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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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schimmerten gelblich weiß wie altes Elfenbein.
    Sie liefen auf einem Spazierweg zum Giardino del Lago hinunter, der in der Mitte des Parks lag. Riesige Kiefern und Pyramidenpappeln schirmten das Sonnenlicht ab, bis sie schließlich den künstlichen See erreichten, den Alice nur »das Meer« nannte. Im Sommer wuchsen Lilien aus dem algengrünen Wasser. Die römischen Familien verbrachten die Nachmittage damit, ihre gemieteten Ruderboote gegeneinanderkrachen zu lassen und die Schwäne mit Brotkrumen zu füttern.
    Maya setzte sich auf eine Parkbank und aß zwei Biscotti. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Sees, stand ein ionischer Tempel, der Asklepios gewidmet war, dem Gott der Heilkunst. Seine Statue im Blick zu haben, schien Maya ein gutes Omen.
    Alice hatte zu viel Energie, um sich im Sitzen zu beschäftigen. Sie rannte durch den Park, warf Kieselsteine in den See und spähte eine Gruppe von Entenküken aus, die sich zwischen Bambus- und Bananenstauden versteckte. Schließlich kam sie zur Bank zurück und setzte sich neben Simon.
    »Lass uns zum Fluss gehen. Hast du ein Boot mitgebracht?«
    »Ein Boot? Ich habe eine ganze Flotte dabei!«
    Simon griff in seinen Leinenbeutel und holte ein Stück Balsaholz mit einem kleinen Mast und einem Papiersegel
heraus. Durch die Mitte des Parks lief ein aus Ziegelsteinen und Beton gemauerter Kanal, der kaum breiter als ein Rinnstein war. Alice nannte diesen gartenbaulichen Versuch »den Fluss«, weil das Wasser langsam bergab mäanderte und unter kleinen Brücken hindurchfloss, um schließlich im »Meer« zu münden. Die italienischen Kinder schickten Holzstücke und Papierboote auf die Reise, aber Alice hatte auf einem »echten« Boot bestanden. Vor drei Wochen hatte Simon das Schiffchen aus Balsaholz zum ersten Mal mitgebracht, und seither hatte sich die Ausstattung des Wasserfahrzeugs stetig verfeinert.
    Alice schielte in den Beutel. »Wie viele hast du geschnitzt?«
    »Fünf! Ein Kriegsschiff aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ein polynesisches Auslegerkanu. Die Yacht eines reichen Mannes. Ein Kreuzfahrtschiff. Und einen Schleppdampfer. Zugegeben, sie sehen sich alle recht ähnlich, aber mit ein bisschen Fantasie kannst du sie auseinanderhalten.«
    »Wer bekommt das fünfte Boot?«
    »Das fünfte Boot gehört dem Schicksal, und quel dio schickt es, wohin er will. Such dir eins aus, Alice.«
    »Wir sollten sie erst testen«, sagte Alice. »Wir lassen sie bis zur ersten Flussbiegung schwimmen.«
    »Eine hervorragende Idee.« Simon verbeugte sich vor Maya. »Wir werden die Seetauglichkeit meiner Kreationen überprüfen und kommen dann unverzüglich zurück.«
    Die beiden entfernten sich, und Priest setzte sich zu Maya. »Woher weiß ich nur, dass Alice am Ende das schnellste Boot haben wird?«
    »Da könntest du Recht haben. Und Simon, der Gentleman, wird das langsamste wählen.«
    Maya trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche und starrte auf den See hinaus. Im Westen des Parks näherte die Sonne sich dem Horizont, und das Licht fing an sich zu verändern.
Der flache, künstliche See wirkte plötzlich zeitlos und unergründlich tief. Wenn eine leichte Brise in die Zweige über ihren Köpfen fuhr, tanzten die Schatten am Boden.
    Hollis Wilson hätte jetzt vielleicht über die Restaurants geplaudert, die sie am Abend aufsuchen könnten, aber Priest konnte stundenlang am selben Fleck sitzen, ohne ein Wort zu verlieren. Der Zorn, der ihn nach Vickis Tod befallen hatte, war gewichen und hatte einer stillen Ernsthaftigkeit Platz gemacht, die auf Fremde einschüchternd wirkte. Er hat seinen Namen gut gewählt , dachte Maya, und sie fragte sich, ob der Freund immer so traurig aussehen würde, wenn er Liebespaare durch den Park schlendern sah.
    »Alice sagt, Linden habe sich gemeldet?«, fragte sie.
    »Ich wollte dir davon erzählen. Linden ist übers Wochenende mit zwei Söldnern nach England gereist, um Wellspring Manor zu überfallen. Sie wollten Matthew Corrigans Körper bergen, fanden aber nur noch sein Grab vor. Den medizinischen Aufzeichnungen zufolge hat das Herz des Travelers vor zwei Wochen zu schlagen aufgehört.«
    Maya starrte zu den Schwänen hinaus und versuchte, ruhig zu bleiben. Bedeutete es, dass Gabriel ebenfalls gestorben war? Nach den Ereignissen in Los Angeles hatten sie die Körper der Brüder aus dem Hotel geholt und ins nördlich gelegene Sierra-Gebirge gebracht, wo sie im Keller einer Jonesie-Kirche bewacht wurden.
    Priest sah die Angst in Mayas
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