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TS 21: Die Überlebenden

TS 21: Die Überlebenden

Titel: TS 21: Die Überlebenden
Autoren: J. T. McIntosh
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ich benötige Ihre Hilfe in solchen Dingen nicht!“
    „All right“, nickte ich ruhig. „Sie sollen unabhängig sein. Möchten Sie übrigens eine Sicherheitsnadel?“
    Ich zog zwei aus der Rocktasche und hielt sie ihr zwischen Daumen und Zeigefinger verlockend hin. Mit einem Ruck schnappte sie mir die beiden Nadeln aus der Hand und begann mit ihrer notdürftigen Reparatur. Zugegeben, mir machte die ganze Sache einen ungeheueren Spaß. Zum ersten Mal hatte ich Ginette in einer Situation erlebt, die ich nicht als der Unterlegene durchstehen mußte.
    Irgendwie schien es mir gut, daß sie eine Pistole besaß. Wo mochte sie die Waffe versteckt halten? Während sie ihr Kleid zusammensteckte, versuchte ich, die geheime Tasche zu finden. Im Kleid selbst jedenfalls war sie nicht. Also unter dem Kleid.
    Sie bemerkte mein Interesse und deutete es falsch aus.
    „Sehen Sie woanders hin!“ fauchte sie.
    „Seien Sie keine Närrin, Ginette! Ich will nur wissen, wohin Sie die Pistole gesteckt haben. Vielleicht ist es später einmal gut, wenn ich das weiß.“
    Sie betrachtete mich forschend. Dann nickte sie, zog ihr Kleid hoch und entblößte damit die deutliche Ausbeulung in ihrem Schlüpfer.
    Schnell ließ sie das Kleid wieder fallen.
    „Recht unbequem, aber praktisch“, gab ich zu. „Obwohl ich mir vorstellen kann, daß in einer – nun, sagen wir mal – vielleicht recht verfänglichen Lage es für Sie nicht leicht sein wird, ausgerechnet dort an die Waffe heranzukommen, ehe der andere sie schon entdeckt hat und …“
    „Halten Sie den Mund!“ schrie sie mich an.
    Ich hielt ihn zwar nicht, wechselte aber das Thema.
    „Das mit der Fähre scheint also gut zu gehen, aber ich schlage vor, wir verbringen diese Nacht im Wagen, irgendwo außerhalb der Stadt.“
    Es dauerte eine Weile, ehe ihr Zorn verraucht war. Doch endlich nickte sie zustimmend.
    Wir fuhren aus der Stadt heraus, in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Dann bog ich in einen verlassenen Seitenweg ein und suchte mit aller Aufmerksamkeit einen Platz für die Nacht. In der Stadt selbst hätte es wenig Sinn gehabt, denn trotz des äußeren Anscheins machte Boulogne den Eindruck einer fast rechtlosen Stadt. Und wir beide – Ginette und ich – besaßen eine ansehnliche Summe Geldes. Hier in der Einsamkeit waren wir vor den Menschen sicher, aber wir boten den Paggets eine letzte Chance, ihre Kunst an uns auszuprobieren, bevor wir Frankreich verließen.
    Auf einem sanften Hügel parkte ich und stellte den Motor ab. Der fast volle Mond garantierte für genügend Licht, jeden Ankömmling schon von weitem sehen zu können. Jede Ratte, jede Maus sogar mußte damit rechnen, daß sie uns zwar vielleicht erreichen, aber niemals lebend davonkommen würde.
    „Sie können den Rücksitz nehmen“, erklärte ich Ginette.
    „Danke“, sagte sie ohne jede Wärme.
    Sie mußte wirklich sehr müde sein. Während ich in der vergangenen Nacht gut geschlafen hatte und mich jetzt noch ausgeruht fühlte, machte sie einen erschöpften Eindruck. Wer weiß, wieviel Nächte sie ohne Bett gewesen war. Jedenfalls war sie eingeschlafen, ehe sie überhaupt noch Gelegenheit fand, sich auf dem Sitz zusammenzurollen oder gar zuzudecken. Und die Nacht versprach kalt zu werden.
    Als ich von einem kurzen Rundgang zurückkehrte, lag sie doch der Länge nach auf dem breiten Rücksitz, die Beine angezogen. Sie besaß keinen Mantel zum Zudecken, nur ihr zerrissenes Sommerkleid verdeckte ihre Blößen notdürftig.
    Im Kofferraum fand ich eine alte Decke, aber leider nur diese eine. Vorsichtig öffnete ich die Tür zum Fond und legte die Decke über ihren zarten Körper. Sie rührte sich nicht einmal. Dann versuchte ich, es mir vorne am Steuer so bequem wie möglich zu machen.
     
    *
     
    Ich erwachte mitten in der Nacht, ohne eigentlich zu wissen, warum. Irgend etwas war geschehen. Und da hörte ich auch schon das feine Zischen draußen und fühlte, wie der Wagen sich leicht zur Seite neigte.
    Es war dunkel. Der Mond stand verdeckt hinter schwarzen Wolken. Den Revolver aus der Tasche reißend, öffnete ich die Tür und sprang ins Freie.
    Nichts war zu sehen, außer den luftleeren Vorderreifen. Keine Katzen, keine Hunde, und wenn Ratten oder Mäuse in der Nähe waren, ich hätte sie wohl kaum bemerken können.
    Ginette öffnete das Fenster und streckte den Kopf heraus.
    „Was ist geschehen?“ fragte sie. Sie schien hellwach zu sein.
    „Der Reifen ist platt“, gab ich Auskunft. „Vielleicht
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