Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DS041 - Der schreckliche Mullah

DS041 - Der schreckliche Mullah

Titel: DS041 - Der schreckliche Mullah
Autoren: Kenneth Robeson
Vom Netzwerk:
1.
     
    Der Nebel war wie eine schwere graue Decke. Der Verkehr im Hafen war schon am Spätnachmittag eingeschlafen und die wenigen Schiffe, die unterwegs waren, ließen ihre Nebelhörner erschallen wie klagende Gespenster. Eines der Schiffe kam vom offenen Meer und hatte es offenkundig eilig. Das Nebelhorn lärmte so aufdringlich, daß der Kapitän eines Kutters der Küstenwache aufmerksam wurde. Die Küstenwächter sind bei jedem Wetter aktiv.
    Der Kutter schob sich an das laute Fahrzeug heran, und der Kapitän stellte fest, daß er einen Schlepper vor sich hatte. Der Schlepper hieß
Whale of Gotham
, und an den Bug war ein Wal gemalt. Der Kapitän des Kutters benahm sich, wie sich Offiziere der Küstenwache Schleppern gegenüber zu benehmen pflegen. Er fluchte entsetzlich.
    »Warum rasen Sie mit einem solchen Tempo durch den Hafen?« fragte er. »Verwechseln Sie Ihren Eimer mit einem Schnellzug?«
    Der Kapitän des Schleppers fluchte ebenfalls. Zu dem Kapitän eines Schleppers wäre er höflich gewesen, aber einen Skipper von der Küstenwache behandelte er genauso, wie er selbst behandelt wurde.
    »Hauen Sie ab!« brüllte er schließlich. »Wir haben einen Kranken an Bord! Wir bringen ihn ins Krankenhaus. Wenn wir nicht aufdrehen, stirbt er uns unter den Händen!«
    So etwas stellt sogar Küstenwächter zufrieden. Der Kutter zog sich in die Nebelschwaden zurück, und der Kapitän des Schleppers lachte spöttisch hinter ihm her. Neben ihm meldete sich eine Stimme zu Wort, die ein übertrieben vollkommenes Englisch sprach.
    »Warum haben Sie das gesagt?« fragte die Stimme. »Wir haben doch gar keinen Kranken an Bord!«
    Der Kapitän zuckte zusammen, als wäre plötzlich ein riesiger Tanker vor ihm aufgetaucht. Er drehte sich giftig um, denn er liebte es nicht, erschreckt zu werden, erst recht nicht im Hafen bei Nebel, wenn seine Nerven ohnehin strapaziert waren. Er unterdrückte im letzten Augenblick eine Grobheit, weil der Mann an seiner Seite nicht so aussah, als könnte man ihn anschauen, außerdem war es nicht angebracht, einen Menschen zu beleidigen, der für eine Unsumme den Schlepper gechartert hatte.
    Der Mann hatte eine große, gekrümmte Nase und einen spitzen Kinnbart. Seine Haut war gelblich braun, ausgetrocknet und zerknittert, und seine Kleidung war für New York ein wenig ungewöhnlich.
    Der Kapitän des Schleppers hatte seine Reisen ausschließlich durch den New Yorker Hafen unternommen, daher wußte er nicht, daß der flatternde weiße Mantel, der vom Kopf des Hakennasigen bis fast zu den Füßen reichte, eine
abbah
war, seine gestickte Jacke
jubbah
genannt wurde und die absonderlich geschnittene Hose
shirwals
. Nur jemand, der sich in Zentralasien auskannte, hätte das wissen können.
    Auf der Stirn des Mannes befand sich die winzige Abbildung einer Schlange, die wie ein Ring um einen Edelstein lag. Die Schlange und das Juwel waren eintätowiert.
    Der Kapitän des Schleppers kannte die Bedeutung der Tätowierung nicht. Hätte er sie gekannt, wäre er möglicherweise vor Erstaunen von seiner Brücke gefallen. Die Tätowierung war das heilige Symbol des Khans Nadir Shar, Sohn des Himmels, Auserwählter der Zehntausend Lanzen, Besitzer von Tanan. Vielleicht hätte der Skipper nicht einmal diesen Titel verstanden. Der Mann mit der Hakennase war ein König.
    »Eine Notlüge«, sagte der Kapitän höflicher als er beabsichtigt hatte. »Die Küstenwächter hätten sonst vielleicht das Schiff durchsucht.«
    »Das wäre in der Tat nicht gut gewesen«, erklärte der Khan. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn wir anlegen.«
    »Natürlich«, erwiderte der Skipper.
    »Das Hafenbecken, das Sie ausgesucht haben, ist doch hoffentlich sicher?«
    Der Seemann schob seinen Priem von einer Backe in die andere. Der kleine Mann mit der Hakennase machte ihn allmählich kribbelig.
    »Ganz sicher«, sagte er. »Dort ist der Hafen fast zu Ende, niemand wird Sie stören.«
    Khan Nadir Shar nickte zufrieden und verließ die Brücke. Der Kapitän blickte ihm nach und spuckte einen Tabakstrahl vor die Füße zweier Matrosen, die aus dem Nebel in sein Blickfeld traten.
    »Das gefällt mir nicht!« sagte er zu niemandem im besonderen. »Der Teufel soll mich holen, wenn mir das gefällt ...«
    Die beiden Männer merkten, daß sie nicht gemeint waren. Sie blieben bei ihrem Kapitän stehen und warteten auf die Fortsetzung des Monologs.
    »Da kriegt man einen Funkspruch, man soll zur
Atlantic Queen
’rausfahren, die vor dem Hafen im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher