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TS 37: Tödliche Träume

TS 37: Tödliche Träume

Titel: TS 37: Tödliche Träume
Autoren: Raymond Z. Gallun
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Burris’ Büro. Er betrat den Fahrstuhl, der ihn in jagender Fahrt nach oben brachte. Burris residierte noch über den Wohnetagen und den Studios des Sensipsych-Senders – hoch oben in der Spitze des Turmes. Die Einrichtung des großen Raumes bestand aus buntem Plastik und viel blitzendem Metall. Sie überschritt bei weitem die Grenzen des guten Geschmacks und wirkte unkultiviert. Aber sie paßte genau zu Burris. Er war dunkel, klein und dick.
    „Sind Sie endlich da, Harwell?“ schimpfte er. „Besser später als überhaupt nicht, was? Es wird Zeit, daß Sie sich für die nächste Story fertigmachen. Das Jupiter-Abenteuer muß das beste und spannendste von allen werden. Sie müssen sich selbst übertreffen. Nicht soviel dummes Zeug aus Ihrer Mottenkiste. Etwas Neues, verstehen Sie?“
    „Hm“, machte Harwell unentschlossen.
    „Morgen werden die großen Harwells wieder auf der Achse sein, klar?“ sagte Burris unbeirrt. „Sie wissen – Herr, Frau und Sonny Boy Joey. Die ältesten Herzensbrecher im ganzen Universum haben sich bis heute noch nicht abgenützt. Sorgen Sie wieder dafür, daß das Kind in Lebensgefahr gerät. Solche Zwischenfälle finden immer ihr Publikum. Aber sie müssen echt wirken. Und zwar ohne Rücksicht auf die verdammten Humanitätsdussel, die nicht kapieren wollen, daß die Lebensgefahr meistens eine gestellte Sache ist, und die den Jungen von den Expeditionen ausgeschlossen wissen wollen.“
    Er machte eine Pause, als erwarte er eine Antwort. Doch Harwell schwieg.
    „Okay! Ich weiß, was ich zu tun habe, Bob. Sehen Sie zu, daß Ihre Familie das übrige tut! Und sehen Sie zu, daß die Gemütsfilter Ihres Senders genau eingestellt sind und die Sicherheit Ihrer Geräte garantiert ist. Wir wünschen keine übertriebenen Situationen bei den Aufnahmen. So etwas verscheucht uns die Lauwarmen und ist nicht gut fürs Geschäft. Lassen Sie in Ihren Gedanken auch keine Verachtung wach wenden. Das wäre noch schlimmer. Es ist unsere Aufgabe, Harwell, daß die Menschen für den Rest ihres Lebens glücklich sind.“
    Burris schürzte seine dicken Lippen. Er machte kein Hehl daraus, daß er die Masse des Publikums, die er mit dem Sensipsych praktisch beherrschte, verachtete. Er ließ mit derselben Sicherheit erkennen, wie sehr er sich über die Welt und die Menschen erhaben fühlte.
    Bob Harwell hatte diesen Meister der Verstellung und Schauspielkunst immer mit einem. trockenen Humor ertragen. Er hatte eine unnachahmliche Art, die Dinge zu sehen und anzupacken. Doch nach dem heutigen Erlebnis galt das plötzlich nicht mehr. Harwell spürte Übelkeit. Der Anblick des kleinen Mannes machte ihn krank. Ein Dutzend Gründe, die bisher im Unterbewußtsein verborgen gewesen waren, wollten heraus. Er war jetzt so weit, daß es ihm nichts mehr ausmachte, Burris seine Meinung zu sagen.
    „Was würden Sie sagen, Mr. Burris“, sprach er betont lässig, „wenn ich behaupte, daß Sie die längste Zeit hier der Manager gewesen sind? Wenn ich behaupte, daß morgen keiner von uns beiden mehr lebt?“
    „Sind Sie verrückt?“
    „Durchaus nicht. Aber eine Reihe Ihrer lauwarmen Zuschauer hat es sich anders überlegt. Sie wollen selbst schießen und Radau schlagen. Auf eigenes Risiko. Und das ist der Grund, weshalb die Familie Harwell morgen nicht zum Jupiter starten wird. – Ein anderer Punkt! Der wichtigere. Sie sind der einzige mir bekannte Mensch, der mit allem restlos zufrieden gewesen ist, was unsere verrottete Gegenwart uns beschert hat. Offenbar sehen Sie Ihre einzige Aufgabe darin, eine berühmte Figur zu sein, während die ganze Zivilisation zum Teufel geht. Aber um das zu erkennen, fehlen Ihnen einige Gehirnwindungen.“
    Harwell schwieg. Er sah auf Burris hinab und erschrak vor der Brutalität seiner eigenen Freude, die er beim Anblick des überraschten und furchtsamen kleinen Mannes empfand. Er hatte plötzlich den Wunsch, zu helfen. Und dafür brauchte er einen Ansatzpunkt. Vielleicht konnte er seine Zunge lösen, um herauszubekommen, ob Burris nun wirklich zum sogenannten Krebs der Menschheit gehörte oder nicht.
    „Wie die Dinge nun einmal liegen, Burris, so trage auch ich meinen Teil Schuld daran. Aber ich liebte meine Arbeit, und ich war nicht scharf darauf, mir meine Existenz zu nehmen. Trotzdem habe ich mich manchmal gefragt, wie alles gekommen wäre, wenn es das Unternehmen Sensipsych niemals gegeben hätte. Natürlich, es hat immer – solange diese Berge da stehen und die Menschheit
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