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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Sohlen sahen aus wie der Ruß einer antiken Feuerstätte. Als sie oben angekommen war, drehte sie sich langsam um die eigene Achse und überblickte die Insel wie eine Wächterin, die soeben ihren Wachturm bestiegen hat. Alice war zwölf Jahre alt, ein ernstes Mädchen, das früher Cello gespielt und mit seinen Freundinnen Geheimverstecke in der Wüste gebaut hatte. Jetzt lebte sie auf einer abgelegenen Insel bei vier Nonnen, die der Überzeugung waren, sich um die Kleine zu kümmern  – dabei war es genau andersherum. Sobald Alice allein war, schlüpfte sie in ihre neue Identität und wurde zur Kriegerprinzessin von Skellig Columba, der Beschützerin des Klarissenordens.
    Sie konnte den brennenden Torf in der Küchenhütte riechen und den Verwesungsgestank der Algen, die die Nonnen
vom Strand heraufschleppten und als Dünger in den Gärten verteilten. Der kalte Wind, der vom Meer heraufblies, zerrte an Alice’ Jackenkragen und trieb ihr die Tränen in die Augen. Direkt unterhalb ihres Postens sah sie die Kapelle und die vier Hütten des Ordens, die mit ihren schmalen Fenstern und tiefen Türnischen an steinerne Bienenstöcke erinnerten. Richtete sie ihren Blick aufs Wasser, konnte sie die weißen Schaumkronen auf den Wellen und die dunkle Linie am Horizont erkennen, die die Grenze ihrer Welt markierte.
    Die Schwestern des Klarissenordens kochten besondere Leckereien für Alice, sie besserten ihre Kleidung aus und kippten das warme Wasser kübelweise in die Zinkwanne, damit die Kleine ein Mal pro Woche baden konnte. Schwester Maura hielt sie an, Shakespeares Dramen und irische Lyrik zu lesen, und Schwester Ruth, die älteste der Nonnen, arbeitete mit ihr ein uraltes Schulbuch über euklidische Geometrie durch, das noch aus der viktorianischen Epoche stammte. Alice schlief bei den Nonnen in der Schlafhütte. Die Öllampe wurde nie gelöscht, damit Alice, wenn sie in der Nacht aufwachte, die Köpfe der Ordensschwestern auf den weißen Daunenkissen sehen konnte.
    Sie wusste, wie sehr sie diesen sanften, frommen Frauen ans Herz gewachsen war, vielleicht wurde sie sogar geliebt – aber vor den Gefahren dieser Welt konnten die Nonnen sie nicht beschützen. Vor einigen Monaten waren Tabula-Söldner mit einem Helikopter auf der Insel gelandet. Während Alice und die Nonnen sich in einer Höhle versteckt hatten, hatten die Söldner die Tür zur Vorratshütte aufgebrochen und Vicki Fraser ermordet. Vicki war ein guter Mensch gewesen, und an ihren Tod zu denken tat Alice weh.
    Alice glaubte, dass alles anders gekommen wäre, hätte Maya die Insel nicht verlassen. Der Harlequin hätte Schwerter und Messer und Gewehre benutzt, um die Männer aus dem Helikopter umzubringen. Wäre Maya in New Harmony gewesen,
als die Siedlung von den Tabula überfallen wurde, hätte sie Alice’ Mutter und die anderen beschützt. Alice wusste, dass alle Bewohner von New Harmony tot waren, dennoch waren sie immer bei ihr. Manchmal, wenn sie mit etwas ganz Banalem beschäftigt war – Schuhe zubinden, Kartoffeln mit der Gabel zerquetschen –, sah sie plötzlich ihre Mutter vor sich, wie sie sich gerade umzog, oder sie hörte ihren Schulfreund Brian Bates auf der Trompete spielen.
    Alice sprang vom Felsen herunter, wandte sich vom Kloster ab und marschierte in westlicher Richtung über die Klippen. Die Insel war entstanden, als sich zwei Vulkangipfel aus dem Meer geschoben hatten, und der bläulich graue Fels war von Höhlen und Wasserbecken durchsetzt. Während ihrer Monate auf Skellig Columba hatte Alice an verschiedenen Stellen Steine aufgetürmt; einige markierten ihre Wanderpfade über die Insel, andere waren irreführend und sollten jeden ungebetenen Gast über den Rand der nächsten Klippe stürzen lassen.
    Eine kleine, im Gestrüpp versteckte Höhle von der Größe eines Dachsbaus war Alice’ Geheimlager. Dort bewahrte sie ein rostiges Fleischermesser auf, das sie in der Vorratshütte gefunden hatte, sowie ein Kartoffelmesser, das sie aus der Küchenhütte gestohlen und in Plastik eingewickelt hatte. Alice steckte sich das Fleischermesser in den Gürtel und trug es wie ein kurzes Schwert; das Schälmesser befestigte sie mithilfe zweier großer Gummibänder an ihrem Unterarm. Auf der Insel wuchsen keine Bäume, aber unten am Anleger hatte Alice einen langen Stock gefunden, den sie benutzte, um in geheimnisvollen Nischen zu stochern. Nun, da sie bewaffnet war, versuchte sie, wie ein Harlequin zu gehen – aufrecht und entspannt, aber
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