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044 - Nach eigenen Regeln

044 - Nach eigenen Regeln

Titel: 044 - Nach eigenen Regeln
Autoren: Claudia Kern
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»Shit«, sagte Matthew Drax, knüllte das Papier zusammen und warf es ins Feuer. Seine Gefährtin Aruula sah ihn stirnrunzelnd an.
    »Was tust du da?«
    Matt legte den Notizblock, mit dem er sich bei den »Unsterblichen« ausgerüstet hatte, beiseite und hob die Schultern. »Während unseres Aufenthalts bei Naoki kam mir die Idee, alles aufzuschreiben, was seit meiner Ankunft hier geschehen ist, aber ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Wieso fängst du nicht am Anfang an?«, fragte Aruula das Offensichtliche. »Damals, als du mit dem Feuervogel aus dem Himmel fielst und zu Sorbans Horde kamst.«
    War das wirklich der Anfang?, dachte Matt. Oder hatte seine Odyssee nicht fünfhundert Jahre früher begonnen, als der Komet
    »Christopher-Floyd« die Zivilisation vernichtete und ihn in seinem Jet weit in die Zukunft schleuderte?
    So viel war seitdem geschehen. Die Erde hatte sich völlig verändert, war zu einem barbarischen Ort geworden, an dem jeder neue Tag und vor ajjem jede neue Nacht den Tod bringen konnte. Nur wenige Menschen hatten sich das Wissen der alten Welt bewahrt, kämpften dafür jedoch mit anderen Problemen.
    Matt und Aruula hatten dem amerikanischen Zweig dieser Technos, dem selbsternannten Weltrat vor etwas mehr als zwei Monaten den Rucken gekehrt -angewidert von dessen Intrigen und politischen Machtspielen. Seitdem hatten sie Tennessee, Oklahoma und Texas durchquert und waren jetzt, wenn Matt richtig schätzte, knapp hinter der ehemaligen Staatsgrenze von New Mexico.
    Dass sie überhaupt so schnell vorwärts gekommen waren, verdankten sie einem futu- ristisch aussehenden Fluggleiter, den sie in Amarillo von den »Unsterblichen« geschenkt bekamen und mit dem sie sich seitdem fortbewegten.
    Matt warf einen Blick in die Umgebung, erinnerte sich daran, wie sie während des Tages ausgesehen hatte. Karg mit Gelb verdorrtem Gras, knorrigen alten Bäumen und rotem Sand. In seinem Rücken befanden sich die Ausläufer eines Felsmassivs, das von einem schmal und dunkel wirkenden Canyon durchzogen wurde. Ein Stück davon entfernt hatte er den Fluggleiter für die Nacht gelandet.
    Obwohl er den ganzen Tag über keinen einzigen Menschen oder auch nur ein Anzeichen für eine menschliche Besiedlung entdeckt hatte, ließ er das Gefährt nicht aus den Augen. Es war das Wertvollste, was sie besaßen.
    Aruula lehnte ihren Kopf an seine Schulter und griff nach dem kleinen Notizbuch. Ihre Haare rochen nach Rauch und Erde.
    »Zeig mir, wie du das machst«, sagte sie.
    »Wie ich was mache?«
    »Schreiben.« Sie hielt ihm das Buch auffordernd entgegen. »Ich will wissen, wie du die Zeichen zum Sprechen bringst.«
    Manchmal vergesse ich, dass sie ein Kind dieser Zeit ist, dachte Matt. Natürlich hatte Aruula nie Lesen und Schreiben gelernt. Einen Großteil ihres Lebens hatte sie bei Sorbans Horde in der lebensfeindlichen Kälte der europäischen Alpen verbracht - nicht gerade ein Zentrum von Bildung und Kultur, zumindest im herkömmlichen Sinne.
    Allerdings war sie durch dieses Leben zu einer Schwertkämpferin und Spurenleserin geworden, die immer wieder Details und Besonderheiten bemerkte, die Matt verborgen blieben.
    Das laute Heulen, das in diesem Moment die Stille zerriss, gehörte jedoch nicht dazu.
    Fast gleichzeitig sprangen Matt und Aruula auf. Mit einer Hand steckte er das Notizbuch in die rechte Brusttasche seiner Uniform, mit der anderen griff er nach dem Driller an seiner Hüfte.
    Aruula hatte das Schwert bereits gezogen, als er die Schusswaffe hoch riss. Ihre Hände schlossen sich fest um den Griff der langen Klinge, schwenkten sie im Halbkreis vor ihrem Körper.
    Matt trat ein paar Schritte zur Seite, brachte sich neben Aruula und vom Feuer weg, wo er ein leicht zu treffendes Ziel abgab.
    »Siehst du was?«, fragte er. Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, aber ich kann sie spüren. Mindestens zehn, vielleicht auch mehr.«
    »Tiere?«
    Das Heulen hatte wie das eines großen Lupas geklungen, mutierten Wölfen, gegen die Matt eine deutliche Abneigung hegte.
    Erneutes Kopfschütteln. »Nein… Menschen… ich weiß nicht… Sie sind beides und doch keins von beidem…«
    Matt stellte ihre Einschätzung nicht in Frage. Aruula war telepathisch begabt, und wenn sie sagte, dass um sie herum etwas lauerte, das weder Mensch noch Tier war, stimmte das schon - leider…
    »Lass uns verschwinden«, sagte er und fuhr herum, als ein Ast krachend brach. Aus den Augenwinkeln sah er einen Schatten, der kurz neben
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