunen darüber, daß er hier halb gelegen, halb gesessen hatte, während die kostbaren Minuten verstrichen. Er mußte völlig konfus gewesen sein, kein Wunder!
    Aber das war jetzt vorbei. In einem Ausbruch von Entschlossenheit sprang er auf. Und dann zögerte er. Hatte er denn wirklich die Absicht, an einen der Leute auf diesem Schiff heranzutreten und mittels Gedankenübertragung Fragen zu stellen?
    Es war die Fremdartigkeit, die ihn erschreckte. Diese Leute waren nicht menschlich. Nach drei Jahrmillionen hatten sie nicht mehr mit ihm gemeinsam als er mit dem Affen seiner Zeit – der gleicher Abstammung war.
     
    *
     
    Drei Millionen Jahre, soviel wie 16 x 1010 Minuten; und alle paar Sekunden im Laufe dieser unvorstellbaren Zeitspanne war jemand geboren worden, ein anderer gestorben – das Leben hatte seinen fürchterlichen, erschreckenden Lauf genommen, bis hier, nach undenkbaren Äonen, der ultimate Mensch entstand. Hier war die Evolution zu ihrem Höhepunkt ausgetragen, so daß der Weltraum selbst von einer ungeahnten und erstaunlichen Entwicklung biologischer Anpassungsfähigkeit besiegt worden war – eine erstaunliche, aber so einfache Sache, daß er, ein Fremder, innerhalb einer einzigen Schlafperiode wunderbarerweise in denselben Zustand versetzt wurde.
    Bei diesem Punkt angelangt, verhielt D’Ormands Gedanke. Eine jähe Beklommenheit erfüllte ihn, gemeinsam mit dem scharfen, unheilvollen Bewußtsein, daß er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie lange er geschlafen haben mochte. Jahre konnten es gewesen sein, oder Jahrhunderte. Denn für einen Schlafenden stand die Zeit still.
    Abrupt erschien es ihm wichtiger denn je, daß er herausfinde, was hier los sei. Sein Blick fiel schließlich auf einen Mann, der, keine dreißig Meter entfernt, langsam einherwandelte.
    Er erreichte die Gestalt – und dann, in letzter Sekunde, wich er entsetzt zurück. Zu spät. Seine vorwärtsgestreckte Hand hatte das nackte Fleisch berührt.
    Der Mann drehte sich um und blickte auf D’Ormand. Mit einer linkischen Geste ließ dieser den widerstandslosen Arm des anderen los. D’Ormand krümmte sich vor Augen, die ihn anblitzten wie Flammenzungen.
    Eigentümlicherweise war es nicht die dämonische Beschaffenheit des Blickes selbst, die in D’Ormand Schauer der Furcht auslöste. Vielmehr war es die Seele, die aus diesen lodernden Augen starrte – ein seltsamer, fremdartiger Geist, der ihn mit unbegreiflicher Intensität musterte.
    Dann drehte sich der Mann um und setzte seinen Weg fort.
    D’Ormand zitterte. Aber nach einigen Sekunden wußte er, daß er sich nicht länger fernhalten konnte. Ohne noch darüber nachzudenken, schritt er einfach vorwärts und faßte Tritt neben einem großen, geheimnisvollen Spaziergänger. Ungestört
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