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TS 37: Tödliche Träume

TS 37: Tödliche Träume

Titel: TS 37: Tödliche Träume
Autoren: Raymond Z. Gallun
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durch die Straßen fegte. Er wußte selbst, daß ihre Sorge mehr der allgemeinen Bedrohung als dem versuchten Anschlag auf ihn galt. Es mußte sich mehr ereignet haben als dieser danebengegangene Schuß auf ihn. Die Alarmierung der Ordnungspolizei konnte nur bedeuten, daß der Terror sein Regiment anzutreten versuchte.
    Zuerst fühlte sich Harwell beinahe erleichtert – oder gar froh. Der Aufruhr in der Welt war nicht so schlimm wie die drohende Last des Unbekannten. Das ungewisse Warten auf den Ausbruch des Schreckens war vorbei. In gewissem Sinne glaubte er sogar, daß die Schreckensherrschaft eine gute Kur für die Menschen sein könne. Wenn auch eine Pferdekur, so vielleicht doch der einzige Weg, um der Dekadenz entgegenzuwirken.
    Trotzdem verspürte er den Geschmack von Furcht auf der trockenen Zunge. Als Draufgänger hatte er den Gefahren oft ins Gesicht gesehen. Dennoch gehörte er nicht zu denen, die bestritten, jemals Angst gehabt zu haben. Und jetzt war sie da, die Angst. Denn der Neutronenstrom, den man auf ihn abgefeuert hatte, war nur die winzige Andeutung dessen, was sich noch ereignen würde, vielleicht sogar schon im nächsten Augenblick. In einer Stunde, morgen oder nächste Woche. Er wußte nicht, wann. Doch jede kleine Geheimwerkstatt konnte mit entsprechenden Werkzeugen in diesem Zeitalter Waffen herstellen, um einen ganzen Planeten zu zerstören.
    „Es ist besser, wir gehen zurück“, sagte Harwell zu den Leibwächtern. Sie bahnten sich einen Weg durch die neugierige und erschreckte Menge, die sich vor dem beschädigten Haus inzwischen angesammelt hatte. Ein paar hundert Yards weiter lag inmitten eines üppigen Parks der gewaltige Ajax-Turm. Mit seiner Umgebung wirkte er wie ein Ausschnitt aus dem Paradies – genauso friedvoll und schön, wie diese Zeit es vorgab zu sein.
    Harwell sah in der Ferne seinen Sohn kommen, den die Detonation offenbar aufgeschreckt hatte. Als der Junge ihn keuchend erreichte, schwitzte er aus allen Poren.
    „Ist dir etwas passiert, Dad?“ japste er.
    „Es ist alles in Ordnung, Joe“, antwortete Harwell. Er war stolz auf den Jungen, der trotz der großen Gefahr, in der sein Vater geschwebt hatte, mit dieser kurzen Frage auskam. Der Vater sagte, es sei alles in Ordnung – und die Sache war okay. Joey war tapfer und entschlossen, auch wenn er Angst hatte. Seine blaßgrauen Augen durchforschten aufmerksam die Hügel der parkartigen Stadt. Harwell spürte, daß er und sein Sohn aus einem Holz geschnitzt waren. Sie folgten demselben Impuls. Beide wußten nicht, was es zu entdecken gab, sie ahnten nur, daß es etwas Unangenehmes sein wunde. Vielleicht eine Rauchfahne, vielleicht eine weißglühende Stichflamme aus den Büschen – oder noch etwas weniger Harmloses. Es war ein geringer Trost, daß die Hügel unschuldig wie eine in Öl gemalte Landschaft dalagen. Zwischen kleinen Waldflecken zogen sich Reihen transparenter Plastikleitungen dahin, die mit algenhaltigem Wasser gefüllt waren. Sie produzierten die basischen Substanzen, aus denen fast jede synthetische Nahrung gewonnen werden konnte. Der Park war trotz seiner Schönheit eine Art Fabrik.
    „Auf der Straße hörte ich vorhin, daß die Robotpolizei alarmiert worden sei“, erklärte Joey. „Und dann habe ich im Vorbeigehen zwei Burschen belauscht, die sich Mathais anschließen wollten. Das könnte der Name der Mordbanden oder eines ihrer Führer sein. Hast du schon davon gehört, Vater?“
    „Allerdings“, versicherte Harwell und wunderte sich darüber, was sein Junge alles im Vorbeigehen aufschnappen konnte.
    „Aber deswegen bin ich eigentlich nicht gekommen“, fuhr Joey fort. „Der alte Burris schickt mich. Er will dich sprechen. Wegen der Jupiterreise morgen, glaube ich. Er sagt, es sei wichtig.“
    Und Joey rümpfte die Nase.
    Harwell wurde heftig. „Was Burris alles für wichtig hält!“ schnappte er. Dann nahm er sich zusammen. In gewissem Sinne hatte Burris ja recht. Es ging um Harwells vertragliche Verpflichtungen für den Sensipsych. Burris war der Chef des Schauspielerpersonals im Ajax-Turm und s›ein direkter Vorgesetzter. Und da hatte sein Wunsch, bei Joey zu bleiben, nach Hause zu seiner Frau zu gehen oder mit einem Freund zu sprechen, keine Bedeutung. „Okay, Joey“, sagte er. „Ich werde die Sache mit Burris schnellstens erledigen.“
     
    *
     
    Die Leibwächter folgten ihnen auf dem Fuße wie zwei Hunde.
    Kurz darauf erreichten sie den Ajax-Turm. Harwell begab sich allein in
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