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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann
Autoren: Nebe
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Aufenthaltsraum und Treffpunkt zur Verfügung.
    Außer Heiner sind nur wenige Gäste da. Ein müde aussehendes Ehepaar mit zwei halbstarken Jungs, die unruhig auf ihren Stühlen herumrutschen und lustlos an den letzten Resten des Abendbrots herumnagen. Ein junges, etwas dickliches Pärchen, das schweigsam vor zwei Weingläsern sitzt. Dazu zwei einzelne Herren mit Schlips und Anzug, die alleine an ihren Tischen sitzen. Der eine liest eine Ausgabe der Kieler Nachrichten, der andere, ein hünenhafter, etwas grobschlächtig aussehender Mann mit Dreitagebart und buschigen Koteletten, hat sein Jackett über den Stuhl gehängt und sitzt mit starrer Miene vor seinem Computer.
    Heiner ist etwas enttäuscht. Halbwegs attraktive Frauen scheint es hier nicht zu geben. Nicht, dass er irgendwelche Absichten gehabt hätte. Aber ein bisschen was fürs Auge wäre schon schön gewesen.
    Er grüßt diskret in die Runde. Die anderen nicken ihm nur kurz zurück. Das dicke Mädchen lächelt ihn an. Der Computer-Mann mustert ihn nur mit abschätziger Miene und blickt dann mit einem leisen Lächeln wieder auf seinen beleuchteten Bildschirm.
    Heiner sucht sich einen Tisch direkt am Fenster, von dem er nicht nur gut hinaus aufs Meer schauen kann, sondern auch einen Überblick über das Restaurant hat. Er hasst es, keine Deckung zu haben und nicht zu wissen, was hinter seinem Rücken passiert. Erst jetzt merkt er, dass jeder Tisch mit einem anderen maritimen Gegenstand versehen ist, zum Beispiel ein drapiertes Seil, ein kleiner Anker oder zwei Signalflaggen.
    Auf seinem Tisch befindet sich ein Messingkompass, der tatsächlich funktioniert. Er klopft gegen das Glas und beobachtet, wie der kleine Pfeil sich bewegt. Der Strand ist im Süden, die Küche hinter dem Tresen liegt genau im Norden.
    Frau Schmidt kommt aus der Schwingtür und balanciert ein Tablett mit einem Pils zu einem der beiden Männer, die alleine an einem Tisch sitzen. Anschließend kommt sie zu Heiner.
    »Na, alles in Ordnung mit dem Zimmer?«, erkundigt sie sich freundlich.
    »Ja, alles gut.«
    »Das freut mich. Wollen Sie was zu Essen? Noch ist die Küche offen.«
    Heiner schüttelt den Kopf. »Nein, danke, nur einen Rotwein bitte.«
    Frau Schmidt zeigt auf den Rechner, den Heiner feierlich vor sich auf den Tisch gelegt hat. »Sagen Sie bloß, Sie wollen jetzt noch was schreiben?«
    Heiner zuckt lächelnd mit den Schultern. »Hilft ja nichts. Von alleine wird der Roman nicht fertig.«
    »Na dann, viel Erfolg!«
    Frau Schmidt zwinkert ihm noch mal kurz zu und geht wieder. Heiner sieht ihr nach, wie sie wieder in der Küche verschwindet – und stutzt.
    Am Tresen ist mittlerweile eine junge Frau erschienen. Mit gelangweilter Miene zapft sie mehrere Biere und gießt für die Jungs Fanta in zwei Gläser. Dabei reibt sie sich gedankenverloren mit dem nackten Unterschenkel des einen Beines über das andere.
    Offensichtlich handelt es sich um Frau Schmidts Tochter. Die gleichen blonden Haare und die gleichen hohen Wangenknochen, eine nordische Schönheit wie ihre Mutter, nur jünger. Heiner fragt sich, wie alt sie ist. Bestimmt kaum älter als fünfundzwanzig. Selbst die biedere Kellnerinnen-Uniform kann ihre weiblichen Formen nicht verbergen, und trotz der klobigen Arbeitsschuhe gelingt es ihr, verführerisch durch den Raum zu gleiten. Heiner fragt sich, wie sie wohl in normaler Kleidung aussehen würde. In Jeans vielleicht. Oder in einem leichten Sommerkleid. Für einen Moment sieht er sie wie in Zeitlupe am Strand entlanglaufen.
    Er lächelt versonnen. Vielleicht wird es in diesen zwei Wochen ja doch noch etwas Abwechslung neben seiner Arbeit geben.
    Die Frau versorgt die Familie mit ihren Getränken und kommt dann zu seiner großen Freude auch zu ihm an den Tisch.
    »Ein Rotwein, bitteschön«, sagt sie und schaut ihm dabei für einen kurzen, einen ganz kurzen Augenblick lächelnd in die Augen.
    »Danke«, stottert Heiner und klingt dabei wie ein gemütskranker Frosch.
    Die Frau nickt ihm nachsichtig zu und geht wieder zurück zur Bar.
    Heiner starrt ihr mit großen Augen hinterher, fasziniert von ihrem sanften Hüftschwung. Für einen Moment glaubt er sogar, ihr Parfüm riechen zu können. Ein frischer, süßer Duft wie Frühling, wie ein Versprechen. Er atmet tief durch.
    Da bemerkt er, dass er beobachtet wird. Der unrasierte Tarzan mit dem Powerbook hat seinen begehrlichen Blick bemerkt. Jetzt sieht er Heiner mit einem spöttisch abschätzigen Grinsen an und schüttelt dabei
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