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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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sogar Euch überraschte?«
    Glücklicherweise hatte Tamisan ein paar Augenblicke zum Überlegen gehabt. Wenn es stimmte, was sie annahm, daß sie durch jene, die sie mitgebracht hatte, an diese Welt gebunden war, dann mußte sie sie finden, und zweifellos gehörten sie nicht zu den Anwesenden. Daraus mußte sie jetzt Nutzen schlagen.
    »Das grüne Zeichen ist das Symbol eines Helden, der in der kommenden Schlacht zum Retter werden wird. Doch erst dann vermag er erkannt zu werden, wenn das Zeichen auf ihn deutet, und möglicherweise kann nur eine mit der Gabe es feststellen.«
    Sie schaute die Edle an, und als ihre Augen sich trafen, erschauderte Tamisan. Die Augen der Greisin waren kalt und nicht bereit, ihre Behauptung ohne Beweis zu akzeptieren.
    »So müßte also eine mit der Gabe, so wie Ihr sagtet, in ganz Ty-Kry nach ihm suchen, und im Land außerhalb der Stadt, ja bis zu den Grenzen der Welt?«
    »Wenn es sich als erforderlich erweist, ja«, sagte Tamisan fest.
    »Eine lange Wanderschaft, vielleicht, von vielen Gefahren begleitet. Und was ist, wenn das Schiff kommt, ehe dieser Held gefunden ist? Ein dünner Faden, o Mund, an dem die Zukunft eines ganzen Volkes hängt. Seht Euch um, wenn Ihr es für richtig haltet, aber ich sage, wir haben erprobtere Methoden, um mit Eindringlingen aus dem Himmel fertig zu werden.«
    Die Greisin stemmte beide Hände auf die Armlehnen, um leichter hochzukommen. Sofort sprangen alle anderen auf, und die beiden Frauen unmittelbar links und rechts von ihr eilten an ihre Seite, damit sie sich auf sie stützen mochte. Ohne noch einen Blick auf Tamisan zu werfen, verließen sie den Raum. Tamisan erhob sich nicht, um sie zu verabschieden. Sie war plötzlich genauso erschöpft wie bisher, wenn ein Traum plötzlich brach und sie völlig ausgelaugt erwachte, doch dieser Traum war nicht gebrochen. Sie saß nach wie vor an dem Tisch mit dem Sandbild, als Gefangene einer anderen Welt.
    Die Frau in dem grünen Gewand kehrte mit zwei Kelchen zurück und streckte Tamisan einen entgegen.
    »Die Erstrangige nahm den Weg zum Hochschloß. Zweifellos wird sie mit der Oberkönigin sprechen. Trink, Tamisan. Vielleicht wird sie dich zu einer Sandlesung zu sich rufen.«
    Tamisan? Das war ihr wirklicher Name. Zweimal hatte die Frau sie schon so genannt. Wie kann er in einem Traum bekannt sein? Aber sie wagte nicht, diese Frage zu stellen. Statt dessen nahm sie einen Schluck aus dem Kelch. Angenehm wärmend rann die heiße, würzige Flüssigkeit durch ihre Kehle.
    Vieles mußte sie erst erfahren, aber sie durfte sich nicht anmerken lassen, wie wenig sie wußte, damit sie ja kein Mißtrauen erregte. »Ich bin müde«, murmelte sie.
    »Das Bett ist für dich gemacht. Du brauchst dich nur hineinzulegen«, sagte die Frau.
    Fast mußte Tamisan sich genauso hochstemmen wie die Greisin, um auf die Beine zu kommen. Sie fühlte sich schwach und leicht schwindelig. Schwerfällig folgte sie der Frau in Grün.
     
3.
     
    Kann man in einem Traum träumen? fragte sich Tamisan, als sie sich auf dem Bett ausstreckte, zu dem ihre Gastgeberin sie geführt hatte. Doch als sie die Krone abgenommen und den Kopf auf die Rolle gebettet hatte, die als Kopfkissen diente, war sie plötzlich wieder völlig wach, und ihre Gedanken überschlugen sich.
    Das Starrexsymbol, das sowohl das Schwert als auch das Raumschiff überlagert hatte, bedeutete das vielleicht, daß sie erst finden würde, was sie suchte, wenn die Waffen dieser Welt sich mit denen der Sternenmänner maßen? War sie tatsächlich irgendwie in die Vergangenheit gestürzt, wo sie die Ankunft der Raumreisenden in Ty-Kry selbst miterleben konnte? Aber die Edelfrau hatte von früheren Auseinandersetzungen gesprochen, die für Ty-Kry siegreich geendet hatten.
    Tamisan hatte eine Welt ihrer eigenen Zeit erträumen wollen, doch eine, in der die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hatte. Hier aber schien sie sich in der Vergangenheit zu befinden. Oder war es nur so, daß ohne die Entscheidungen, die zu ihrer eigenen Zeit geführt hatten, es in Ty-Kry in den vergangenen Jahrhunderten kaum zu Veränderungen und Fortschritt gekommen war?
    Wirklich? Unwirklich? Alt? Neu? Sie hatte jegliche Handlungskontrolle einer Träumerin verloren. Nun spielte sie nicht mit Figuren, die sie beliebig bewegen konnte, sondern war selbst vielleicht nur eine Marionette. Doch hatte die grüngewandete Frau sie zweimal bei ihrem Namen gerufen, und sie selbst hatte sich mit den Lesemitteln eines
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