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Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Titel: Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)
Autoren: Daniil Charms
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zu zweit an das Seil. Der Anstreicher sauste geradewegs bis zum dritten Stock hoch, wobei er sich an einem Fenstersims böse den Fuß stieß.
    »Runter, ihr Idioten!«, schrie der Anstreicher über die ganze Straße.
    Petrow und Komarow hatten offenbar begriffen, was los war, und begannen das Seil stückchenweise herunterzulassen. Die Gondel bewegte sich abwärts. Auf der Straße versammelte sich allmählich eine Menschenmenge.
    Der Anstreicher beugte sich vor und blickte durch das Fenster.
    Der Mann ohne Jackett lag auf dem Boden, und der Mann im Jackett saß auf ihm und würgte ihn immer noch.
    »Was machst du da?«, rief ihm der Anstreicher zu. Der Mann im Jackett drehte sich nicht einmal um und fuhr fort, den Mann ohne Jackett zu würgen.
    »Was ist denn da los?«, schrien von unten Petrow und Komarow.
    »Hier wird einer erwürgt!«, schrie der Anstreicher. »Na warte, dir geb ich Saures!«
    Mit diesen Worten kletterte der Anstreicher aus der Gondel und sprang ins Zimmer.
    Die von ihrer Last befreite Gondel pendelte zur Seite, schlug gegen die Wand, prallte wieder vom Haus ab und donnerte mit Karacho gegen das Fallrohr.
    Irgendetwas in dem Rohr klopfte, klickerte, klackerte, rappelte und rasselte.
    Mit einem Aufschrei rannte die Menge vom Haus weg mitten auf die Straße. Und auf den Bürgersteig kullerten aus dem Fallrohr drei kleine Ziegelsplitter.
    Die Menge näherte sich wieder dem Haus.
    Petrow und Komarow hielten immer noch das Seil fest und demonstrierten, wie sie die Gondel nach oben gezogen hat
    ten, wie ihnen der Anstreicher zugerufen hatte, ihn wieder herunterzulassen, und wie ein Mann einen anderen würgte. In der Menge rief man oh und ach, sah nach oben und beschloss endlich, dem Anstreicher irgendwie zu Hilfe zu kommen.
    Ein Mann mit Strohkappe bot seine Hilfe an und sagte, er könne am Fallrohr hochklettern, und sei es bis ans Ende der Welt.
    Eine alte Frau mit kleinem Gesicht und einer Nase, so groß, dass man sie mit zwei Händen greifen konnte, verlangte, man solle alle Gauner der Miliz übergeben und ihnen die Pässe wegnehmen, damit sie wüssten, was das heißt, andere Leute zu quälen.
    Petrow und Komarow, die immer noch das Seil festhielten, sagten:
    »Den lassen wir nicht entwischen! Kommt nicht in die Tüte!
    Nix da!«
    In dem Moment kam der Hausmeister mit riesiger, zotteliger Pelzmütze, hellblauem Unterhemd und roten Gummigaloschen, die er sich über zerrissene Filzstiefel gezogen hatte, aus dem Haustor gerannt. Mit dem Schrei »Was ist hier los?« lief er auf Petrow und Komarow zu.
    Dem Hausmeister wurde erklärt, dass im dritten Stock, hinter dem Fenster dort, ein Mann einen anderen erwürgt habe. »Mir nach!«, schrie der Hausmeister und stürmte in den Hauseingang. Die Menge rannte dem Hausmeister hinterher. Petrow und Komarow banden das Seil an irgendeinen Holzhaken, der aus der Erde ragte, und riefen: »So leicht kommst du uns nicht davon, Bürschchen!«, und verschwanden ebenfalls im Hauseingang.
    Der Hausmeister rannte bis zum Treppenabsatz im dritten Stock, blieb für eine Sekunde stehen und warf sich plötzlich gegen die Tür, an der ein Schildchen mit der Aufschrift »Wohnung 8. 8 x klingeln« hing. Unter diesem Schildchen hing ein anderes, auf dem geschrieben stand: »Klingel geht nicht.
    Bitte klopfen«.
    Eigentlich gab es an der Tür sowieso keine Klingel.
    Der Hausmeister stellte sich mit dem Rücken zur Tür auf ein Bein, und mit dem anderen begann er gegen die Tür zu donnern.
    Die Leute drängelten sich eine halbe Treppe tiefer auf dem Treppenabsatz und beobachteten von da aus den Hausmeister.
    Der Hausmeister trat so heftig gegen die Tür, und die rote Galosche sauste so schnell vor und zurück, dass der alten Frau mit der langen Nase schwindlig wurde.
    Aber die Tür ging nicht auf.
    Der Mann mit der Strohkappe sagte, er könne mit einem Stück Draht jedes Schloss öffnen.
    Worauf die alte Frau mit der langen Nase sagte, Schlösser würden heutzutage so schlecht gemacht, dass ein Dieb sie im Handumdrehen mit den Fingernägeln auf- und zumachen könne.
    Da sagte ein junger Mann, der über der Schulter eine Tasche trug, aus der eine Kerze herausragte und der Schwanz von irgendeinem eingesalzenen Fisch, ein französisches Schloss sei kinderleicht zu öffnen, wenn man ihm eins mit dem Hammer drauf gibt. Dann würde das Metallgehäuse bersten und das Schloss von selbst aufgehen.
    Ein Stockwerk tiefer erklärten sich Petrow und Komarow gegenseitig, wie der Anstreicher ins
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