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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen
Autoren: Brenda Novak
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murmelte Irene. “Ich lasse das nicht zu.”
    Die Blicke zwischen ihr und dem Polizeichef hatten aufgehört. Mit einem Mal schien er sie überhaupt nicht mehr ansehen zu wollen. Stattdessen musterte er Jed aufmerksam: “Wir kennen uns jetzt seit über vierzig Jahren, und ich habe dich noch nie wütend erlebt.”
    “An diesem Abend war ich es.”
    Grace konnte sich gut vorstellen, dass er wütend gewesen war. Wegen ihrer Mutter. Vielleicht hatte er ja das laute Rufen gehört. Vielleicht sogar die Auseinandersetzung beobachtet und gesehen, wie sie die Leiche fortschafften. Bestimmt war es so. Vielleicht hatte er ja sogar geholfen die Spuren zu beseitigen, nachdem sie weggefahren waren. Und so war er dann auch an die Bibel gekommen.
    “Dann müsste also sein Schädel eingeschlagen sein”, stellte McCormick fest.
    “Genau”, stimmte Jed zu.
    “Und was hast du dann mit der Leiche gemacht?”
    “Die liegt doch da”, sagte Jed und deutete auf den freigelegten Knochen neben dem Spaten von Hendricks.
    “Er lügt”, schaltete Joe sich ein. “Er will nur die Montgomerys schützen.”
    “Halt den Mund”, sagte McCormick und ging zu Hendricks, um das Knochenstück aufzuheben.
    Als er es vom Schmutz säuberte, zog sich in Grace’ Magen alles zusammen. Es war tatsächlich ein Schädel, den er da in der Hand hielt. Aber als sie näher trat, um einen Blick darauf zu werfen, bemerkte sie, dass er viel zu lang gezogen war, um von einem Menschen zu stammen. Außerdem waren keine Spuren einer Verletzung zu erkennen.
    Clay verschränkte die Arme. “Herzlichen Glückwunsch, McCormick. Sie haben gerade unseren Wachhund exhumiert. Er ist eines natürlichen Todes gestorben, als ich fünfzehn Jahre alt war, aber sie können ihn gern mitnehmen und von ihren Fachleuten untersuchen lassen, um ganz sicher zu gehen.”
    Joe starrte ihn finster an. Aber McCormick schien regelrecht erleichtert zu sein, als Hendricks den Schädel in einen zweiten Beutel schob und zu dem anderen legte.
    “Ihr müsst weitergraben”, sagte Joe. “Mein Onkel muss hier irgendwo liegen.”
    McCormick sah ihn genervt an. Offenbar hätte er die Sache am liebsten abgebrochen. Grace spürte, wie gern er ihrer Mutter diesen Gefallen getan hätte. Es war wirklich erstaunlich, dass diese beiden Menschen so vertraut miteinander waren.
    Aber so machte das alles auf einmal Sinn: Ihre Mutter traf sich nicht mit Jed, sondern sie hatte eine Affäre mit McCormick!
    Grace sah ihre Mutter erstaunt an, doch sie wich ihrem Blick aus. Das war für Grace endgültig der Beweis. Ihre Mutter hatte ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann. Es war genauso schlimm, wie sie und ihre Geschwister befürchtet hatten. Sie ging mit dem Polizeichef von Stillwater ins Bett!
    Sie wandte sich Kennedy zu und versuchte herauszufinden, was er von alldem mitbekommen hatte. War es nicht ganz offensichtlich? Mussten es nicht längst alle bemerkt haben? Aber offenbar war sie die Einzige, der etwas aufgefallen war.
    “Was ist denn?”, murmelte Kennedy.
    “Nichts.”
    McCormick stützte sich auf seine Schaufel. “Ich glaube, das reicht jetzt.”
    Warum?, fragte sich Grace. Weil es wirklich reichte, oder weil er Irene Montgomery nicht mehr zumuten wollte?
    Grace bemerkte, wie ihre Mutter die Augen schloss und wahrscheinlich ein stilles Gebet zum Himmel schickte. Aber Joe wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. “Einen Moment”, sagte er. “Ihr habt doch einen Durchsuchungsbefehl. Eine solche Gelegenheit dürft ihr euch nicht entgehen lassen. Ihr müsst weitergraben!”
    “Ich muss gar nichts”, sagte McCormick. Aber als Joes Blick zwischen ihm und Irene hin- und herwanderte, gab er doch klein bei. Offenbar hatte er Angst, alles könnte herauskommen. “Meinetwegen”, lenkte er ein, “was soll’s. Jetzt sind wir so weit gekommen, da können wir auch noch eine Weile weitermachen, um ganz sicher zu gehen.” Und wieder vermied er es, Irene anzusehen.
    Sie gruben noch vier Stunden lang, bis ihnen der Schweiß in Strömen übers Gesicht lief. Am späten Vormittag erschienen die übrigen Familienangehörigen von Lee Barker. Sogar Vicki Nibley fühlte sich, offenbar angeregt durch die Vincellis, verpflichtet, den Polizeichef kurz anzurufen, um den Einsatz eines Baggers zu fordern. Der kam dann tatsächlich gegen Mittag und machte sich an die Arbeit. Trotzdem fanden sie nichts. Am Nachmittag packten die Polizisten ihre Sachen zusammen, um sich auf den Heimweg zu machen.
    In diesem
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