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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen
Autoren: Brenda Novak
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Scheinheiligkeiten erzählen”, sagte Clay. “Und über Leute, die sich nur für sich selbst interessieren. Ich weiß, was solche Typen wie dich und deinen Onkel antreibt. Ihr seid Abschaum, weiter nichts.”
    Joe hob die Hand, als wollte er auf diese Weise die Anschuldigungen abwehren, und trat einige Schritte zurück. “Aber … aber du wirst in den Knast kommen, nicht ich.”
    “Wenn das so ist, hab ich ja nichts zu verlieren, stimmt’s?” Clay hob das Gewehr und zielte.
    Grace spürte, wie der Zorn in ihrem Bruder immer mehr anwuchs. Die Anspannung der letzten achtzehn Jahre hatte ihn verwundbar gemacht. All die Ängste und Verletzungen, die er ertragen hatte, kamen zum Vorschein. Damals hatte er eine Situation bewältigen müssen, für die er viel zu jung gewesen war. Von einem Moment auf den anderen war er in eine schreckliche Sache hineingezogen worden, die er nicht überblicken konnte. Das alles hatte ihn innerlich so sehr erschüttert, dass er nur noch an Rache denken konnte und keinen Gedanken mehr an seine eigene Sicherheit verschwendete.
    Grace hatte das Gefühl, nichts tun zu können, um die Katastrophe zu verhindern, aber sie wusste, sie musste es mit allen Mitteln versuchen. Sie wollte nicht, dass Joe tot am Boden lag, wenn die Polizei kam. Sie wollte nicht, dass ihr Bruder mit der Tatwaffe in der Hand angetroffen wurde. Es war schon schlimm genug, dass sie jetzt bald die Leiche ihres Stiefvaters finden würden.
    “Clay!”, rief sie aus.
    “Halt dich da raus, Grace.”
    Grace sah, wie sich sein Finger am Abzug leicht krümmte, und sprang zu ihm. Aus Angst, es könnte sich ein Schuss lösen, wagte sie nicht, ihn zu berühren. “Clay”, sagte sie mit ruhiger Stimme. “Nimm das Gewehr runter. Tu’s für mich. Du bist kein Mörder.”
    “Da sind die meisten Leute hier aber ganz anderer Ansicht.”
    “Sie kennen dich doch gar nicht”, sagte sie. “Willst du etwa, dass sie doch noch recht bekommen?”
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu, schien aber entschlossen, sich nicht umstimmen zu lassen. Er zielte immer noch auf Joe, als würde er trotzdem schießen, aber dann schienen ihre Worte doch zu ihm durchzudringen. Nach einigen quälend langen Sekunden nahm er das Gewehr herunter und stellte es auf den Boden.
    Grace atmete erleichtert auf. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, aber da hörte sie auch schon die Sirenen der Streifenwagen, die sich langsam näherten.
    Chief McCormick sprang aus dem ersten Wagen, hinter ihm kam ein weiterer Beamter mit einer Taschenlampe in der Hand. “Leg das Gewehr auf den Boden und geh weg davon, Clay”, verlangte er.
    Clay schaute Grace an. Sie fürchtete, er würde es womöglich auf ein Feuergefecht anlegen, um im Kugelhagel umzukommen. Sie hob eine Hand, um ihm zu signalisieren, dass er es nicht tun sollte. Aber Clay verzog das Gesicht zu einem amüsierten Lächeln, legte das Gewehr auf den Boden und trat einige Schritte zurück, genauso, wie McCormick es verlangt hatte.
    Sie wollten graben. Nach all den Jahren der Angst war nun der schreckliche Moment gekommen, wo das Schlimmste, was Grace sich je ausgemalt hatte, wahr wurde. Fassungslos schaute sie zu, wie McCormick, Hendricks und Dormer, unterstützt von Clay, darangingen, den Chevrolet mithilfe eines Traktors von der Stelle zu ziehen. Sie stand da, ohne sich von der Stelle zu bewegen, als sie die Scheinwerfer aufbauten. Wie gelähmt nahm sie zur Kenntnis, dass nun die Schaufel und die Taschenlampe gefunden wurden, die sie unter dem Wagen hatte liegen lassen. Die Polizisten warfen ihr einen wissenden Blick zu, als sie beides beiseite legten. Sie zuckte nicht mal mit der Wimper, als sie sich daranmachten, den Erdboden mit ihren eigenen Schaufeln auszuheben.
    Joe lief hin und her, gab Tipps und Anweisungen und wünschte sich lautstark einen Bagger, damit es schneller ging. McCormick stimmte zu, dass sie einen Bagger benötigen könnten, wenn sie innerhalb der nächsten Stunden nichts fanden. Aber Grace wusste, dass sie schon sehr bald auf das stoßen mussten, was sie suchten. Ihr Stiefvater war nicht sehr tief verscharrt, und dies war zweifellos die richtige Stelle.
    Kennedy war kurz nach der Polizei eingetroffen. Er hielt Grace’ Hand und stand zwischen ihr und Clay, während die Polizisten geschäftig herumliefen. Grace hatte versucht, ihn von sich zu schieben. Sie wollte, dass er wieder ging, um sich um seine Söhne zu kümmern. Er sollte nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden, jetzt, wo das Ende in
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