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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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… nur die Schwachsinnigen haben eine Chance. Ja, hättest du bei deiner Verhaftung blabla gemacht und die Augen verdreht oder den Staatsanwalt frisch, fromm und frei angepinkelt … du hättest eine Chance gehabt. So gehst du vor die Hunde.«
    »Ich muß also sterben?« sagte Bornemann leise. Seine Augen sahen Lorentzen mit dem Blick eines sterbenden Hundes an. »Jetzt kannst du mich nicht mehr retten, Lutz?«
    »Ich fürchte, nein.«
    »Ich danke dir, Lutz.« Bornemann schloß die Augen. »Ich gehe aus einem versauten Leben … ich bin ganz froh drum …«
    Als er starb, war niemand bei ihm. Schwester Frieda fand ihn tot vor, als sie das Frühstück brachte.
    Gleich nach Bornemanns Tod rief Dr. Lorentzen in Frankfurt an. Er hatte Glück, der Staatsanwalt war zu Hause.
    »Bornemann ist eben verstorben«, sagte Lorentzen rauh. »Die Justiz ist Sieger geblieben!«
    »Wollen Sie damit andeuten, daß Sie mir die Schuld geben?« bellte der Staatsanwalt zurück. »Eine Lungenentzündung kann jeder kriegen.«
    »Da haben Sie recht. Eine Lungenentzündung kann jeder kriegen.«
    »Na also! Hat er noch etwas gesagt?«
    »Viel.«
    »Das Versteck des Geldes?«
    »Nein.«
    »Mist! Wo soll man jetzt suchen?«
    Lorentzen antwortete nicht mehr. Er hängte ein.
    Das Geld. Zwei Millionen. Das war wichtig.
    Für den toten Bornemann gab es nicht eine Minute höflicher Anteilnahme.
    Und das alles ›Im Namen des Volkes‹.
    Armes Volk!
    Dr. Lorentzen wandte sich zu Marianne um, die betreten im Zimmer saß.
    »Er wird einen schönen Eichensarg bekommen«, sagte er, »und ein schönes Begräbnis. Er war allein auf der Welt.«
    Heiligabend.
    Die meisten Patienten der Almfried-Klinik und die Damen auf der Schönheitsfarm waren abgereist. Nur wenige blieben über Weihnachten da, weil Lorentzen sie nicht entlassen konnte. Es waren Operierte, die er unter Aufsicht behalten mußte. Der ›Graf‹ war darunter und die blasse Evelyn Heinzel, die Tag für Tag mit einer eisernen Energie im neuen Wasserbecken schwamm und das bisher verkümmerte Bein zwang, zu arbeiten, sich zu durchbluten, Muskeln zu bilden, die Sehnen geschmeidig werden zu lassen.
    Ilse Patz war in diesen Tagen mehr im Wasser als auf dem Land. Ihre Massagen waren für Evelyn anstrengend, aber sie spürte, wie ihr ganzer Körper sich umstellte, kräftiger wurde, gesünder. Das verlängerte Bein bekam eine geringe Standkraft … es konnte natürlich den Körper noch nicht tragen, aber Evelyn konnte mit ihm auftreten und langsam gehen, wenn sie einen Stock zu Hilfe nahm.
    Was sie immer wieder faszinierte, war, daß dieses Bein jetzt bis zur Erde reichte und daß sie ohne Schwanken gehen konnte.
    Ihre Kleider waren nun alle vier Zentimeter zu lang, und in den Stunden der Ruhe beschäftigte sie sich damit, alle Säume zu kürzen und umzunähen.
    Lorentzen beobachtete sie insgeheim, wie sie selbständig übte und, sich an das Fußende des Bettes festklammernd, das Bein bewegte und vorsichtig belastete. Eine Röntgenkontrolle ergab, daß sich der Knochen nicht verändert hatte, daß Verkürzung und Verlängerung fest genug waren, das andere Knochengerüst zu tragen.
    In diese Zeit der Freude fiel die Todesnachricht von Professor Heberach. Der I. Oberarzt der Hamburger Klinik schickte ihm eine Anzeige.
    Lange saß Lorentzen sinnend vor dem schwarzumränderten Papier. Mit Heberach ging an der Universität eine Ära zu Ende … aber auch der böseste Feind, der unnachgiebigste Hasser seines Schwiegersohnes ging dahin. Von nun an würde Ruhe herrschen. Der Name Lutz Lorentzen hatte sich durchgesetzt. Ob dies der letzte Anstoß gewesen war, Heberach den gar nicht ersehnten letzten Frieden zu verschaffen?
    Lorentzen dachte an die Jahre zurück, an die er eigentlich nicht mehr denken wollte.
    Der junge Assistent bei dem großen Professor. Schon die erste Bekanntschaft im Operationssaal war bezeichnend. Heberach hatte im Röntgenbild einen Knochenabszeß gesehen. Er sah so etwas im Vorbeigehen an den eingespannten Röntgenbildern. Ein Mann wie Heberach war unfehlbar. Er war der König.
    Dann die Operation. Der Patient lag schon auf dem Tisch, die rechte Hand operationsreif. Heberach wusch sich noch, als der junge Assistent Lorentzen plötzlich sagte: »Das ist ja die falsche Hand! Nicht die rechte … die linke ist es!«
    Atemlose Stille im OP. Vom Waschbecken zeigte der II. Oberarzt an die Stirn. Idiot! Der Alte hat rechts gesagt.
    Heberach trat an Lorentzen heran und musterte ihn wie einen
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