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Seekers 03: Auf dem Rauchberg

Seekers 03: Auf dem Rauchberg

Titel: Seekers 03: Auf dem Rauchberg
Autoren: Erin Hunter
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1. KAPITEL
    Kallik
    Eine sanfte Brise zerzauste Kalliks Fell und trug ihr Düfte von frischem Wasser und fremden Bären zu, während sie hinter Toklo und Ujurak den felsigen Abhang hinaufkletterte. Am Horizont färbte sich der Himmel orangerot, die Nacht ging schon wieder zu Ende, obwohl es ihr vorkam, als hätten sie ihre Wanderung gerade erst angetreten.
    Kallik drehte sich nach ihrem Bruder Taqqiq um. Er trottete in einigem Abstand hinter ihr her, und alle paar Schritte wischte er die kleinen Steine auf dem Weg mit einem ärgerlichen Prankenhieb beiseite. Er war sichtlich nicht begeistert über diese Reise. Kallik fragte sich, was in ihm vorging. Früher hatte sie ihn nur ansehen müssen, um zu wissen, was er dachte, aber das war lange her. Jetzt erschien er ihr manchmal wie ein Fremder.
    Hinter sich, weit unterhalb der Berghöhe, die sie erklommen, sah Kallik das bläuliche Schimmern des Großen Bärensees, in dem sich die aufgehende Sonne spiegelte. Sie konnte mehrere Gestalten ausmachen, die sich am Ufer entlang bewegten. Ständig verließen weitere Bären die Versammlung des Längsten Tages, um nach Hause zurückzukehren, in die Wälder, auf die Berge und zurück zu den großen Eisflächen, die sich von Neuem bilden würden, jetzt, da die Sonne ihre Herrschaft über den Himmel abgab. Es waren so viele Bären, dass Kalliks feine Nase sie bis hier oben riechen konnte – ein Gemisch aus feuchtem Fell und den Ausdünstungen schlammbedeckter Jungtiere. Alle Eisbären, denen sie begegnet war, wollten zurück zum Schmelzenden Meer, wo Kallik und Taqqiq geboren worden waren und wo ihre Mutter Nisa gestorben war. Von ihrem Standort aus war deutlich zu sehen, wie die meisten Bären sich voneinander fernhielten, wie jeder Einzelne mit Bedacht seine eigene Richtung einschlug, damit er allein wandern konnte.
    Anders als Kallik. Sie war jetzt nicht mehr allein.
    Eine kalte Nase stupste sie an, und als Kallik den Kopf wandte, erblickte sie die junge Schwarzbärin neben sich.
    »Komisches Gefühl, all diese Bären einfach so zurückzulassen, nicht wahr?« Lusa sprach mit gedämpfter Stimme, passend zu der frühmorgendlichen Stille, die sie umgab. Im blassen Licht wirkten ihre Augen riesig. »Ich hoffe, dass sie alle heil nach Hause kommen.« Ein Hauch von Wehmut lag in ihrer Stimme, während sie beobachtete, wie all die anderen Schwarzbären in entgegengesetzter Richtung davonmarschierten. Sie schüttelte sich. »Schön, dich bei unserer Reise dabeizuhaben.«
    »Mich und Taqqiq«, fügte Kallik hinzu.
    Lusa drehte sich zu dem anderen großen Eisbären um. Kallik folgte ihrem Blick und sah, dass ihr Bruder mit einer Moosranke kämpfte, die sich um eine seiner Tatzen gewickelt hatte. Wütend schüttelte er das Bein, um das Moos loszuwerden, und grummelte dabei vor sich hin.
    »Ja, dich und Taqqiq«, bestätigte Lusa, aber Kallik bemerkte die nachlassende Begeisterung in der Stimme ihrer Freundin. Sie beschloss, das Thema zu wechseln. Taqqiq würde sich hoffentlich bald wieder wie der Bruder von früher benehmen, wie das fröhliche, verspielte Bärenjunge, das er gewesen war, und dann würden auch die anderen ihn mit freundlicheren Augen sehen.
    »Ist doch nicht zu fassen, dass die Sonne schon wieder aufgeht«, stellte Kallik mit einem Blick auf den Horizont fest. Dann stapfte sie mit Lusa weiter über das kalte, graue Gestein, um zu Toklo und Ujurak aufzuschließen. »Ich dachte, nach dem Längsten Tag würden die Nächte nun länger werden. Wir hatten ja kaum Gelegenheit, dem Wegweiserstern zu folgen.«
    »Oh, wir werden ihn trotzdem noch eine Weile sehen.« Lusa hob die Nase zum Himmel, wo der helle Stern immer noch glitzerte. »Außerdem haben wir ja Ujurak. Er weiß, wo wir lang müssen.«
    Blinzelnd erinnerte Kallik sich an die endlosen Tage, als sie in brütender Hitze zum Großen Bärensee gewandert war, ohne je genau zu wissen, wo sie landen würde. »Es ist schön, jemanden zu haben, dem man einfach folgen kann«, bemerkte sie leise. Als sie aufblickte, sah sie, dass die beiden Braunbären haltgemacht hatten, um aus einem kleinenBach zu trinken. Die aufgehende Sonne verlieh ihrem Fell einen goldenen Schimmer.
    »Aber du hast geschafft, was du dir vorgenommen hattest«, rief Lusa ihr in Erinnerung. »Du hast deinen Bruder gefunden.«
    »Ja, das stimmt«, erwiderte Kallik. Wenn das auch nicht ganz so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt hatte.
    Toklo warf seinen zerzausten Kopf herum und sah ihnen entgegen. Seinem
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