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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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Minuten vergingen, zu denen das Beatmungsgerät den Takt schlug. Sie war an der Grenze zwischen Schlaf und Wachen, immer noch bemüht, die Wirkung des Medikaments und ihre Angst zu bekämpfen.
    Kurz darauf kam eine Krankenschwester herein, überprüfte ihre Infusionsflasche und maß ihren Blutdruck. Sie benahm sich ganz normal. Die Krankenschwester hätte es doch sicher bemerkt, wenn jemand in ihrem Zimmer war oder es gerade erst verlassen hatte, aber sie schien zufrieden mit dem Zustand ihrer Patientin zu sein und ging.
    Als sie schließlich wieder einschlief, war es ihr gelungen, sich einzureden, daß sie nur einen Alptraum gehabt hatte.

KAPITEL 2
    Tate Rutledge stand am Fenster seines Hotelzimmers und betrachtete den Verkehr auf der vierspurigen Straße. Rote Rücklichter und weiße Scheinwerfer spiegelten sich auf der feuchten Fahrbahn in wäßrigen Leuchtstreifen.
    Als er hörte, wie sich die Tür hinter ihm öffnete, drehte er sich um und nickte seinem Bruder zur Begrüßung zu.
    »Ist Vater noch nicht wieder da?«
    Tate schüttelte den Kopf und ließ die Gardine fallen, bevor er sich vom Fenster abwandte.
    »Mir knurrt der Magen«, sagte Jack. »Hast du keinen Hunger?«
    »Ich denke schon. Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht.« Tate sank in den Sessel und rieb sich die Augen.
    »Du wirst weder Carole noch Mandy einen Gefallen damit tun, wenn du nicht auf deinen eigenen Zustand achtest, Tate. Du siehst grauenvoll aus.«
    »Danke.«
    »Ich meine das ernst.«
    »Das weiß ich«, sagte Tate, ließ die Hände sinken und sah seinen Bruder mit einem matten Lächeln an. »Du bist ganz offen und bar jeden Taktgefühls. Deswegen bin ich Politiker und nicht du.«
    »Ich versuche ja nur, dir zu helfen.«
    Tate senkte müde den Kopf, spielte an der Fernbedienung des Fernsehgerätes und sah ohne Ton die Kanäle durch. »Ich habe Carole gesagt, wie es mit ihrem Gesicht steht.«
    »Wirklich?«
    Jack Rutledge setzte sich auf die Bettkante, beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Ganz anders als sein Bruder trug er eine Anzughose, ein weißes Hemd und eine Krawatte dazu. Doch so spät am Tag sah er schon etwas zerknittert aus. Das gestärkte Hemd wirkte verwelkt, die Krawatte hatte er gelockert und die Ärmel aufgekrempelt.
    »Wie hat sie darauf reagiert?«
    »Wie soll ich das denn wissen?« murmelte Tate. »Außer ihrem rechten Auge kann man nichts von ihr sehen. Tränen kamen heraus, also kann ich sagen, daß sie geweint hat. Und da ich ihre Eitelkeit kenne, nehme ich an, daß sie unter all den Bandagen absolut hysterisch ist.«
    Jack ließ den Kopf hängen und betrachtete seine Hände, als versuche er sich vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, wenn sie Verbrennungen erlitten hätten und von Verbänden bedeckt wären. »Glaubst du, daß sie sich noch an den Absturz erinnert?«
    »Sie hat mir zu verstehen gegeben, daß es so ist, aber ich weiß nicht genau, an wieviel sie sich erinnert. Ich habe die häßlichen Einzelheiten ausgelassen und ihr nur erklärt, daß sie und Mandy und zwölf andere überlebt haben.«
    »Heute abend haben sie in den Nachrichten gebracht, daß man immer noch dabei ist, verkohlte Leichenteile zusammenzustellen, um sie irgendwann zu identifizieren.«
    Tate hatte die Berichte in der Zeitung gelesen. Demnach war das Unglück wirklich so grauenhaft, daß nicht einmal Hollywood einen schrecklicheren Film hätte drehen können als die Wirklichkeit, wie sie sich jetzt dem amtlichen Leichenbeschauer und seiner Truppe von Helfern darstellte.
    Immer wenn Tate daran dachte, daß Carole und Mandy auch zu dessen verstümmelten Opfern hätten gehören können, wurde es ihm flau im Magen. Er konnte nächtelang nicht schlafen, weil er immer daran denken mußte.
    In seiner Vorstellung fügte Tate der Liste der Todesopfer noch die Namen von Carole und Mandy hinzu: Die Frau und die dreijährige Tochter des Bewerbers um den Senatorenposten Tate Rutledge waren ebenfalls unter den Opfern von Flug 398 .
    Aber das Schicksal hatte anders entschieden. Wegen Caroles erstaunlichem Mut hatten sie die Katastrophe überlebt.
    »Mein Gott, draußen regnet’s wirklich wie aus Eimern.« Nelsons Stimme dröhnte durch die Stille, als er hereinkam, wobei er eine große, viereckige Pizzaschachtel balancierte und mit der anderen Hand seinen tropfenden Regenschirm ausschüttelte.
    »Wir sind völlig ausgehungert«, sagte Jack.
    »Ich bin so schnell wie möglich zurückgekommen.«
    »Es duftet wunderbar,
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