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TS 37: Tödliche Träume

TS 37: Tödliche Träume

Titel: TS 37: Tödliche Träume
Autoren: Raymond Z. Gallun
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können sie nicht aufhalten. Wenn es gefährlich wird, ziehen wir in den Keller und werden überleben. Und das wäre immer noch ein gutes Ergebnis für uns. Oder was meinst du?“
    Ihre Blicke begegneten sich. In ihnen spiegelte sich der Ernst der Stunde. Und Harwell fühlte sich verlassen. Selten war eine Unterhaltung mit Corliss so unnütz gewesen. „Kannst du mir vielleicht erklären, was du nun wirklich meinst?“
    „Ich denke, wir haben noch ein paar Stunden Zeit, bis der Ajax-Turm zur Zielscheibe wird“, überlegte Corliss. „Das Abwarten ist eine altbekannte Kriegstaktik, weißt du. Es macht die Leute mürbe. Sie müssen Zeit haben, sich die Gefahr auch richtig klarzumachen. Und wenn du mir so weit recht gibst, solltest du dich jetzt langsam um deine Familie kümmern. – Also, ich gehe jetzt nach draußen, weil ich noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen habe. Ich werde schnell zurück sein, falls ich mich nicht inzwischen den Aufrührern angeschlossen habe. Weißt du übrigens, daß die Polizei bereits eine Nachrichtensperre verhängt hat?“
    Als Harwell sich verabschiedete, beschäftigte ihn bereits ein neues Problem. Er spielte mit dem Gedanken, Sensipsych-Träume zu machen, die seine Verachtung für die Träumer klar zum Ausdruck brachten. Schließlich dachte er wieder an die gefrorenen und gestorbenen Jupitermonde, an die Fotografien, an die Funde und Informationen, die er von dort mitgebracht hatte. Im Geiste sah er die Ruinen, die vielleicht erst seit einigen Jahrhunderten verlassen und zerstört waren. Doch genügte das als Beweis, um behaupten zu können, daß die fremde Kultur ausgestorben war? – Verlassene Wohnstätten konnten genauso gut auf eine Auswanderung schließen lassen.
    Immerhin gab es Beweise für eine zur Menschheit parallele Entwicklung im System des Jupiter. Man hatte wiederholt auf verschiedenen Frequenzen ein verzerrtes Summen festgestellt. Es mußte noch einen oder mehrere Radiosender geben, die weiter arbeiteten. Durch Funkpeilung war es sogar gelungen, die Lage eines Senders tief unten in der giftigen Atmosphäre des Jupiter zu orten, wo kein Leben im irdischen Sinne ohne besondere Schutzmaßnahmen existieren konnte.
    Harwell fragte sich, ob solche Gedanken nicht früher schon in seinem Unterbewußtsein lebendig gewesen waren, bevor er sich dazu entschloß, das nächste Abenteuer auf dem Jupiter spielen zu lassen.
    Er fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten in die tiefer gelegenen Wohnetagen des Turmes, wo er mit seiner Familie ein Appartement besaß. Als er in den Korridor trat, stellte er fest, daß er noch nicht gefrühstückt hatte. Clara kam ihm entgegen. Mit ihrem Lächeln wollte sie zweifellos ihre Erregung und Neugierde vertuschen. Vielleicht sollte es aber auch beruhigen. So wie ihr Einschenken des Kaffees.
    Harwell stellte in diesem Moment etwas Typisches an allen Frauen fest, die ein Leben an der Seite eines fahrenden Vagabunden auf sich nahmen. Seit Urzeiten mochte es so sein, daß sie das Zigeunerleben haßten und zugleich liebten, und das bescheidenste Mahl am Rande der Landstraße mochte etwas von der Sehnsucht nach einem bleibenden Zuhause ausdrücken.
    Natürlich, in dieser herrlichen Wohnung mit der Robotküche hatte Clara nichts Ähnliches zu bedenken. Doch dieser Zustand war nicht von Dauer. Der Widerspruch in ihr – die Liebe zum Heim und das Fernweh hatten auch sie zur Unruhe verdammt. Auch dann noch, wenn sie zuweilen in diesen Räumen zurückblieb und die Rolle der Penelope übernahm, die auf Odysseus wartet.
    Er sah auf ihre großen, kräftigen Hände und suchte nach einer Entschuldigung für sich; nach einer Möglichkeit, in Zukunft alles besser zu machen. Er blickte in ihre warmen, dunklen Augen. Diesen merkwürdigen Gegensatz zu ihrem Blondhaar. Auch Clara war auf dem Mars geboren. Sie war kühl und mutig.
     
    *
     
    „Während er den Kaffee trank, sagte er nach längerem Schweigen: „Wenn alle wie du wären, dann hätten wir heute nicht diese Verwirrung.“
    Sie war immerhin soviel Frau, ihm diese ernsthafte Feststellung mit einem Augenzwinkern abzunehmen. Allein dieser Blick genügte, ihm bewußt werden zu lassen, was Clara ihm bedeutete und was sie in den vielen Jahren an seiner Seite geleistet und entbehrt hatte.
    Er fühlte sich plötzlich tief in ihrer Schuld und wünschte, ihr wenigstens etwas von allem zurückzuzahlen. Seine Frage an den Jungen klang daher etwas seltsam.
    „Was würdest du am liebsten tun, Joe? Jetzt – im Augenblick,
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