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Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Titel: Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!
Autoren: Andreas Altmann
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für alle, die noch sterben müssen.
    Aber, zum letzten Mal: bearbeiten kann man es, mit mehr Wärme und Herzensgüte ausstatten. Wie umgekehrt kein Versuch schadet, die Luft im aufgeblasenen Ego etwas abzulassen. Auch das ist möglich, meist. Mit Vipassana, zum Beispiel. Dieses Juwel werde ich behalten. Wobei mich nie die Erinnerung an den Mann verlassen wird, dem ich dieses kleine Wunder, ja Wunder der Technik, verdanke.
    Vor vielen Jahren hörte ich in Indien zum ersten Mal den Satz: »Triffst du Buddha auf der Straße, dann töte ihn!« Es dauerte eine Weile, bis ich jemanden fand, der ihn mir erklären konnte: Buddha soll dir Hebamme sein, Guru und Mentor. Um das in dir schlummernde Potential zu wecken, es zur Welt zu bringen. Aber wenn es geweckt ist, dann musst du dich verabschieden, ihn von dir weisen, ihn »töten«. Selbstverständlich nicht durch einen mörderischen Akt (wie auch?), sondern mit der symbolischen Geste eines definitiven Abschieds. Jetzt muss, jetzt will der Schüler ohne Krücken leben, ohne Hilfestellung, ohne »Eltern«. In seinem letzten Diskurs hätte es Goenka unausweichlicher nicht formulieren können: »Der spirituelle Lehrer ist nur Wegweiser. Du musst dein eigener Meister werden.«
    Als ich Mitte der achtziger Jahre in New York in Behandlung war, erzählte mir mein Psychiater, dass er kein anderes Ziel habe, als seine Patienten loszuwerden. Das sei die schönste Auszeichnung für ihn als Therapeuten. Sie sollten ihn verlassen, sobald sie fähig sind, ohne ihn, ohne »shrink«, ohne Ersatzvater, ihr Leben zu meistern. Wenn sie bereit sind, »erwachsen« zu sein. Erwachsene, sagte er noch, sind all jene, die aufgehört haben, nach Sündenböcken zu suchen, und bereit sind, Verantwortung für das zu übernehmen, was sie tun. Ich schenkte ihm den uralten Satz aus Indien. Wir sahen beide, wie modern er klang.
    Vor ein paar Tagen las ich von neuem die Selbstbetrachtungen von Marc Aurel. Während ich die letzten Seiten meines Buchs schrieb. Und wie vor langer Zeit, bei der ersten Lektüre, strich ich denselben Satz an. Diesmal feuerrot. Vor knapp zweitausend Jahren hatte der römische Kaiser notiert: »Die Lebenskunst ist der Kunst des Ringens ähnlicher als der Tanzkunst.« Heute ist meine Antwort auf die elegante Metapher noch eindeutiger: Ich will beides, das Ringen und das Tanzen. Ich will den Schweiß und den Swing. Und zwischen den beiden will ich still stehen, still sitzen, will mich versenken. Ins Innerste. Damit mir die Kräfte nicht schwinden, und nicht die Neugier, nicht diese fiebrige Lebensfreude.

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