Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 27: Verpflichtet für das Niemandsland

TS 27: Verpflichtet für das Niemandsland

Titel: TS 27: Verpflichtet für das Niemandsland
Autoren: Milton Lesser
Vom Netzwerk:
Leute schnallen sie an und gleiten schon beim erstenmal darauf herum, als wären sie natürliche Verlängerungen ihrer Füße. Andere wiederum stolpern und stürzen. Ich gehöre zu den ersteren, nehme ich an.“
    „Gewiß“, nickte Temple. Eigentlich war das einzige, was an Arkalion seltsam wirkte, sein altes und dennoch junges Gesicht und – vielleicht – sein Hang, stets zur richtigen Zeit die richtige Antwort parat zu haben. Arkalion hatte so sicher geschienen, daß es eine Raumfahrt gibt. Er hatte kaum mit den Augenlidern gezuckt, als sie in White Sands an Bord eines langen, konisch zulaufenden, geschoßförmigen Schiffes gingen und in den Himmel hinaufdonnerten. Er nahm das Umsteigen in ein riesiges, rundes Schiff auf der radförmigen Raumstation beinahe als etwas Selbstverständliches hin. Augenblicke später, nachdem sie die Weltraumstation verlassen hatten – mit nur einem Minimum an körperlicher Anstrengung, da es hier beinahe keine Schwerkraft gab – war es Arkalion, der zuerst zur Sichtluke hinruderte und auf die riesige, halbmondförmige Erde hinabdeutete. „Ihr werdet bemerken, daß sich die Erde als Halbmond zeigt“, hatte Arkalion gesagt. „Sie steht der Sonne näher als wir und ist in einem Winkel davon entfernt. Wie ich schon vermutet hatte,ist der Mars unser Ziel.“
     
    *
     
    Dann sagten alle der Erde Lebewohl. Es waren Tränen zu sehen, Gelächter klang auf, Fluchen, Versprechungen der Wiederkehr, Schwüre der Treue an Bräute und Freundinnen. Und mitten darinstand Arkalion mit einem seltsamen Ausdruck in den alten Augen, den Temple nicht ergründen konnte.
    Als sie sich jetzt unbeholfen mit der Schwerelosigkeit abmühten, wanderten Temples Gedanken von dem glänzenden, polierten Schiffsinnern mit den Gerüchen von Antiseptika und Metallpolitur zu der klaren Frühlingsluft der Erde, dem Blau des Himmels und dem strahlenden Schein der Sonne, zum einmalig blauen Himmel der Erde, von dem er wußte, daß es ihn nirgendwo noch einmal geben konnte.
    Und Stephanie.
    Er fragte sich mit überraschender Objektivität, ob nicht hundert andere Namen, hundert andere Frauen in hundert anderen Köpfen waren, während alle auf die halbmondförmige Erde starrten, die erhaben im All hing.
    Würde Stephanie ihn wirklich vergessen? Wollte er, daß sie ihn vergesse? Jener Teil seines Ich, der durch ihr Feuer verbrannt worden war, sagte nein – nein, sie darf mich nicht vergessen. Sie gehörte ihm, ihm allein, an ihn gebunden und sein geworden, obwohl sie durch ein Universum getrennt waren. Aber in irgendeinem Winkel seines Herzens stand der Gedanke, lag das Verständnis, die Erkenntnis, daß Stephanie zwar vielleicht wohl einen kleinen Raum irgendwo tief in ihrem Herzen für ihn bewahren würde, ihn aber dennoch vergessen mußte. Er war weg – für immer. Für Stephanie war er weg. Es war, wie er es ihr an jenem letzten gestohlenen Tag gesagt hatte, es war … Stephanie, Stephanie, wie sehr liebe ich dich!
    Mit der Schwerelosigkeit kämpfend, ging er zu der Kabine zurück, die er mit Arkalion teilte. Es war kaum mehr als eine kleine Zelle, die ausreichend Platz für zwei Betten, einen Waschtisch, und eine kleine Kommode enthielt. Er legte sich nieder und schlief, und im Schlaf murmelte er Stephanies Namen.
     
    *
     
    Temple erwachte beim leisen Summen der Luftpumpen, stand auf und fühlte sich ausgeruht, vergaß jedoch die Schwerelosigkeit und trieb zur Decke hinauf. Nur dadurch, daß er schnell den Arm ausstreckte, entging er einer großen Beule am Kopf. Er faßte zwei Griffe an der Wand und zog sich dann auf den Boden der kleinen Kabine herab. Schnell wusch er sich, wußte jedoch nicht, wie er verhindern sollte, daß das Wasser, das er sich ins Gesicht spritzte, kleine Tröpfchen bildete und überall in der Kabine versprühte. Alser wieder zum Fußende seines Bettes zurückging, um sein Handtuch zu holen, setzte er einen Fuß zu schnell vor, verlor das Gleichgewicht und schoß halb in die Luft, stolperte und fiel gegen das andere Bett, das wie alle anderen Möbelstücke in der Kabine am Boden festgemacht war. Er stieß mit dem Ellbogen scharf gegen das Kinn des schlafenden Arkalion.
    „Es tut mir leid“, sagte er. „Das habe ich nicht gewollt.“
    Arkalion lag da und regte sich nicht.
    „Ich habe gesagt, es tut mir leid.“
    Arkalion schlief noch immer. Es schien unfaßbar, daß der Stoß ihn nicht aufgeweckt hatte. Temple beugte sich nieder und untersuchte seinen reglosen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher