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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen
Autoren: Brenda Novak
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Sicht war, und sie wollte nicht, dass er Zeuge des grässlichen Fundes wurde, den die Polizei zweifellos bald machen würde. Sie wollte nur die guten Erinnerungen an ihn behalten – die Momente, als es wunderbar, schön und perfekt gewesen war und nichts ihr Glück hatte trüben können.
    Aber er hörte nicht auf sie. Grimmig dreinblickend hielt er seine verletzte Hand an den Körper gepresst und schaute zu, wie die Polizisten immer tiefer gruben und neben dem Loch einen Erdhaufen aufschichteten. Er sagte nicht viel, schien aber genauso fest entschlossen, sich schützend vor sie zu stellen wie Clay. Und jedes Mal, wenn er Joe einen Blick zuwarf, schien er zutiefst angewidert.
    “Was starrst
du
mich so an?”, fragte Joe schließlich. “Gib ihr lieber mal einen Abschiedskuss. In Zukunft wirst du nicht mehr an sie rankommen, Kumpel.”
    Kennedys Muskeln spannten sich an, und Grace hielt sich noch stärker an ihm fest. Sie wollte nicht, dass er sich wieder auf Joe stürzte. Als Bürgermeisterkandidat konnte er sich das wirklich nicht noch mal leisten. Aber Kennedy blieb ruhig stehen und sagte: “Ich hatte dich für meinen Freund gehalten, Joe. Aber das war wohl ein Irrtum.”
    “Natürlich bin ich dein Freund”, gab Joe zurück. “Ich hab dir das Leben gerettet. Aber das hast du wohl vergessen.”
    “Du hast ein paar ganz gute Eigenschaften. Leider sind es ein paar zu wenig.”
    “Tu doch nicht so, Kennedy! Du hast mich enttäuscht, nicht umgekehrt.” Und an die anderen gewandt fuhr Joe fort: “Seht ihn euch an. Er unterstützt sie noch, obwohl sie mit der Schaufel in der Hand hierhergekommen ist. Und so was will Bürgermeister werden.”
    McCormick warf Joe einen warnenden Blick zu. Seine Privatfehde tat hier nichts zur Sache. “Bis jetzt haben wir noch nichts gefunden.”
    “Das kommt schon noch”, versicherte Joe.
    Der Polizeichef entfernte sich von ihm, um die Arbeiten zu beaufsichtigen. Im gleichen Moment kam Irene Montgomery zu ihnen. Als Grace sie sah, fühlte sie sich noch schlechter. Sie war an allem schuld, was hier passierte. Auch wenn sie wütend gewesen war und Clay und ihre Mutter für die riskante Situation verantwortlich gemacht hatte, wusste sie doch auch, was beide geleistet hatten. Sie hatten achtzehn Jahre die Stellung gehalten, hatten achtzehn Jahre lang in Stillwater ausgeharrt, obwohl sie wussten, dass die Vergangenheit wie ein Damoklesschwert über ihnen schwebte. Und damals hatten sie rasch und beherzt gehandelt. Nach dem Tod von Lee Barker hatten sie alles Nötige getan, um die Familie zusammenzuhalten.
    Wenn nur der Polizeichef endlich Ruhe geben würde!
    Aber der konnte diese Aktion natürlich nicht einfach wieder abblasen. Das würden die Bürger von Stillwater niemals zulassen. Sie alle hatten Lee Barker für einen vorbildlichen Menschen gehalten, und noch immer war das Ansehen des ehemaligen Reverends ungetrübt. Wer weiß, was passierte, wenn sie die Wahrheit erfuhren. Waren sie überhaupt in der Lage, sie zu akzeptieren? Und wenn ja – würden sie dann nicht alle wie Dummköpfe aussehen, die sich von einem abgrundtief schlechten Menschen hatten täuschen lassen? Was wäre mit den Vincellis? Müssten die sich dann nicht schrecklich erniedrigt fühlen?
    “Grace”, sagte ihre Mutter und ging auf sie zu. Sie war aschfahl im Gesicht und schien große Angst vor dem zu haben, was hier geschah. Noch nie in ihrem Leben hatte ihre Mutter so zerbrechlich und alt ausgesehen.
    “Es tut mir leid, Mom”, sagte Grace und umarmte sie. Im gleichen Moment bemerkte sie Jed Fowler bei der Scheune. Sie wollte schon fragen, wer ihn benachrichtigt hatte, aber als er auf sie zukam, sah er Irene auf eine so vertraute Art an, das Grace der Mund offen stehen blieb. Sie hatte ihn noch nie so offen und freundlich gesehen. Sollte Jed etwa der Mann sein, mit dem ihre Mutter ein Verhältnis hatte?
    Aber das
konnte
nicht sein! Nicht Jed. Ihre Mutter war mindestens zehn Jahre jünger und sah viel besser aus als er.
    “Hallo”, begrüßte sie ihn.
    Er nickte nur und schwieg. Interessiert schaute er der Polizei bei ihrer Arbeit zu.
    Grace trat näher zu ihrer Mutter und flüsterte ihr ins Ohr: “Du hättest uns doch ruhig sagen können, dass du dich mit Jed triffst. Das ist doch in Ordnung. Warum machst du denn so ein Geheimnis daraus?
    “
Was?”
Irene folgte Grace’ Blick und schien jetzt ebenfalls erstaunt über seine Anwesenheit. “Mit Jed treffe ich mich wirklich nicht”, flüsterte sie
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