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TS 21: Die Überlebenden

TS 21: Die Überlebenden

Titel: TS 21: Die Überlebenden
Autoren: J. T. McIntosh
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entschlossener und tatkräftiger zu sein. Ihre herbe Erscheinung faszinierte mich.
    Plötzlich betraten mehrere Männer das Café.
    Zuerst achtete ich nicht auf sie, aber als ein breiter Schatten auf meinen Tisch fiel, sah ich auf. Neben meinem Stuhl stand ein Mann.
    „Monsieur Page-Turner?“ fragte er schnaufend. Sein Akzent verunstaltete meinen Namen fast bis zur Unkenntlichkeit.
    „Oui“, nickte ich. Jetzt vermißte ich Gloria besonders, denn mit ihren Sprachkenntnissen hatte sie für mich immer eine Erleichterung bedeutet.
    Der Fremde, ein beleibter Mann mittleren Alters, sagte einiges, von dem ich nur zwei Einzelheiten begriff. Sein Name schien Roget oder so ähnlich zu sein, und er kam vom Polizeikommissariat.
    „Je regrette, Monsieur Roget“, erklärte ich. „Je ne comprends pas.“
    Einer der Begleiter begann, Englisch zu radebrechen, aber das schien mir noch schlimmer als Französisch zu sein. Er gab es auch dann schnell auf, als er meinem verständnislosen Blick begegnete.
    „Madame Page-Turner“, sagte Roget mit der verärgerten Geduld, die den Polizisten der ganzen Welt zu eigen ist. „Oùest-elle?“
    „Elle est morte!“ antwortete ich kurz und sachlich.
    Seine nächste Frage verstand ich nicht, aber ich ahnte ihre Bedeutung.
    „Ein Unfall!“ brachte ich nach vielen Versuchen heraus. Das gesuchte Wort war mit dem entsprechenden Wort meiner Muttersprache glücklicherweise verwandt.
    Die Männer begannen darauf, heftig miteinander zu diskutieren, und es war mir unmöglich, auch nur ein Wort davon aufzuschnappen. Nach zehn Minuten jedoch forderte Roget mich auf, ihm zur Polizeiwache zu folgen.
    Obwohl ich heftig protestierte, nahm man mich mit zur Polizeiwache. Der Rucksack und das Gewehr wurden mir abgenommen, Brieftasche und Revolver aus der Tasche gezogen und in der Schublade des Kommissars deponiert.
    Dann schob man mich in eine Zelle, und dumpf fiel die Tür hinter mir ins Schloß.
    Ich begriff plötzlich, daß ich zu einem hilflosen Gefangenen geworden war. Wütend klopfte ich gegen die Bohlentür und schrie aus Leibeskräften.
    Nicht allein, daß ich Gloria verloren hatte, nun sperrten mich diese Idioten auch noch ein, weil sie annahmen, ich hätte sie umgebracht.

 
4. Kapitel
     
    Als ich aufblickte, hockte mitten im Raum eine Pa-Maus und sah mich neugierig an.
    Die Tiere haben eine Vorliebe dafür, ausgerechnet das zu tun. Niemand weiß, warum eigentlich. Vielleicht wollten sie damit ihre neue Wichtigkeit zum Ausdruck bringen, denn bisher waren sie nichts als unbedeutende und lästige Schmarotzer gewesen.
    Sehr vorsichtig, die Maus dabei völlig ignorierend, schaute ich mich um und entdeckte sofort das Loch im Fußboden. Ich vergewisserte mich, daß tatsächlich nur dieses eine vorhanden war, ehe ich handelte.
    Langsam erhob ich mich und schlenderte durch die Zelle, immer noch keine Notiz von dem Tier nehmend. Sie blieb auf der Stelle sitzen und beobachtete mich aufmerksam. Natürlich wußte ich genau, daß sie bei der geringsten Angriffsabsicht meinerseits blitzschnell ihre Stellung wechseln und vielleicht Zuflucht in ihrem Loch nehmen würde. Aber ich griff nicht an. Und als ich schließlich eine schnelle Bewegung machte, so nur deshalb, um mich zwischen die Maus und ihr Loch zu plazieren.
    Sie starrte mich mit ihren schwarzen Perlaugen mißtrauisch an, denn sehr wohl hatte sie bemerkt, daß ich klüger gewesen war.
    Langsam näherte ich mich ihr. Sie rannte plötzlich los, schlug einen Haken und huschte an mir vorbei. Doch bevor sie ihr Loch zu erreichen vermochte, gelang es mir, sie mit der Fußspitze gegen die harte Zellenmauer zu schleudern.
    Den Kadaver schob ich in das Mauseloch und hoffte, damit eventuelle Nachfolger abzuschrecken.
    Das kleine und unbedeutende Intermezzo ließ mich meine eigene Lage deutlicher erkennen. Ich trat an das winzige, vergitterte Fenster und blickte hinaus auf den düsteren Hof. Die Mauern waren nicht hoch genug, einen Flüchtling aufzuhalten, aber sie verwehrten doch die Sicht auf die hinter ihr liegende Straße.
    Mehr als zehn Minuten starrte ich gegen die mir gegenüberbefindliche Mauer und machte mir Gedanken darüber, wie ich wohl meine Unschuld beweisen könne. Dann wurde ich unterbrochen.
    Am Rande der Mauer erschien ein Mädchenkopf, dann der ganze Körper, und schließlich saß jenes nach Paris riechende Mädchen rittlings oben auf dem Steinwall.
    Sie zog ihren Rock ein wenig nach unten, da zuviel von ihren schlanken Beinen entblößt zu
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