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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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Benotung von allen, die in diesem Jahr ihre Ausbildung abschlossen. Deshalb bieten wir auch gerade sie Ihnen an.«
    »Ich kaufe die Katze nicht im Sack«, brummte Starrex.
    Jabis ließ sich davon nicht beirren. »Eine Zehngradige, mein Lord, gibt keine Proben ihres Könnens. Wie Sie wissen, kann das Stockzeugnis nicht gefälscht werden. Ich verkaufe sie nur, weil ich dringende Geschäfte in Brok habe und baldmöglichst abreisen muß. Ich erhielt sogar ein Angebot der Ziehmam selbst, die sie für ihren Verleih haben wollte.«
    Hätte Tamisan eine Möglichkeit gehabt, mit jemandem zu wetten, sie hätte, was dieses Geschäft betraf, auf ihren Onkel gesetzt. Onkel? Tamisan empfand keine verwandtschaftlichen Gefühle für diesen Mann mit dem runzligen Gesicht, den unsteten Augen, den dünnen Händen mit den krummen Fingern, die sie immer an ausgestreckte Krallen erinnerten. Ihre Mutter mußte ganz einfach anders ausgesehen haben, denn wie hätte ihr Vater sie sonst für würdig erachtet, ein Bett mit ihm zu teilen (und nicht nur für eine Nacht, sondern ein halbes Jahr!)?
    Nicht zum erstenmal beschäftigten sich ihre Gedanken mit dem Rätsel ihrer Eltern. Ihre Mutter war keine Träumerin gewesen, aber ihre Schwester war bedauerlicherweise (bedauerlich für die finanziellen Verhältnisse der Familie) als noch ganz junges Mädchen, während ihrer Stimulierung zur E-Träumerin, im Stock gestorben. Tamisans Vater war von einer fernen Welt, ein Fremder, doch menschlich genug, um sie zu zeugen. Er war wieder aufgebrochen, als er seine Sternensehnsucht nicht länger zügeln konnte. Hätte ihr Talent zur Träumerin sich nicht schon in früher Kindheit bemerkbar gemacht, so wären Onkel Jabis und der habgierige Yeska-Clan bestimmt nicht so menschenfreundlich gewesen, sich ihrer anzunehmen, nachdem ihre Mutter an der Blauseuche gestorben war.
    Sie war ein Mischling und intelligent genug, um schon früh zu erkennen, daß ihre Kräfte sich, unbemerkt von den anderen, ja selbst der Ziehmam, von denen ihrer Mitträumerinnen unterschieden. Das Talent zu träumen, war angeboren. Für die mit geringen Fähigkeiten bedeutete es, daß sie nur in ihren selbstgeschaffenen Traumwelten lebten. Sie waren von keinem oder zumindest nur wenig Nutzen. Aber die übrigen, die andere an ihren Träumen teilnehmen lassen konnten, brachten je nach der Lebendigkeit und Stabilität ihrer Schöpfung hohe Preise. E-Träumerinnen, die erotische, sexbezogene Welten schufen, wurden eine Zeitlang den Handlungsträumerinnen vorgezogen, aber in den letzten Jahren war es gerade umgekehrt. Wie lange dieser Trend anhalten mochte, wußte natürlich niemand. Wer also das Glück hatte, eine A-Träumerin anbieten zu können, versuchte sie möglichst schnell und zu einem Höchstpreis an den Mann zu bringen.
    Tamisans unbekanntes Talent war ihre Fähigkeit, sich nie völlig an ihre eigene Schöpfung zu verlieren, wie jene, die sie in ihre Traumwelt führte. Außerdem (dessen war sie sich erst vor kurzem bewußt geworden, und natürlich behielt sie dieses Wissen für sich) konnte sie auch in gewissem Maß die Verbindung kontrollieren und war daher nicht hilflos dazu verdammt, nach den Wünschen eines anderen zu träumen.
    Sie dachte über alles nach, was sie über Lord Starrex wußte. Daß Jabis sie an einen der höchsten Magnaten verkaufen würde, hatte sie von Anfang an nicht bezweifelt. Aber sie war überzeugt, daß viel von dem, was sie als Neuigkeiten über Fremdwelten erfuhren, teils übertrieben, teils lückenhaft und verzerrt oder gar falsch war. Träumerinnen waren von jeglicher Begegnung mit dem normalen, alltäglichen Leben ausgeschlossen. Ihr Talent förderte man fieberhaft durch ausgedehnte Vorführungen von 3-D-Lehrfilmen.
    Im Gegensatz zu den meisten seines Standes hatte Starrex ein äußerst aktives Leben geführt. Er hatte die Kastentradition gebrochen und weite Reisen zu fremden Sternen gemacht. Erst nachdem ein etwas mysteriöser Unfall ihm seine Bewegungsfreiheit geraubt hatte, zog er sich von der Welt zurück, angeblich, um einen verstümmelten Körper zu verbergen. Er war nicht wie die anderen, die sich Träumerinnen aus dem Stock holten. Aber es war ja auch nicht er gewesen, der sie hierherbestellt hatte, sondern Lord Kas.
    Im Komfisessel ausgestreckt, fast ganz unter dieser unbezahlbaren Seide verborgen, war es nicht leicht, sich ein richtiges Bild von ihm zu machen. Aufrechtstehend, nahm Tamisan an, wäre er bestimmt größer als Jabis, und er schien
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