Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
saß still in den Polstern und starrte hinaus über das kalte Land. Auf der Elbe schoben sich die Schiffe zum Hafen. Schlepper und Lotsenboote gaben Signale. Das Wasser sah grau und schmutzig aus, denn grau war es in Heberachs Seele.
    Vor dem Haus hielt Max und wartete, daß der Professor ausstieg. Aber diesmal rührte sich der Alte nicht. Sonst riß er immer schon die Tür auf, kaum daß der Wagen ausrollte.
    »Wir sind da, Herr Professor«, sagte Max halblaut. Wenn Heberach einschlief, mußte man ihn vorsichtig wecken. Erschrak er, wurde er ungenießbar.
    Heberach antwortete nicht.
    Verwundert drehte sich Max herum. Dann nahm er langsam die Chauffeurmütze vom Kopf.
    Er sah in das stille, entkrampfte, friedliche, gelbe Gesicht eines Toten.
    Hans Bornemann, der Bankräuber, lag eine Woche lang in einer Krisis, von der selbst Lorentzen am sechsten Tage nicht mehr glaubte, daß der Patient sie überstehen würde. Aber dann, am siebenten Tag, trat, wie so oft in der Medizin, schlagartig eine Besserung ein. Bornemann erwachte aus seiner Besinnungslosigkeit und erkannte klar seine Umwelt. Er sah zuerst Schwester Rita von Station III und schüttelte schwach den Kopf.
    »Bin ich wieder hier?« flüsterte er. »O, es ist zum Kotzen …«
    »Er flucht schon wieder«, sagte Schwester Rita kurz darauf am Telefon zu Dr. Lorentzen. »Er ist also ganz klar.«
    Von dieser Besserung sagte man dem immer noch vor der Tür wachenden Polizisten nichts. Im Gegenteil, die Beamten glaubten, es ginge nun doch endlich zu Ende, weil Dr. Thorlacht wieder mit einem Infusionsgerät schnell ins Zimmer ging.
    »Wie komme ich hierher?« fragte Bornemann, als Lorentzen an seinem Bett saß und die Traubenzuckerinfusion kräftigend in die Vene tropfte. »Man hat mich doch erschossen. Ich war doch tot.«
    »Fast. Lungenschuß, Arterienriß und innere Verblutung. Das war eine ganz schöne Arbeit.«
    »Du hast mir das Leben gerettet, Lutz?« Bornemann tastete nach Lorentzens Händen und hielt sie fest.
    »Ja. Das kann man sagen.«
    »Gerettet fürs Zuchthaus …« Bornemann lächelte schwach. »Aber ich bekomme nicht viel. Es war kein Überfall, kein bewaffneter Raub. Ich habe keinen bedroht. Ich habe nur die Scheine eingesammelt und hinausgetragen. Wie Altpapier. Das ist einfacher Diebstahl.«
    »Ich weiß nicht, Hans. Ich bin juristisch nicht kompetent. Aber logisch gesehen: Du hast wirklich keinen an Leib und Leben geschädigt oder bedroht. Das müßte mildernd berücksichtigt werden.«
    Bornemann sah an die Decke und atmete pfeifend. Die Lunge schmerzte noch sehr. »Weiß man, daß du und ich … daß ich hier war, damit du mein Gesicht …«
    »Die Polizei weiß es nicht. Nicht in solchem Zusammenhang. Ich habe erzählt, du seist als mir völlig fremder Patient gekommen.«
    »Das ist gut. Ich werde auch schweigen.« Bornemann drückte Lorentzen die Hand. »Es war eben ein verlorenes Spiel. Man muß auch verlieren können, Lutz.«
    Noch drei Tage blieb die Polizei in Unwissenheit, dann war Bornemann vernehmungsfähig. Aus Frankfurt kam der Staatsanwalt angereist, denn der Fall Bornemann sollte nach Frankfurt, dem Tatort, übergeben werden.
    Lorentzen war bei dem Verhör zugegen; er bestand darauf, das Verhör abbrechen zu lassen, wenn der Patient nicht mehr folgen konnte. Mit saurem Gesicht mußte der Staatsanwalt nachgeben. Ein Arzt hat das Recht, sogar ein Verhör nicht zuzulassen, wenn es gegen sein ärztliches Gewissen ist.
    Hans Bornemann gab alles zu. Er berichtete von der Einfachheit des Raubes und von seinen Motiven. Dann schwieg er.
    »Man hat in Ihren Taschen 274.000 DM gefunden«, sagte der Staatsanwalt laut. »Wo ist das andere Geld? Es waren 2,3 Millionen.«
    »Das ist gelogen. Es waren genau zwei Millionen und siebenundachtzigtausendfünfhundert Mark. Ich hatte Zeit, es genau zu zählen. Ich bin als Kassierer sehr gewissenhaft.«
    »Werden Sie nicht auch noch frech!« schrie der Staatsanwalt. »Wo ist der Rest des Geldes?«
    »In den Bergen«, sagte Bornemann müde.
    »In den – wo?«
    »Bergen. Hoch droben.«
    »Wo?«
    »Das kann ich Ihnen nicht erklären.«
    »Man kann alles erklären.«
    »Also gut. Von hier schräg nach oben, dann durch zwei Wälder, man kommt an die Baumgrenze, dann weiter, wo Felsen sind. Finden Sie das?«
    »Nach so einer idiotischen Lagebeschreibung nicht.«
    Bornemann schloß die Augen. »Ich habe eben nicht den Bildungsstand eines Beamten«, sagte er matt.
    »Bornemann!« brüllte der Staatsanwalt. »Wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher