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Treibland

Treibland

Titel: Treibland
Autoren: Till Raether
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Schiff hatte er seine Quarantäne verlängert, auf null gesetzt sozusagen.
    Die Einzige, die in ihrer Pest- WG fehlte, war die Putzfrau, die in der Nacht ins Clubhaus gekommen war. Danowski war erst später eingefallen, dass er sie im Rausgehen berührt haben musste, aber als er es zu Protokoll gab, war sie längst verschwunden. Typisch: Im Club kannte angeblich niemand den Namen. Als sie mit Phantombild übers Fernsehen, Internet und die Zeitungen gesucht wurde, geriet offenbar Peters in Wallung, und dann standen dessen Anwälte bei Danowski an der Scheibe: Peters wisse was über die Gesuchte, ihre Anwesenheit auf dem Golfplatz hätte mit Wolka Jordanova zu tun gehabt, die sie im Auftrag von Steenkamp hätte bedrohen sollen «oder mehr», aber Danowski verwies auf die Staatsanwaltschaft. Er musste nach vorne schauen. Wenn es einen Prozess gegen Peters gab, würde er früh genug in dessen Ablenkungsmanöver verwickelt werden.
    Die «Große Freiheit» war geräumt. Der Schiffsarzt war hier im Institut in Isolation innerhalb weniger Tage gestorben, geschwächt durch das Zeug, das er eingeworfen hatte, um zu verdrängen, was ihm bevorstand. Mary Linden, die Kabinenstewardess aus Jamaika, kämpfte, wie alle zu sagen pflegten, in einem anderen Bereich des Tropeninstituts um ihr Leben, aber Tülin Schelzig sagte: Wer so lange nicht am Virus gestorben ist, überlebt es. Dafür gab es keine gesicherten medizinischen Daten, aber Schelzig war regelrecht unwissenschaftlich feinfühlig geworden, stellte er befriedigt fest. Simone Bender war tot, und er wusste nicht, was aus Luis geworden war. Er nahm sich vor, ihn zu besuchen, wenn er hier raus war, aber er ahnte und fürchtete, dass er es aufschieben oder vergessen würde.
    Finzi hätte das gemacht. Finzi hätte das nicht vergessen.
    Maik war in Schwerin beerdigt worden, die Quetscher hatten sich widerstandslos festnehmen lassen. Außer in die Elbe springen wäre ihnen auch nichts anderes übriggeblieben. Und wer machte so was schon. Doch nur so Hypersensibelchen wie er. Zwei Passagiere, die das Gleiche versucht hatten, waren vermisst und galten als tot. Die Gerüchte hatten also gestimmt. Erkrankt war an Bord niemand mehr, jedenfalls nicht am Ebola-Altona-Virus. Nach Danowskis Ausschiffung über die Reling hatte es einen Ausbruch von Noro-Viren gegeben, aber daran zu erkranken, fand er, war nicht schlimmer, als vom Leben insgesamt auf der Skala ertragbarer Unannehmlichkeiten vorgesehen.
    Die Chefin kam und stand in ihrer Windjacke an der Scheibe und sagte, von den beiden Verfahren gegen ihn sei schon mal eins wieder weg: Die Anzeige gegen ihn wegen Körperverletzung im Amt hatte der Mann, den Danowski auf dem Parkplatz vorm Schiff geschlagen hatte, zurückgezogen. Nur das Verfahren wegen Verstoßes gegen die Quarantänevorschriften wäre komplizierter, da es von Amts wegen geführt würde. Aber sobald das ausgestanden wäre, wollte sie ihn wieder in einer richtigen Mordbereitschaft sehen. So was sagte sie sonst nie; dass er und Finzi und die Omis, die sich um Vermisste kümmerten und unnatürliche Todesursachen ausschlossen, keine richtige Mordbereitschaft waren, wäre ihr ohne Scheibe nie rausgerutscht. Molkenbur und Kalutza taten, als wären sie untröstlich, aber er sah sie durch die Scheibe funkeln, weil sie sich freuten, endlich mit neuen Kollegen arbeiten zu können.
    Zu Behling ins Team wollte Danowski nicht, aber das konnte die Chefin nicht ändern. Meta Jurkschat würde seine Bereitschaftspartnerin, sobald er wieder im Dienst war. Na gut. Aber Behling? Hatte er das richtig verstanden? Ja, sein neuer Chef. Bis auf weiteres. Bis was frei wurde. Die Chefin machte treue Augen. Danowski wusste, was das bedeutete. Also praktisch sozusagen: für immer. Aber erst mal fing das noch nicht an. Denn noch war er ja hier. Behling und er. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    «Wenn Sie sich das überhaupt zutrauen», sagte die Chefin, fast schon im Gehen. «Psychische Probleme? Behling hat da so was erwähnt.»
    Nur Finzi wachte nicht auf. Er wurde beatmet, sie wendeten ihn. Sie schnitten ihm die Nägel und die Haare und ernährten ihn durch eine Magensonde. Er lag da, zehn, elf Kilometer entfernt, aber er wachte nicht auf. Einer von den Omis hatte sich den Schnurrbart wieder abrasiert, Kalutza oder Molkenbur. Damit Finzi sie wieder unterscheiden konnte, wenn er aufwachte, sagten sie.
    Wahrscheinlich, dachte Danowski, wartet er mit dem Aufwachen, bis ich ihn besuchen komme. Die faule
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