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TS 37: Tödliche Träume

TS 37: Tödliche Träume

Titel: TS 37: Tödliche Träume
Autoren: Raymond Z. Gallun
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Zwischenbemerkungen hingegen waren nicht geeignet, die Spannung der Nachmittagsstunden zu verringern. Seiner kindlichen Art fehlte heute der sonnige Optimismus, der ihm sonst zu eigen war. Manchmal wurde er sogar zynisch wie ein Erwachsener.
    „Ich möchte wissen, was mit diesem Zimmer passiert“, überlegte er. „Wird es aufglühen und verdampfen, wenn Mathais loslegt? Ich meine, wird es einfach so in Luft zergehen mit dem ganzen Stahl, den Steinen und so? Oder schmilzt es nur, daß man später wenigstens noch etwas von den Trümmern sehen kann?“
    Die Eltern gaben keine Antwort. Sie überhörten die Frage mit Absicht. Sie war ihnen zu grausam. Doch sie hätten wissen sollen, daß man fragende Kinder nicht damit abweisen kann, indem man ihnen die Antwort schuldig bleibt.
    Joey blieb hartnäckig und fand wie zum Trotz nur noch neue Fragen.
    „Ist Midas eigentlich schon tot, Vater? Ich habe noch nie ein Bild von ihm gesehen.“
    „Er ist schon lange tot“, bequemte sich Bob Harwell zu einer Antwort.
    „Warum hat er sich dann nicht wiederverjüngen lassen?“
    „Kind, du stellst Fragen …“
    „Aber wieso? Wenn er die Midas-Pistole erfunden hat, muß er doch eine Menge Geld verdient haben.“
    „Midas hat die Pistole nicht erfunden. Zu seiner Zeit dachte kein Mensch an so etwas. Damals glaubte man sogar noch, daß die vier Elemente der Natur Erde, Luft, Feuer und Wasser seien. Ich sehe schon, Joe, bei der nächsten Fahrt sollten wir dich zu Hause lassen und wieder ein paar Stunden in die Schule schicken.“
    „Wenn du mir sagst, was mit dem alten Midas los war, wird das nicht nötig sein“, antwortete der Junge schlagfertig.
    Harwell stöhnte. Sein Lächeln verriet, daß er die Drohung mit der Schule kaum wahrmachen würde. „Also, hör zu, mein Junge! Midas war ein sagenhafter König. Man sagt, Apollo habe ihm Eselsohren wachsen lassen. Daran erkennst du schon, wie wenig du auf die Glaubwürdigkeit der Überlieferung geben kannst. Und die Sage behauptet ferner, daß alles zu Gold wurde, was Midas berührte. Merkst du jetzt, wie die Sache zusammenhängt?“
    „Okay, Daddy! Der Name für die neue Waffe ist also sinnbildlich zu verstehen. Immerhin interessant, was der Fortschritt aus den alten Sagen gemacht hat. Mathais drückt auf den Knopf, und der ganze Ajax-Turm besteht nur noch aus Gold.“
     
    *
     
    „Ob Mathais auf den Knopf drückt, steht noch nicht fest“, erklärte die Mutter in scheltendem Ton. „Zerbrich dir bitte nicht den Kopf über Dinge, die Sache der Erwachsenen sind!“
    Clara Harwells Rat mochte dennoch auch für Erwachsene gut sein. Der Gedanke an den Terror beanspruchte nur die Nerven, ohne daß etwas dabei heraus kam.
    Der Sekundenzeiger der Wanduhr wanderte schweigend weiter, und keiner konnte sagen, wann er stehenbleiben oder sogar zu existieren aufhören würde.
    Die Sonne ging unter, und die Nacht kam. Am Himmel leuchtete eine ferne rote Glut. Polizeimaschinen heulten auf ihren Patrouillenflügen über sie hinweg.
    Dann legte sich plötzlich dichter Nebel über die Stadt. Die Menschen wurden ratlos und verwirrt. Denn seitdem sie ihr Wetter selbst machten, konnte es keinen Nebel geben, wenn nicht jemand an einem entsprechenden Schalter drehte.
    Kurz darauf hüllte er die ganze Stadt ein.
    Harwell schüttelte den Kopf. „So ein hirnverbrannter Unsinn! Das hätten sie vielleicht vor zweihundertundfünfzig Jahren machen können, als es noch kein Radar gab …“
    Nach dem Abendessen klingelte das Telefon. Harwell nahm den Hörer ab und erkannte Corliss’ Stimme. Sie klang weit entfernt und fast unverständlich.
    „Bob, verschwindet aus dem Ajax-Turm! Sag es den anderen! Ich weiß, daß bei Sonnenaufgang …“
    „Carl!“ schrie Harwell. Und noch einmal: „Carl!“
    Doch er bekam keine Antwort mehr.

 
5. Kapitel
     
    Niemals zuvor hatte er so die Tatsache verflucht, daß das Visiphon kaum populär geworden war. In Verbindung mit Television hätten sich beide Gesprächspartner gegenseitig sehen können. Doch die meisten Leute hatten auf diese technische Errungenschaft verzichtet, da sie es als Eindringen in ihre private Sphäre betrachteten.
    Heute hätte ihm ein Visiphon helfen können, den Aufenthaltsort von Corliss herauszukriegen. Vielleicht war er verwundet. Oder man hatte ihn gefangengenommen. Mit einem Bildempfänger hätte er feststellen können, ob der Freund sich in Gefahr befand.
    Harwell fühlte kalten Schweiß auf der Stirn.
    „Es war Carl. Er hat gesagt,
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