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044 - Nach eigenen Regeln

044 - Nach eigenen Regeln

Titel: 044 - Nach eigenen Regeln
Autoren: Claudia Kern
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und lief los. Kurz glaubte sie ihn etwas sagen zu hören, dann übertönte das Grunzen der Piigs und das Zischen geworfener Speere jedes andere Geräusch.
    ***
    Uz schleuderte seinen Speer und hörte, wie er sich ebenso wie die anderen harmlos in den Sand bohrte.
    In der Schwärze seiner lichtlosen Welt waren die Dinge nicht mehr als Erinnerungen an zufällige Begegnungen. Ein Felsen, gegen den sein Fuß gestoßen war. Ein Baum, dessen Rinde seine Finger ertastet hatten. Diese Berührungen waren Fixpunkte auf seiner geistigen Landkarte, steckten klare Grenzen ab, zwischen denen er sich frei bewegen konnte.
    Die Krieger schrien ihre Wut heraus, machten es ihm unmöglich, der Spur der Fremden zu folgen. Ungeduldig wartete er, bis sie sich ein wenig beruhigt hatten, dann grunzte er laut.
    Zufrieden hörte er, wie die Krieger nach und nach verstummten, wenn auch widerwillig. Der Blutgeruch, der schwer und süßlich in der Luft hing, steigerte ihre Gier und ließ den Hunger wie eine Klinge in ihren Därmen wüten. Sie mussten die Beute erlegen, sonst würden die Krieger übereinander herfallen. Jeder von ihnen wusste das, aber keiner konnte diesem Drang widerstehen.
    Uz fuhr herum, als ein lauter Knall den Boden erschütterte. Einige Krieger warfen sich jaulend in den Sand, andere setzten zum Angriff an, aber er bremste sie mit einem scharfen Knurren. Er begriff die Taktik der Fremden, wusste, dass der Knall wie ein Speer war, der ins Ziel einschlug. Wer auch immer ihn warf, stand nicht dort, wo er auftraf, sondern an einem anderen Ort.
    Die Krieger gehorchten, aber er roch ihre Verwirrung. Er hätte ihnen seine Erkenntnis gern erklärt, aber die Laute, die ihm zur Verfügung standen, reichten nicht aus, um komplexere Gedankenbilder zu vermitteln.
    Wir müssten eine Möglichkeit finden, die Dinge um uns herum klar zu benennen, dachte er, während seine Nase das Blut des Fremden aus all den verschiedenen Gerüchen heraussuchte.
    Dann könnte ich erklären, weshalb es dumm ist, den Ort des Knalls anzugreifen.
    Sein Geruchssinn fand das Blut des Fremden.
    Uz machte sich nicht die Mühe, die anderen mit einem Grunzen darauf aufmerksam zu machen, sondern heftete sich direkt an die Spur, die es hinterließ. Die Krieger würden aus seinen Bewegungen schon die richtigen Schlüsse ziehen.
    Uz ging um einen Felsen herum, den seine Erinnerung mit geschwollenen Zehen verband, und beschleunigte seine Schritte. Jetzt lagen keine Hindernisse mehr zwischen ihm und den Fremden.
    Die Krieger schlossen zu ihm auf. Uz spürte das vertraute raue Holz eines Speers, den ihm jemand in die Hand drückte.
    Er hörte nichts außer dem Geräusch ihrer eigenen Schritte und dem leisen Rauschen des Windes. So wie er wussten auch die Krieger, dass eine Entscheidung bevor stand. Wenn sie die Fremden nicht bald fanden, war die Jagd vorbei.
    Ein seltsam hohl klingender Schlag und ein heiseres Jaulen brachten Uz abrupt zum Stehen. Er streckte die Arme aus, machte einen Schritt auf die schmerzerfüllten Laute zu und zuckte zurück, als seine Fingerspitzen eine kühle glatte Oberfläche berührten.
    Ohne sich um den verletzten Krieger zu kümmern, der damit zusammengeprallt war, tastete Uz den Gegenstand ab, bis er seine Größe erkannt hatte und sich gefahrlos an ihm vorbei bewegen konnte. Die Krieger schlossen sich ihm schweigend an.
    Uz bewegte sich jetzt vorsichtiger, folgte der stärker werdenden Duftspur mit ausgestreckten Armen. Seine Füße fanden die ersten Ausläufer der großen Felsen. Mit den Fingerspitzen tastete er sich daran entlang, obwohl er bereits ahnte, wohin die Fremden verschwunden waren.
    Dann fanden seine Fingerspitzen auch schon die Spalte. In einiger Entfernung hörte Uz die Schritte der Fremden auf dem harten Boden und roch den Geruch des Blutes, der wie zum Hohn in der Luft hing.
    Wütend schlug er mit der Faust gegen den Stein. Es hatte keinen Sinn, die Fremden zu verfolgen. Hier, vor diesem unüberwindlichen Hindernis aus Fels und Geröll endete das Territorium seines Stammes und damit auch die Landkarte der Erinnerungen. Was jenseits von ihr lag, wusste niemand.
    Hinter ihm begriffen auch die Krieger, dass die Beute entkommen war. Frustriertes Jaulen mischte sich in rasche Schritte, als die ersten die Gruppe verließen, um über ihre Verletzten und Toten herzufallen.
    Andere schleuderten voller Wut ihre Speere in den Spalt, hörten Holz split tern, aber nicht den Schrei, auf den sie hofften. Der kam erst viel später.
    ***
    Der
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