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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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Schiff war noch nicht gelandet. Aber wenn es soweit war, mußte sie bei denen sein, die es auf ihre Art willkommenhießen.
    Als sie ihre Entscheidung getroffen hatte, übermannte sie endlich der Schlaf, und sie erwachte erst, als eine Hand sie leicht an der Schulter rüttelte. Die Frau in Grün stand über sie gebeugt.
    »Wach auf, Tamisan. Man wünscht deine Dienste.«
    Ich soll träumen, dachte Tamisan noch benommen, doch als sie die Augen öffnete, erinnerte sie sich sofort, wo sie war.
    »Jassa, die Erstrangige, läßt dich rufen.« Die Stimme der Frau klang aufgeregt. »Ihr Bote – er hat einen Sesselwagen für dich dabei! – sagte, er sollte dich zum Hochschloß bringen. Vielleicht will dich die Oberkönigin persönlich sprechen! Aber ich habe noch ein bißchen Zeit für dich gewonnen, damit du baden, essen und dich umkleiden kannst. Schau, ich habe meine Brauttruhe durchstöbert.« Sie deutete auf einen Stuhl, über den ein Gewand gebreitet war. Es war nicht von dem tiefen Violett, das Tamisan jetzt trug, sondern einem dunklen Weinrot. »Es ist das einzige von der richtigen Farbe, oder kommt ihr doch zumindest nahe.« Fast zärtlich strich sie über den weiten Rock.
    »Aber beeil dich trotzdem«, sagte sie schnell. »Als Mund kannst du dir leisten, dir Zeit zu gönnen, um dich zurechtzumachen, wenn du zu hohen Persönlichkeiten gerufen wirst. Aber wenn du dir zuviel nimmst, beschwörst du möglicherweise den Ärger der Erstrangigen herauf.«
    In einem Zimmer befand sich ein Becken, das groß genug war, darin zu baden. Tamisan stellte fest, als sie aus dem Wasser stieg, daß die Frau ihr nicht nur ihr kostbares Gewand zur Verfügung gestellt, sondern auch noch frisches Unterlinnen. Als Tamisan vor dem Spiegel ihren Silbergürtel umlegte und die Krone aufsetzte, fühlte sie sich fast wie neugeboren, und ihr Dank kam aus ehrlichem Herzen.
    Doch die Frau wehrte ihn ab. »Sind wir denn nicht vom gleichen Clan, Base? Soll einer von Nahra sagen, sie sei den Ihren gegenüber nicht großzügig? Daß du ein Mund bist, ist der Stolz unseres Clans.«
    Sie brachte eine zugedeckte Schüssel und einen Becher. Tamisan nahm sich von der auflaufähnlichen Speise, die mit Dörrobst und feingehacktem Fleisch gebacken war. Sie schmeckte köstlich, und so aß sie sie bis auf den letzten Bissen, und leerte auch den Becher mit der süßsäuerlichen Flüssigkeit.
    »Ich wünsche dir Glück, Tamisan. Es ist ein großer Tag für den Clan der Fremonts, da du zum Hochschloß gehst und vielleicht sogar vor der Oberkönigin selbst stehen wirst. Mögest du nur Gutes lesen, denn Schlechtes würden sie dir vielleicht verübeln, auch wenn du nur den Willen jenes kundtust, der über uns bestimmt.«
    »Hab Dank für deine warmherzige Hilfe und deine guten Wünsche«, sagte Tamisan. »Auch ich hoffe, daß dieser Tag nur Gutes bringt.«
    Der Bote Jassas war ein Offizier, dessen Haar unter einem Helm mit Kamm aufgetürmt war, um so seinen Kopf im Kampf zusätzlich zu schützen. Sein Brustpanzer wies blau emailliert die Doppelkrone der Oberkönigin auf, und er trug ein mächtiges Schwert, als zöge er bereits jetzt in die Schlacht. Ein kleiner Greif zierte den Griff des Sesselwagens, den ein Lakai in der Hand hielt. Ein zweiter zog den Vorhang des Wagens zurück, und der Offizier half Tamisan hinein. Ohne sie um Erlaubnis zu bitten, zog er den Vorhang wieder ganz vor. Offenbar sollte ihr Besuch im Schloß geheim bleiben.
    Sie schob den Vorhang einen Spalt zur Seite und schaute hinaus auf dieses Ty-Kry, das einige Ähnlichkeit mit dem ihrer Zeit hatte, so daß sie sich zumindest richtungsmäßig zurechtfinden konnte. Die Himmelstürme und andere fremdweltliche Architekturstile, die von Sternenreisenden eingeführt worden waren, fehlten. Aber die Straßen als solche und sogar die Parkanlagen waren die gleichen, wie sie sie seit ihrer Kindheit kannte.
    Auch das Hochschloß war Teil ihrer Welt gewesen, allerdings nur als malerische Ruine. Das meiste war während Sylts Rebellion zerstört worden, den Rest hatte man als unheilbringend erachtet und gemieden. Nur Touristen von fernen Welten, die das Ungewöhnliche suchten, hatten das zerfallene Schloß besucht. Jetzt sog sie bewundernd den Atem ein, als sie aus der Stadt kamen und sie es über sich liegen sah. Es war viel größer und wuchtiger als in ihrem Ty-Kry, und sah aus, als hätte jede Generation einen neuen Anbau hinzugefügt. Es war hier nicht ein Gebäude, sondern fast eine kleine Stadt für
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